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Hier darf man Christen löchern

Alpha-Glaubenskurse sprechen nicht nur den Kopf an - Erfahrungen in Gera-Süd

Gera. In der Pfarrei Maximilian Kolbe am südlichen Stadtrand von Gera ging im November bereits zum vierten Mal ein Alpha-Kurs zu Ende. Nicht nur die "Gäste", die hier mehr über den christlichen Glauben erfahren wollten, fühlen sich bereichert.

Alpha-Kurs in Gera-Lusan: Die Offenheit der Gespräche tut allen Teilnehmern gut.

"Auf diese Gelegenheit habe ich lange gewartet", sagt Dennis Ließke. "Völlig atheistisch" sei er erzogen worden, aber interessiert habe ihn "alles, was irgendwie mit Religion zu tun hat", schon immer. Durch eine einschneidende Erfahrung hat der junge Mann vor einiger Zeit zum Glauben an Gott gefunden. "Aber da sind so viele Fragen geblieben - vor allem die eine: Wie kann man seinen Glauben leben?" Eine Nachbarin machte ihn auf den Alpha-Kurs im katholischen Gemeindehaus Gera-Lusan aufmerksam. "Ein Glücksfall!", erzählt Dennis Ließke am vorletzten der zehn Kursabende. "Wo sonst kann man so unmittelbar an Christen herankommen und sie auch ganz Persönliches fragen?"

"Wie schnell man hier herzlichen Kontakt zu Menschen bekommt", findet auch Ulrike Schell außergewöhnlich. Sie war durch Zufall auf den Alpha-Kurs gestoßen, auf der Suche nach irgendetwas, das ihr aus dem "inneren Loch" helfen könnte, das sich beim Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben plötzlich aufgetan hatte. Der köstliche Kaninchenbraten mit Rotkohl und Klößen, den Ute Knauft für diesen Abend liebevoll zubereitet hat, scheint als "Eisbrecher" für die Gruppe, die gemeinsam um den Tisch sitzt, gar nicht nötig. Die Frauen und Männer unterschiedlichsten Alters gehen vertraut miteinander um, so als kennen sie sich schon sehr lange. Diejenigen, die heute nicht dabei sind, sind trotzdem präsent. Aus den Gesprächen klingt Anteilnahme und Sorge um die Frau, der gesundheitliche Probleme zu schaffen zu machen, die evangelische Christin, die sich ein wenig vor ihrer Gemeinde schämt, wenn sie an einer katholischen Veranstaltung teilnimmt, und um Raimund, der lange ohne festen Wohnsitz gelebt hat und der den Kurs auf seine ganz eigene Art bereichert.

"Was Raimund jetzt wohl dazu gesagt hätte?" Dieser Satz fällt im Laufe des Abends immer wieder. "Er stellt Fragen, auf die ich selbst, Katholikin von klein auf, nie gekommen wäre", sagt Ute Knauft. Obwohl sie eigentlich zur Nachbargemeinde Weida im Bistum Erfurt gehört, macht sie von Beginn an mit im Alpha- Team der Geraer Pfarrei Maximilian Kolbe, gemeinsam mit ihrem Ehemann Martin, Pfarrer Thomas Hajek und Peter Jarzombek, der den Impulsvortrag dieses Abends vorbereitet hat. "Heilt Gott auch heute noch?", heißt sein Thema. Ausgehend von der Auslegung biblischer Heilungsberichte kommt er auch auf eigene Erfahrungen zu sprechen.

"Das gemeinsame Gebet bewirkt viel", ist der Ruheständler überzeugt. Nicht immer wirkte Gott so, wie er selbst sich das vorgestellt habe, letztlich aber immer zum Wohl der Menschen, sagt Peter Jarzombek. Dass Gott auch durch Leid segensreich wirken und seine Liebe offenbaren könne, sei ihm erstmals vor Jahrzehnten aufgefallen, in der Begegnung mit einer gläubigen kranken Frau. "Ich hatte sie trösten wollen, fühlte mich aber selbst beschenkt durch die Freude und Zuversicht, mit der sie ihre Krankheit annahm." Andere in der Runde berichten von ähnlichen Erlebnissen. Pfarrer Hajek steuert eine Kontrasterfahrung bei, spricht über die Schwierigkeit, die die Begegnung mit kranken Menschen oftmals macht, von Hilf- und Sprachlosigkeit in Situationen, in denen er nichts weiter tun kann, als sie einfach auszuhalten und still zu beten. Wer stellt Fragen und wer gibt Antworten? - Getauft zu sein oder nicht, spielt bei der "Rollenverteilung" an diesem Abend nur eine untergeordnete Rolle. "Die Gespräche hier öffnen die Blickrichtung, sie helfen mir, als Christ meinen eigenen Standpunkt in der Welt zu finden", sagt Martin Knauft, der zum Abschluss für all die kranken Angehörigen und Bekannten betet, die zuvor im Gespräch erwähnt wurden. "Das hat wieder einmal gut getan", sagt Ulrike Schell anschließend. Sie weiß noch nicht, welche Folgen der Alpha-Kurs für sie haben wird, will das Ganze "erst einmal sacken lassen". Sie ist evangelisch, wenn auch bisher ohne Gemeindeanbindung.

Auch Dennis Ließke will "nichts überstürzen", ist sich aber bereits sicher, dass er "dranbleiben will" am christlichen Glauben. Einer der Kursteilnehmer hat ihm die Bibel geschenkt, als Hörbuch, weil er so ungern liest. Bei der Arbeit hat er seither häufig die Bibel im Ohr. "Vielleicht wäre jetzt ein Bibelkreis das Richtige für mich", überlegt er, bevor er einen Gesprächstermin mit Pfarrer Hajek ausmacht. Manche der bisherigen Kurs-Teilnehmer - bei Alpha werden sie "Gäste" genannt - seien wiedergekommen, hätten ein zweites Mal mitgemacht, berichtet Thomas Hajek. Aus dem letzten Kurs sei ein Hauskreis hervorgegangen. Sechs Frauen und Männer treffen sich regelmäßig, um einander auf dem Glaubensweg zu unterstützen und sich über religiöse und andere Fragen auszutauschen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Getauft habe er noch keinen der bisherigen "Gäste", räumt der Pfarrer ein.

Dennoch hat er keinen Zweifel: Die Kurse sind fruchtbringend für die Gemeinde. Alle Beteiligten wachsen daran gemeinsam. Wünschen würde er sich, dass noch mehr Mitglieder der eigenen Gemeinde den Kurs nutzen, um ihren Glauben fundierter kennenzulernen. www.alpha-kurs-gera.de

Von Dorothee Wanzek

Hintergrund

Alpha-Kurse


Der Alpha-Kurs wurde in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der anglikanischen Kirche erfunden, um Menschen einen Zugang zum christlichen Glauben zu vermitteln. Seither wurde er weiterentwickelt und in verschiedenen Kirchen aufgegriffen. Der Alpha- Kurs kombiniert Grundinformation über das Christentum mit einer Kultur gelebter Gastfreundschaft. Er besteht aus einer Reihe von zehn Abenden und einem gemeinsamen Wochenende. Die Abende beginnen mit einer gemeinsamen Mahlzeit, gefolgt von einem Vortrag, bei dem grundlegende Fragen über Gott, die Bibel, Gebet und vieles mehr behandelt werden. Nach dem Vortrag besteht Gelegenheit, in Kleingruppen über das Thema des Vortrages zu sprechen. Geleitet wird der Kurs von einem Team erfahrener Christen, die sich mit ihren persönlichen Glaubenserfahrungen einbringen. Deutschlandweit werden spezielle Schulungskurse angeboten, die auf diesen Dienst vorbereiten.

Im Bistum Dresden-Meißen haben Alpha-Kurse bisher in Chemnitz, St. Antonius, in Dresden, St. Petrus und in Gera, St. Maximilian Kolbe stattgefunden. Eine Hinführung zum Alpha-Kurs mit vielen praktischen Hinweisen bietet Leo Tanners Buch "Grundlagen für katholische Christen zum Alpha-Kurs"; WeG-Verlag; ISBN 3-909085-21-0; Preis 12,90 Euro; zu beziehen über ddmedien.com

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