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Anstoß

Vom heiligen Schein - Die Freiheit des Christen

Pater Bernhard Kohl

Vor einiger Zeit erschien ein mittlerweile viel zitiertes Buch des Theologen David Berger mit dem Titel "Der heilige Schein". Was das Buch für die Medien so spektakulär machte, war die Tatsache, dass der Autor David Berger über Jahre hinweg eine Art intellektuelle Speerspitze extrem konservativer katholischer Kreise bildete und sich in seinem Buch nun offen zu seiner Homosexualität und seiner Lebenspartnerschaft mit einem Mann bekennt.

Natürlich wird man das Buch nach der Lektüre teilweise als eine Art Abrechnung David Bergers mit seinem alten Lebensumfeld, dem erwähnten konservativistischen Milieu verstehen können. Auf der anderen Seite nehme ich ihm aber auch seine Aussage ab, dass er in seinem Leben einen Wandel vollzogen hat und nicht mehr länger ein Doppelleben führen konnte und wollte. Ein Leben in der Spannung zwischen der Liebe zu einem anderen Menschen und der dauernden Angst vor dem "Entdeckt-Werden".

Und diese beschriebene Spannung ist es auch, die das Buch Bergers für mich lesenswert macht: Er zeigt sehr detailliert auf, wie diese Spannung in seinem ehemaligen Umfeld künstlich aufrecht erhalten wird, um Menschen erpressbar zu machen. Auf der einen Seite, so Berger, wurde seine Homosexualität durchaus toleriert. Solange er den Erwartungen entsprach, solange er so schrieb, redete und handelte, wie man es von ihm erwartete, hatte er nichts zu befürchten. Probleme bekam er erst von dem Moment an, als sein Leben und Denken sich von den Vorstellungen seiner "Mäzene" entfernte. In diesem Moment zeigte sich der Mechanismus, in dem er sich bewegt hatte von seiner negativen Seite: Seine vorher tolerierte Homosexualität wurde nun offen gegen ihn verwandt. Man drohte ihm damit, alles öffentlich zu machen, wenn er nicht wieder auf seinen "rechtgläubigen" Kurs zurückkehre.

Ich glaube, dass David Berger hier einen Mechanismus schildert, der nicht nur psychisch ungesund ist, sondern dem christlichen Glauben, der Lehre Jesu zutiefst widerspricht: Menschen werden von anderen Menschen in eine moralische Abhängigkeit geführt, die sie erpressbar und somit vollkommen unfrei macht. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was wir in der Heiligen Schrift zu lesen bekommen. Jesus weist uns ganz deutlich darauf hin, dass wir Menschen allein Gott gehören, allein Gott zu Gehorsam verpflichtet sind, oder wie es bei Paulus heißt: "Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von Neuem das Joch der Knechtschaft auflegen!" (Gal 5,1)

Pater Bernhard Kohl, Dominikanerkloster St. Albert, Leipzig

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