Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Zauberwort Medienkompetenz?

Vierter Thüringentag "Medien und Ethik" suchte nach Auswegen aus dem Mediendschungel

Erfurt. "Medienkompetenz - Ausweg aus dem Mediendschungel?" Mit dieser Frage setzte sich der vierte Thüringentag "Medien und Ethik" kritisch auseinander.
Spielkonsole und Handy, Computer, Internet und viele neue Fernsehsender - die Medienlandschaft hat sich rasant gewandelt. Immer dann, wenn negative Seiten dieser Entwicklung - Gewalt-Computerspiele nach einem Amoklauf beispielsweise - Schlagzeilen machen, wird der Ruf nach Medienkompetenz besonders laut. Auch ansonsten werde dieser Begriff inflationär verwendet, meinten die Veranstalter des vierten Thüringentages "Medien und Ethik". Mithilfe dieses Begriffes schieben Politik und Gesellschaft, Schule und Familie sich gegenseitig die Verantwortung zu, wenn es darum geht, Heranwachsenden zum verantwortlichen Umgang mit Medien zu erziehen.


Medienerziehung ist keine isolierte Frage

Für den Erfurter Erziehungswissenschaftler Burkhard Fuhs darf die Mediennutzung junger Menschen nicht isoliert betrachtet werden. Für Kinder sei eine Verzahnung ihrer Freizeitaktivitäten selbstverständlich. "Wenn ein Mädchen sich für Pferde interessiert, geht es reiten, liest die Pferdezeitschrift Wendy und beschäftigt sich mit diesem Thema im Internet. Ähnlich ist es bei Fußball spielenden Jungen." Hier zeige sich, dass junge Leute die Nutzung von Medien in ihren Alltag einbeziehen. Für den richtigen Umgang mit Medien spielten deshalb die Werte und Orientierungen der gesamten Lebensführung eine Rolle. Medienerziehung müsse in die Hilfen eingebunden sein, die Erwachsene den Heranwachsenden dafür geben.

Trotz der problematischen Seiten etwa des Internets (gefährliche Inhalte, Werbung, Umgang mit persönlichen Informationen) sollten Medien nicht als Risiko betrachtet werden, sondern als etwas, was selbstverständlich zum Alltag gehöre, forderte Fuhs. Dem Medienverhalten der Eltern komme eine Vorbildfunktion zu. "Wenn Eltern nach der Arbeit ihre Freizeit vor dem Fernseher verbringen, warum sollten Kinder dann im Freien statt am Computer spielen?" Den Heranwachsenden müsse für ihre Mediennutzung ein Rahmen festgelegt werden, in dem ihnen dann Verantwortung übertagen werde. "Dabei haben Kinder auch ein Recht auf zeitweises, aber gefahrloses Scheitern", unterstrich Fuhs. Wer mit Medien kompetent umgehen kann, könne den Mediendschungel für sich übersichtlich machen. Aber: "Wer alle geforderten Kompetenzen hat, hat damit noch keine einzige Lebensaufgabe bewältigt."

Der Münchner Jesuitenpater und Pädagoge Rüdiger Funiok wies auf vier Gruppen hin, die in der Medienerziehung Mitverantwortung tragen: Lehrer, Eltern, Staat / Gesellschaft und der Einzelne. In der Schule stehe die Medienbildung im Vordergrund. Jugendliche bringen durch ihren Umgang mit Medien schon eine Kompetenz mit, an die es anzuknüpfen gelte. Lehrer sollten mit ihren Schülern über diesen Umgang kritisch nachdenken, beispielsweise bei der Überlegung, welche persönlichen Informationen man von sich im Internet preisgibt, oder sie an einen kritischen Umgang mit Werbung heranführen.


Eltern sollten Freiräume respektieren

Eltern komme die Aufgabe zu, ihre Kinder in der Mediengesellschaft zu erziehen und zu begleiten. Dabei rät Funiok ihnen zu respektieren, dass junge Menschen auch beim Umgang mit Medien einen Freiraum brauchen. Allerdings sollten Eltern Interesse zeigen und sich etwa durch gelegentliches Mitspielen Einblicke verschaffen. Aufgabe der Eltern sei es auch, die finanziellen Seite der Mediennutzung zu thematisieren und beispielsweise zu begründen, warum man sich nicht jedes neue PC-Spiel oder jeden Handy-Klingelton leisten kann.

Gesellschaft und Staat sind für Funiok für die Medienordnung zuständig. Hier gehe es um gesetzliche Schutzvorschriften, aber auch um positive Anreize, etwa in Form von Preisen für gute Internetseiten oder PC-Spiele. Letztlich trage auch jeder Einzelne für seine Mediennutzung Verantwortung. Funiok sprach in diesem Zusammenhang von teilweisem Medienverzicht. Die eigenen Medienbedürfnisse müssten durch Auswahl und auch durch "Zeiten der Stille" kultiviert werden.

Der Thüringentag "Medien und Ethik" wurde veranstaltet von der Katholisch-Theologischen und der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt, von der Theologischen Fakultät der Universität Jena und dem Deutschen Journalistenverband Thüringen.

Von Matthias Holluba