Ein Denkmal für den Geist der Friedlichen Revolution
Jugendwerkstatt berät über Standort und Botschaft eines Erinnerungsortes in Leipzig
Leipzig. Seit Jahren wird in Leipzig über den Standort und die Botschaft eines Denkmals in Erinnerung der Friedlichen Proteste des Herbstes 1989 gestritten. Eine Jugendwerkstatt im Auftrag der Stadt hat sich nun für ein zukunftsgerichtetes Denkmal auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz ausgesprochen.
Es soll ein Denkmal sein für den Mut der Demonstranten, ihre Zivilcourage und ihr gewaltfreies Aktiv-Werden, fassten die Jugendlichen die Ergebnisse ihrer dreitägigen Werkstatt zusammen. Die Proteste im Herbst 1989 seien begleitet worden von einem Gefühl des Glücks bis hin zur "Ekstase", meinten die 20 jungen Menschen über die Botschaft des Denkmals.
Dabei haben sie selbst die Ereignisse als Nachwende-Geborene nicht erlebt und auch kaum von den Eltern persönliche Schilderungen gehört. Das Gefühl für den Umbruch und die Friedliche Revolution vermittelten ihnen besonders die sechs Akteure jener Zeit, mit denen die internationale Jugendgruppe ins Gespräch kam.
"Die Zeitzeugen waren super spannend", sagte die 17-jährige Miriam Tonn, nachdem Frank Richter abschließend über die Proteste in Dresden gesprochen hatte. Richter war damals Kaplan der Dresdner Hofkirche und Mitbegründer der "Gruppe der 20", die mit dem Oberbürgermeister die politischen Forderungen verhandelte. Der ehemalige katholische Pfarrer erzählte den jungen Leuten, wie 1989 mit zunehmenden Protesten die Angst vor dem Staat allmählich einem freudigen, einem Glücksgefühl wich.
"Es war eine innere Selbstbefreiung", beschrieb Christoph Wonneberger diese Veränderung. "Die Leute haben Selbstbestimmung erfahren", sagte der ehemalige Pfarrer der Volkmarsdorfer Lukaskirche, der bis Oktober 1989 die Montagsgebete in der Nikolaikirche koordiniert hatte. Dieser innere Prozess, dieser Geist der "gewaltfreien Revolution", den auch Richter lebendig halten möchte, "ist nicht in eine starre Form zu gießen", sagte Wonneberger in Bezug auf das geplante Denkmal. "Es müsste beweglich sein." Über die Form und Gestaltung des Freiheits- und Einheitsdenkmals sollen sich ab Juni die Künstler Gedanken machen, nachdem im März ein öffentliches Bürgerforum stattgefunden und schließlich der Stadtrat bis Juni einen Beschluss dazu verabschiedet haben wird. Der "unaufgeräumte, ungestaltete, leere" Leuschner-Platz, wie Florian Mausbach ihn beschreibt, scheint als Standort jedenfalls nun favorisiert. Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung war Mitglied einer Expertenrunde, die die Ergebnisse der Jugendwerkstatt anschließend diskutierte und differenzierte. Mausbach sieht diesen Platz direkt am Innenstadtring im Sinne der zukunftgerichteten Forderung der Jugendlichen. Das künftige Denkmal wäre dann unmittelbar gegenüber der entstehenden Propsteikirche. "Dass überhaupt die Kirchen ihren Platz wieder bekommen, ist ein Ergebnis dieser friedlichen Revolution", betonte der Architekt.
Von Uwe Naumann