Kirche hat Zukunft - aber in neuen Formen
Podiumsdiskussion im Heiligenstädter Marcel-Callo-Haus
Heiligenstadt. Die Zukunft der Kirche stand im Mittelpunkt zweier Abende, zu denen das Eichsfeldforum im Dezember in das Heiligenstädter Marcel- Callo-Haus eingeladen hatte. Der zweite Abend fand im Rahmen einer Podiumsdiskussion statt.
Oftmals scheine bei den Christen das Evangelium "nicht mehr anzukommen", hatte Dr. Hubertus Schönemann, Leiter der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (KAMP) in Erfurt, eine seit Januar 2010 tätige Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz, die Diskussion eröffnet. Seine Erfahrungen bestätigen das nicht nur für den Osten Deutschlands. Verschwunden sei die Religion nicht, so wie es vor einem Jahrzehnt Psychologen vorausgesagt hatten, mit der Begründung, wenn alles in der Welt erklärt sei, brauche es keine Religion mehr. "Die Religion als Grundbedürfnis ist da", weiß Dr. Schönemann. Er weiß aber auch, dass Kirche häufig nur noch als Auftankstation betrachtet wird; Gemeinden arbeiten "sehr stark milieuverengt". Etwas despektierlich formuliert heiße das, Kirche werde als Vereins- oder Familientreff betrachtet. Für die Zukunft nannte er das Zerbrechen alter Strukturen und in Folge neue Formen, als "Biotope des Glaubens, vom Kindergarten bis zur Akademie". Wenn Menschen unterwegs seien im Glauben, entstehe ein neues Miteinander von Laien und Priestern, wobei Seelsorge keine Einbahnstraße dergestalt sei, dass "ein Priester Kirche macht für seine Schäfchen".
Über die Initiative "Generation Benedikt" berichtete Hannah Hummel aus Göttingen. "Wir sind kein privater Fanclub für Papst Benedikt, wir sind ein weltweites Mediennetzwerk, hervorgegangen aus einer Initiative des Weltjugendtages 2005 in Köln", erläuterte sie. Die Medien sieht sie nicht als Gefahr für die Kirche, sondern im Gegenteil als Chance, die christliche Botschaft neu zu verbreiten.
Dr. Rüdiger von Stengel aus Bonn fand vor fünf Jahren gemeinsam mit Frau und drei Kindern den Weg zum katholischen Glauben. Die Schilderungen der Arbeit seiner heimatlichen Großgemeinde klingen ideal: Der Pfarrer gründete in der 9000-Seelen-Gemeinde eine Bürgerstiftung für zwei Kindergärten, eine Jugendreferentenstelle und eine Stelle für eine Hospizschwester. Darüber hinaus enthält eine Ehrenamtskartei über 1000 Namen, abrufbar nach Fähigkeiten: "Vom Brötchenschmieren über Textschreiben bis zum Organisieren". Ein Modell, wie es vielerorts existieren könnte, vorausgesetzt, die Menschen würden mitgenommen.
Von Stengel gehört als Geschäftsführer zu den Begründern des seit 2009 tätigen Vereins "f1rstlife", der Internet Community für wertorientierte Jugendliche, die sich für das weltweite Netz auf die Fahnen geschrieben hat: "Triff die Richtigen!" Dahinter steht die Absicht, jungen Leuten, die offen sind für den Glauben, in Verbindung stehen mit Kirchen und Verbänden, eine virtuelle Begegnungsmöglichkeit zu bieten. Dabei weiß er ebenso wie Matthias Lochner, einem seiner Mitstreiter, der ebenfalls nach Heiligenstadt gekommen war: Die Internetplattform, professionell moderiert, soll mit ihren politischen, kirchlichen, sozialen Themen den Austausch in einem Netzwerk fördern, aber nicht die persönliche Begegnung ersetzen.
Wenn 2011 die "Aufbauarbeiten" für die Internetseite im deutschsprachigen Raum beendet sind, soll es zunächst ein "f1rstlife"-Projekt im Raum Köln geben. Dr. von Stengel und Matthias Lochner richten heute schon ihren Blick auf ein zukünftiges zweites Projekt in der Region Eichsfeld, mit Dario Pizzano als Ansprechpartner.
Von Christiine Bose