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Aus, aber nicht vorbei

Eine ganz besondere Osterpredigt

Guido Erbrich aus Bautzen erinnert sich an eine besondere Osterpredigt, die er miterlebt hat: das Sterben des Leipziger Propstes Ernst Pfeiffer.

Guido Erbrich Wer das dritte Mal in seine Predigt hineinnieste, wurde gnadenlos vor der versammelten Gemeinde angefahren. Wer bei ihm anklopfte, konnte oft einen unwirschen Spruch hinter der Tür vernehmen. Und Kapläne brachte er im Hochsommer mit der Vorbereitung der Weihnachtsgottesdienste zum frustrierten Schwitzen. Trotzdem nahm das dem langjährigen Leipziger Propst Ernst Pfeiffer niemand so richtig übel. Alle wussten ja, dass er ein Choleriker war - und außerdem ging er nach dem Gottesdienst zu seinen Opfern und bat um Verständnis; war er an der Wohnungstür angekommen, war sein Zorn längst verraucht und mit seinen Kaplänen aß er Eis zwischen "Stille Nacht" und "Transeamus". Trotzdem verpassten sie ihm den Spitznamen "Kugelblitz" - Strafe muss sein.

Ostern war für Prälat Pfeiffer kein Thema des Kirchenjahres sondern seelsorglicher Dauerzustand. Wir sind erlöst, wir dürfen es glauben und können es weitersagen. Wir müssen es sogar, besonders dann, wenn es schwer wird. Diesen Osterglauben bezeugte Ernst Pfeiffer bis in den Tod.

Als er mit fast 90 Jahren ins Krankenhaus sollte, bat er den Arzt: "Sagen Sie mir klipp und klar, wie es um mich steht." Und der Arzt sagte klipp und klar wie schlecht es steht. Daraufhin packte Prälat Pfeiffer seinen Koffer wieder, verabschiedete sich aus dem Krankenhaus und fuhr zurück nach Hause. Es war der Beginn der Karwoche. Nur seine Haushälterin weihte er ein.

In dieser Woche bestellte er viele zu sich, mit denen er noch etwas zu bereden und zu klären hatte. Mit einigen wollte er sich aussprechen, vielleicht auch versöhnen. Am Karfreitag war er damit fertig. Karsamstag, 30 Minuten vor der Feier der Osternacht, schloß er auf dieser Welt die Augen. Bei aller Trauer dachten viele: "Was für ein Finale! Kugelblitz nimmt gleich den Osterfahrstuhl und beginnt sein neues Leben mit einem Auferstehungsgottesdienst."

Selbst die Predigt für sein Requiem hatte er selbst geschrieben - vorsichtshalber, damit niemand auf lobhudelnde Gedanken kommt. Ob er wusste, dass sein Tod schon die Osterpredigt war? Ihr Thema: Vertraut darauf, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Im Tod liegt das Leben.

Den Osterglauben mit allen Fasern bezeugen. Schließlich wäre der Karfreitag völlig in Vergessenheit geraten, wenn nicht auf ihn Ostern folgen würde. Im Fest der Auferstehung Jesu wird dem Tod die Endgültigkeit genommen.

Oft tappen wir in Dunkelheit durch die großen Fragen des Lebens und Sterbens. Nur ab und an erhellt eine Laterne den Weg. Das vertrauende Sterben Ernst Pfeiffers ist so ein Leuchten, das der Hoffnung Nahrung gibt. Vielleicht nicht genug, um zu wissen, aber mehr als genug, um glauben zu können.

Seit Ostern ist das Kreuz mehr als ein Symbol des Todes. Und das hat letztendlich mit dem zu tun, der daran hing und gestorben ist. Als er nach drei Tagen von den Toten auferstand, war nichts mehr wie vorher.

Guido Erbrich, Bautzen

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