Lasst uns nicht allein!
Der Film "Seelenvögel" soll bei der Gründung des Kinderhospizdienstes in Görlitz helfen
Görlitz. Der Christliche Hospizdienst Oberlausitz macht die Wichtigkeit der Sterbebegleitung der Kinder- und Jugendhospizarbeit mit dem Film von Thomas Riedelsheimer "Seelenvögel" deutlich. Im März beginnen Ausbildungskurse für Ehrenamtliche.
Der wichtigste Moment ist immer der Augenblick. Das gilt vor allem für die 15-jährige Pauline, den zehnjährigen Richard und den sechsjährigen Lenni, die an Leukämie erkrankt sind. Sie sind die Hauptpersonen in dem Film "Seelenvögel", dessen Fertigstellung zwei von ihnen nicht erlebt haben. An Zukunft denken sie nur in kurzen Fristen, von Chemo zu Chemo.
Lea, Rebekka, Friederike, Maria und Anna sind Mitglieder des katholischen Kinder- und Jugendchores Görlitz. Sie sind gesund und können ihre Zukunft planen. Im Saal des "Gleis 1" des Bahnhofs Görlitz singen sie unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Thomas Seyda, um auf schwer kranke Kinder und Jugendliche, wie Pauline, Richard und Lenni, aufmerksam zu machen.
Dieses Anliegen aus einer anderen Sicht sehen
Der Christlicher Hospizdienst stellte unlängst zusammen mit diesem eindrucksvollen Film den neuen Bereich der Sterbebegleitung von Kindern und Jugendlichen innerhalb der Hospizarbeit vor. Über 100 Menschen sind zu dieser Veranstaltung gekommen, unter ihnen Martina Weber, die Sozialdezernentin des Landkreises Görlitz. "Ich bin schon eine Mitstreiterin dieses Projektes", bekennt sie und fügt hinzu: "Nach dem Film wird man diese Arbeit, dieses Anliegen aus einer ganz anderen Sicht sehen. Wir müssen es weitererzählen und gemeinsam aufbauen."
Diese ganz andere Sicht, die wird im Film vermittelt durch: Pauline, die Fünfzehnjährige, die Schauspielerin werden will. Und die Gedichte schreibt, wie das von der Lotusblüte, in dem sie ihr Leben und ihr Leiden verarbeitet. Eine Strophe darin lautet: "Liebe und Weisheit tragen wir im Herzen, doch gehen wir durch Leiden, doch schrieben wir durch Schmerzen. Blühend zeigt sie uns die Liebe, die uns umgibt, die uns Glück und Vertrauen aus dem Dunkeln siebt." Pauline stellt Fragen, über die nachzudenken Gleichaltrige keine Zeit verwenden, verschwenden würden. "Was ist das Leben? Gehört das Leben und der Tod zusammen? Oder hört das Leben nach dem Tod auf, oder was ist überhaupt Tod? Ist das einfach wieder der Anfang von einem neuen Leben? Wenn man an ein neues Leben glaubt, was soll der Tod dann noch sein?" Dieser Tod aber ist immer mit dabei, bei jeder Chemotherapie, bei jedem Krankenhausaufenthalt, auch beim Spielen auf dem Sportplatz ist er mit dabei.
Ehrenamtliche werden gesucht und geschult
Szenenwechsel: Ein Krankenzimmer, vollgestopft mit Monitoren, Kabeln, Schläuchen. Krankenschwestern sind mit der Bedienung dieser komplizierten Medizintechnik beschäftigt. In der Mitte, wie auf einer einsamen Insel, sitzt Richard auf seinem Bett. Er telefoniert mit seiner Mutter, die ihm gerade mitteilt, dass sie heute nicht kommen kann, denn der Weg ist weit nach Hause. Dem Zehnjährigen laufen die Tränen über die Wangen, wie einigen der Zuschauer in "Gleis 1". Richard, der Fußballer, hätte jetzt gern einen Menschen, der mit ihm Schach spielt. Aber Richard ist und fühlt sich allein.
"Verlass mich nicht, wenn ich schwach werde", dies ist das Motto des Kinder- und Jugendhospizdienstes Oberlausitz. Dieser sucht engagierte Menschen, die in der Betreuung und Begleitung, bis hin zur Sterbebegleitung von schwer- und schwerstkranken Kindern und Jugendlichen aktiv werden wollen. Kindern, wie Richard und Lenni. "Die ehrenamtlichen Helfer entlasten die Familien ab dem Zeitpunkt, an dem die Diagnose gestellt ist. Hilfe bei den Einkäufen, Kümmern um die Geschwisterkinder, Begleitung zu Sportveranstaltungen oder zur Musikschule, die Erledigungen von Einkäufen sind beispielsweise die Betätigungsfelder für die Helfer", sagt Felicitas Baensch, Koordinatorin des Christlichen Hospizdienstes Görlitz. Sie erzieht fünf Kinder und weiß, was in einer Familie für Arbeiten vor und hinter den Kulissen bis spät in die Nacht zu erledigen sind, ohne dass eines ihrer Kinder schwer krank ist. Ihr ist es ein besonderes Anliegen, dass sich Menschen finden, die nach einer fundierten Ausbildung Familien helfen, in denen ein Kind oder Jugendlicher eine ,lebensverkürzende Erkrankung‘ hat. Dabei geht es nicht nur um Sterbende".
Seele, so was wie lauter bunte Kristalle
Der Schwerpunkt des Kurses liegt auf der persönlichen Auseinandersetzung mit Sterben und Tod, Krankheit und Verlust sowie der Hinführung zu einem Einfühlen in die Situation schwerstkranker Kinder und Jugendlicher und ihrer Familien. Die eigenen Erfahrungen werden reflektiert und ergänzt durch folgende Kursinhalte: Eigene Motivation abklären, Möglichkeiten und Grenzen in der Beziehung zu Kranken und Sterbenden wahrnehmen und entwickeln, sensibler werden für eigenes und fremdes Erleben und Verhalten, eigene und fremde Glaubenserfahrungen überdenken. Die Teilnehmer lernen Gespräche zu führen, Grundlagen einer helfenden Gesprächsführung im Familiensystem, sprachliche und nicht-sprachliche Ausdrucksformen und erhalten Informationen über Prozesse bei kranken Kindern und Jugendlichen sowie ihren Angehörigen. Sie lernen, mit Schmerz, Verlust und Trauer besser umzugehen. Glaubensfragen und seelsorgliche Begleitung stehen ebenso auf dem Schulungsprogramm wie rechtliche Fragen, Schweigepflicht und einfache pflegerische Hilfen. Diese Tätigkeit, das sichert Felicitas Baensch den Interesserten aus eigenem Erleben zu, wird das Leben der Helfer bereichern.
Pauline denkt in einer Szene über den Sinn des Lebens und die Seele nach. "Seele, so was, wie lauter bunte Kristalle zusammen und mit jeder neuen Erfahrung, die man macht, kommt vielleicht ein kleiner bunter Kristall dazu. Die Sachen, die mir das Leben schwer machen, die können vielleicht dazu beitragen, dass man wieden einen Kristall zu seinem großen dazu bekommt."
Von Raphael Schmidt
Info
Anmeldung bis 28. Februar: Christlicher Hospizdienst Görlitz, Mühlweg 3, 02826 Görlitz, Telefon 0 35 81/48 00 34, E-Mail hospizdienst-goerlitz@web.de Der Kurs gliedert sich in drei Teile: Grundkurs (etwa 30 Stunden), Praktikum (40 Stunden) und Vertiefungskurs (etwa 30 Stunden). Kursleitung: Felicitas Baensch (Diplom-Sozialpädagogin) Der Film von Thomas Riedelsheimer "Seelenvögel" ist Schulungsmaterial (91 Minuten, FSK 6). Der Film ist auch als DVD für etwa 17,99 Euro erhältlich.