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Anstoß

Wenig geringer als Gott - und doch voller Ohnmacht

Angela Degenhardt

Noch immer sitzt die Betroffenheit über das Erdbeben in Japan mit seinen Folgen vielen Menschen tief in den Knochen. In allen Bereichen wird diskutiert, kommentiert, abgewogen, welche Konsequenzen die Menschheit daraus ziehen sollte. Ich möchte zu einer Besinnung einladen und auf einige Berührungspunkte zu unserem Lebens- uns Glaubensalltag schauen, die auch im Blick auf die österliche Bußzeit für uns eine Rolle spielen können.

Bei allem Leid, von dem das japanische Volk betroffen ist, schauen wir Europäer staunend auf die Gelassenheit, mit der die Japaner der Katastrophe begegnen. Neben der Haltung, dass man sich bei Gefühlsäußerungen um Zurückhaltung bemüht, um andere nicht mit eigenen Emotionen zu belasten, spielt die "Tugend des Loslassenkönnens" (Japanisch: akirame no yosa) dabei ein Rolle. Diese Tugend beinhaltet die Einsicht, dass der Mensch nicht alles in seinem Leben beeinflussen kann und dass es in manchen Bereichen nötig ist, sich mit dem, was ist, abzufinden und sich zugleich darauf zu konzentrieren, das Beste aus den Gegebenheiten zu machen. Sich diese Tugend anzueignen, ist ein Zeichen von Erwachsensein. Mich erinnert diese Haltung an das Gebet um Gelassenheit: hinnehmen, was ich nicht ändern kann, mutig tun, was mir möglich ist und das eine vom anderen unterscheiden - eine Haltung, die wir als Antwort auf die Katastrophe in Japan, in der Fastenzeit wieder bewusster einüben können.

Harte Diskussionen gibt es nun erneut über eine verantwortbare Energiegewinnung, da die Atomkraft letztlich nicht beherrschbar, aber im Blick auf den Klimaschutz dennoch schwer zu entbehren ist. Es zeigt sich, dass es viel mehr kostet, als vielen bisher bewusst war, umweltverträglich Strom zu erzeugen. Das kann Anstoß sein, unseren Energieverbrauch unter die Lupe zu nehmen, ob wir alle Möglichkeiten nutzen, mit unserem Verhalten die von Gott geschenkte Schöpfung zu schonen - angefangen bei Energiesparhilfen bis zum Wechsel des Stromanbieters. Aber auch die eigene Einstellung zu dem, was wir für "technisch machbar" und vertretbar halten, zu überdenken und auch im Gebet vor Gott zu bringen, ist ein Anfrage an jeden. Und: Welchen Anspruch an die ständige, möglichst sofortige Verfügbarkeit aller möglichen Waren und Dienstleistungen haben wir - als Gesellschaft und Einzelne? Die Fastenzeit lädt ein, auch hier sensibler zu werden.

Die Natur- und Atom-Katastrophe mit ihren menschengemachten wie den der menschlichen Machbarkeit völlig entzogenen Anteilen, kann uns Mahnung zur Umkehr sein: im eigenen Umgang mit den Ressourcen der Erde, in der Hilfe für die Opfer und nicht zuletzt in der Hinwendung zu ihm, der allein alles in der Hand hat.

Angela Degenhardt, Gemeindereferentin in Sangerhausen

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