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Anstoß

Auch "große" Wünsche dürfen sein

Schwester Susanne Schneider

Viele Menschen in unserer Gesellschaft sprechen von "Sachzwängen", denen man folgen muss. So kam ich kürzlich mit einem Studenten der Wirtschaftswissenschaften ins Gespräch und dabei stellte sich heraus, dass ihn das ganze Studium nicht im geringsten interessierte. Als ich erstaunt nachfragte, weshalb er dieses Fach gewählt habe, erklärte er mir, seine Eltern hätten es ihm nahegelegt, weil es einen sicheren Arbeitsplatz garantiere. Inzwischen hatte sich die Arbeitsplatzgarantie in Luft aufgelöst und der arme Kerl tat mir leid: Er wirkte etwas unreif, abhängig von Autoritäten und unglücklich.

Sich von einer Sache "zwingen" zu lassen, hat zwei Seiten: Einerseits ist es sinnvoll, sich der Realität dieser Welt zu stellen und andererseits darf man auch "verrückte" Wünsche haben.

Im Fall einer Studienwahl ist es sicherlich angebracht, auf den Arbeitsmarkt zu schauen und genau zu erwägen, welche Chancen und Risiken ein Studium birgt. Doch auch andere Faktoren müssen berücksichtigt werden, nicht zuletzt die Frage, ob Person und Studienfach zueinander "passen". Im Idealfall ist es ja so, dass man gerne studiert und darin dann Freude und Erfüllung findet.

Dieser Zwiespalt wird bei den Ignatianischen Exerzitien pointiert durchgearbeitet:

Zunächst lässt Ignatius denjenigen, der Exerzitien macht, begehren, wünschen und sich aufmalen, was dessen tiefste Sehnsucht ist. Ignatius geht dabei davon aus, dass man nur dann gute Entscheidungen treffen kann, wenn man aus einer inneren Sicherheit und Gewissheit heraus weiß, was man wirklich will.

Doch ist diese Frage geklärt, lässt Ignatius darum beten, dass Gottes Wille geschehen möge. Das kann bedeuten, dass Gott einen anderen Plan hat und somit die gemachten Pläne durchkreuzt. Der die Exerzitien macht, soll dies im Gebet ganz bewusst geschehen lassen, weil er glaubt und vertraut, dass Gott die bessere "Übersicht" hat.

Ob wir und wie stark wir uns von Sachzwängen bestimmen lassen, hängt von vielen Faktoren ab: von der Prägung in der Kindheit, von bisherigen Erfahrungen, vom Charakter und vom Sicherheitsbedürfnis. Die einen passen sich vorschnell an, die anderen wollen mit dem Kopf durch Wand und tun sich dabei weh.

In vielen Fällen dürfen wir auf unserer innere Stimme vertrauen. Das, was sich in unserem Inneren findet, ist von Gott hineingelegt. Deshalb lohnt es sich, das Innere - auch wenn es auf den ersten Blick etwas "verrückt" erscheint - sorgfältig wahrzunehmen und dann gut zu prüfen.

Schwester Susanne Schneider,
Missionarinnen Christi, Kontaktstelle Orientierung Leipzig

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