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Fluch oder Segen?

Die Haltung der evangelischen und katholischen Kirche zum Braunkohletagebau ist uneinheitlich

Görlitz. Ist die Kohle ein Fluch oder Segen für die Lausitz? Die Kohle spaltet auch die Christen in Schöpfungsbewahrer und Kämpfer für Arbeitsplätze.
"Gott hat die Lausitz geschaffen, aber der Teufel hat die Kohle darunter versteckt", heißt ein gern zitiertes Sprichwort in der Lausitz. Und dieses Sprichwort wird von Gegnern wie Befürwortern der Kohleförderung gerne zitiert. Die Kohlegegner sehen die Kohle als Last, deren Abbau Heimat und Natur zerstört, die Befürworter freuen sich, dass sie die Kohle herausholen können und viele Menschen Arbeit in Tagebauen und Kraftwerken haben.

Arbeitsplätze sind das "Totschlag- Argument" der Befürworter. In einer Region, die sich bei den Arbeitsmarktstatistiken seit 20 Jahren immer nur am unteren Ende wiederfindet, sind Arbeitsplätze gewichtig.

"Das ist das Problem des Energiebezirkes Cottbus", sagt Prälat Hubertus Zomack. Der Generalvikar des Bistums Görlitz war selbst jahrzehntelang Seelsorger in der Braunkohleregion und ist ein Befürworter des Braunkohleabbaus. "Hier hat sich eine Mono-Kultur entwickelt", beschreibt er die Konzentration der Region auf den Bereich Energiewirtschaft. Zomack sieht auch die Probleme, die mit der Abbagerung der Landschaft einhergehen: Heimatverlust, der Verlust von Kulturlandschaft und der Verlust von Natur. Aber Zomack betont vor allem die positiven Seiten: "Die Renaturierung ist doch heute eine ganz andere als zu DDR-Zeiten", schwärmt er vom neu entstandenen Seenland.

Auch Wolfgang Kresak, Pfarrer von Wittichenau, kennt sich aus mit der Kohle. Kresak sitzt als Vertreter der Kirchen in der Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbandes Oberlausitz-Niederschlesien. "Bis 2040 reicht die Kohle. Dann ist Schluss", berichtet der 52-Jährige von der letzten Sitzung. Demnach sollen anschließend die Tagebau-Restlöcher geflutet und die Umgebung rekultiviert werden. Bis 2080 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Planungsphase ist so lang wie ein durchschnittliches Menschenleben! Wie dann der Energiehunger der Deutschen gestillt werden soll, weiß noch keiner. Und nach dem erklärten Ausstieg aus der Kernenergie wird eine Lösung des Problems nicht einfacher.

Der Umweltausschuss des Kirchenparlaments der Synode der Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz hingegen fordert gerade in diesen Tagen in einem Antrag an die Synode den Verzicht auf neue Tagebau-Aufschlüsse, die Abbaggerung weiterer Dörfer und der Errichtung weiterer Braunkohlekraftwerke. Durch die bereits erschlossenen Tagebaue in der Lausitz stehe Braunkohle noch für mehrere Jahrzehnte zur Verfügung: Ein sozialverträglicher Ausstieg aus der Braunkohleverstromung ohne Arbeitsplatzverluste sei deshalb sichergestellt. Das Festhalten der brandenburgischen Landesregierung am Braunkohle- Kurs behindere jedoch neue Arbeitsplätze.

Der Klimawandel dulde keine neuen Braunkohlekraftwerke, schreiben die evangelischen Kirchendelegierten. Die Braunkohleverstromung schädige durch den hohen Kohlendioxid-Ausstoß auch Menschen in anderen Teilen der Erde.

Berechtigt und überlegt scheinen beide Positionen. Der Widerspruch zwischen Ideal und Realität wird in der Lausitz offenbar und bleibt auf absehbare Zeit wohl unüberbrückbar.

Von Markus Kremser

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