Der Teufel führt nur in Versuchung
Das Böse tut der Mensch / Neutestamentler Klaus Berger im Dresdner Kathedralforum
Dresden (mh). Das Kathedralforum Dresden hat dem Bösen eine Vortragsreihe gewidmet. Über "Der Teufel und das Böse - Die Antwort der Bibel" sprach jetzt der Heidelberger Theologe Klaus Berger.
Galt der Teufel in der christlichen Theologie vor wenigen Jahrzehnten als eine Metapher, die einem überholten Weltbild angehört, erlebt er heute eine Renaissance. Das äußert sich für den Heidelberger Neutestamentler Klaus Berger beispielsweise im Zusammenhang mit der Hochkonjunktur der Engel und im besonders unter jungen Leuten verbreiteten Phänomen des Satanismus. "Der Teufel ist eine interessante Figur des Christentums. Da kommen viele Heilige nicht mit." Berger plädiert dafür, die Gestalt des Teufels ernst zu nehmen: "Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als wir ahnen können."
Wer oder was aber ist der Teufel aus biblischer Sicht? Antworten auf diese Frage lieferte Berger bei seinem Vortrag in Dresden. Dabei forderte er eine gründliche Unterscheidung zwischen dem Teufel und dem Bösen. "Es ist nicht der Teufel, der das Böse tut, sondern wir Menschen tun das Böse. Der Teufel ist der Versucher", fasst Berger die biblischen Aussagen zusammen. Deshalb sei die im Deutschen übliche Übersetzung der Vaterunser-Bitte irreführend, wenn es dort heißt: Und führe uns nicht in Versuchung. "Das klingt, als sei es ein Hobby Gottes, den Menschen zu versuchen." Die passendere, auch der Sprache Jesu entsprechendere Übersetzung laute: Und lass uns nicht in Versuchung geführt werden - und zwar durch den Teufel, denn: "Das Böse entsteht durch Kooperation des Menschen mit dem Teufel."
In der Bibel - beispielsweise in der Hiobs-Geschichte oder der Erzählung von der Versuchung Jesu in der Wüste - hat der Teufel die Funktion, zwischen Echtem und Unechtem zu scheiden und den Glauben der Neubekehrten zu prüfen. Wie echt ist der Glaube Hiobs? Wie ernst ist es Jesus mit seiner Mission? Nicht immer gehen diese Versuchungen für den Menschen positiv aus.
Als biblisches Beispiel für eine Person, bei der der Teufel erfolgreich war, nennt Berger Judas. Mit Blick auf den Kreis der Apostel sagt Jesus selbst über ihn: "Einer von euch ist der Teufel." Nach Bergers Interpretation stieß der Teufel mit seiner Versuchung bei Judas auf offene Ohren: "Wie wäre es, wenn ich mein Volk von der Gefahr befreie, dass die Römer einmarschieren?" Denn diese Gefahr beschwor Jesus mit seinem Verhalten herauf. Deshalb - so meinte Judas - sollten die jüdischen Autoritäten ihm ins Gewissen reden. Als diese dann Jesus aber den Römern übergaben, erhängte sich Judas, denn das hatte er nicht beabsichtigt.
Judas ist für Berger ein Beispiel für einen Menschen, in dem der Teufel wohnt, der dann mit der Stimme des Menschen redet und mit seiner Substanz handelt. "Wenn Satan in mir wohnt, ist das wie psychischer Krebs. Von Krebs aber kann man geheilt werden", sagt Berger und sieht hier den Ort für den in der katholischen Kirche praktizierten Exorzismus. Im Falle der Besessenheit sei die Seele des Menschen mit dem Teufel verklebt. Diese Verbindung lasse sich nur durch das Ausgießen des Heiligen Geistes wieder trennen. Die Kirche rede vom Teufel nicht, um dem Menschen Angst zu machen, sondern weil man ihn besiegen kann. "Der Teufel flieht vor dem Kruzifix, weil Gott selbst sich durch seinen Sohn vor die Menschen stellt. Darauf dürfen wir vertrauen."