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Anstoß

An das Leben keine Messlatte mehr anlegen

Marko Dutzschke

Waren die Sternsinger schon bei ihnen? Wenn nicht, werden sie sicher bald kommen. Die Tage um das Fest der Heiligen Drei Könige gehören den Kindern mit ihren Sammelbüchsen. Sicher werden in diesem Jahr neue Sammelrekorde aufgestellt, mit denen die Kinder Maßstäbe setzen. Maßstäbe, die zur Messlatte für den Erfolg der nächsten Aktion werden.

Bei der Vorbereitung unserer Sternsingeraktion haben wir mit den Kindern über den Sinn und das Ziel beim Sternsingen gesprochen. Ich denke, es lässt sich einfach zusammenfassen in den drei kleinen Verben: singen, segnen und sammeln. Eigentlich kann man sich das leicht merken. Aber nur eigentlich, denn Jahr für Jahr habe ich den Eindruck, ein Wort prägt sich besser ein als alle anderen. Sammeln! Für viele Sternsinger ist die volle Büchse mit Abstand das Wichtigste. Ob es ein erfolgreicher Tag war, hängt ganz davon ab, ob die Kasse schwer oder, noch besser, mit vielen leichten Scheinen gefüllt ist. Was eingekommen ist, wird mit dem Ergebnis vergangener Jahre oder anderer Gruppen verglichen und ausgewertet.

Woher stammt dieser maßlose Ehrgeiz? Kann es sein, dass die Kinder einfach nur nachahmen, was sie aus der Welt der Erwachsenen kennen? Eine Welt, in der es laufend darum geht, noch mehr zu machen und noch mehr zu schaffen. Eine Welt, in der die Kurve immerfort nach oben klettern muss und Erfolge von heute zum Maßstab für morgen werden. Vielleicht wecken wir in den Kindern aber auch nur eine Leidenschaft, die von Anfang an in uns Menschen darauf wartet, angesprochen zu werden.

Das Motto der Sternsinger lautet in diesem Jahr "Kinder finden neue Wege." Kinder machen etwas anders, so deute ich mir diese Losung. Am Beginn des neuen Jahres nehmen sich viele Menschen vor, etwas ganz anders zu machen. Aber wie sich die Sternsinger treiben lassen von Maßstäben aus vergangenen Jahren, so lassen sich viele Menschen von Maßstäben treiben, denen sie entsprechen wollen. Die größte Veränderung bestünde darin, auf Maßstäbe zu verzichten, denen wir nachlaufen müssen.

Im Matthäusevangelium sagt Jesus den Menschen: Nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden (Matthäus 7,2). Ich möchte nicht nach einem Maßstab von außen beurteilt werden. Doch dafür muss ich selbst beginnen, auf Maßstäbe zu verzichten. So verstehe ich die Stelle aus dem Evangelium, in der Jesus einen Vers zuvor sagt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Wie wir auf das Richten verzichten sollen, so auch auf das Maßnehmen. Das wäre dann wirklich etwas ganz anderes, wenn wir an unser Leben keine Messlatte mehr anlegen.

Kaplan Marko Dutzschke, Cottbus

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