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Anstoß

Jerusalem, du heilige Stadt

Marko Dutzschke

Am Beginn der Karwoche feiern wir den Einzug Jesu in Jerusalem. Wir begleiten den Herrn in die Heilige Stadt. Aber es wird nicht lange dauern, da geht Jesus in den Tempel und stößt die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um. Er wirft ihnen vor, aus dem Tempel eine Räuberhöhle gemacht zu haben (Johannes 2,13- 22). Das Haus seines Vaters soll ein Haus des Gebetes sein.

Wie würde Jesus heute in Jerusalem einziehen? Würde er sich an die Klagemauer stellen, um mit den Juden um den verlorenen Tempel zu weinen? Würde er die Grabeskirche besuchen, um mit den Christen zu beten? Oder würde er in den Felsendom gehen, um mit den Muslimen den Stammvater Abraham zu ehren. Vielleicht würde er sich nach einem Rundgang durch die Stadt wieder eine Geißel aus Stricken machen und die Menschen aus der Stadt hinaustreiben, weil sie aus dem Haus seines Vaters eine Räuberhöhle machen. Seit Jahrhunderten kommt die Heilige Stadt nicht zur Ruhe; seit Jahrhunderten streiten Juden, Christen und Muslime um Jerusalem. Was müssen Menschen denken, die mit dem Glauben nichts zu tun haben?

Unter Aufsicht des umstrittenen US-amerikanischen Pastors Terry Jones wurde vor wenigen Wochen in Florida ein Koran öffentlich verbrannt. Als Reaktion darauf wurden Hunderte von Bibeln durch Behörden der iranischen Regierung verbrannt. Solche Entgleisungen machen es schwer, Menschen für den Glauben zu gewinnen. Religion gilt vielen als ein Übel und eine Quelle der Intoleranz. Im Namen der Religion wurden Menschen versklavt, gefoltert, verbrannt und Kriege geführt.

Wären wir ohne Religion also besser dran? Es lohnt sich, die so genannten dunklen Kapitel der Kirchengeschichte genau unter die Lupe zu nehmen. Oft wird man feststellen, dass der Glaube nur ein Werkzeug in den Händen der Mächtigen war. Das kann nie und nimmer eine Entschuldigung sein. Leider lassen sich Menschen aller Religionen immer wieder zum Werkzeug für das Böse machen. Doch ich bin überzeugt, ohne die Religion würden die Mächtigen andere Masken finden.

In den Kinos ist gerade "Der letzte Tempelritter" mit Nicolas Cage zu sehen. Der Film ist nicht besonders originell. Er zeigt aber deutlich, wie Religion Werkzeug sein kann. Doch er zeigt auch das Andere. Er zeigt einen Kampf zwischen Gut und Böse. Religion will für das Gute eintreten, die Wahrheit tun. Dazu braucht sie nur in Hollywoodfilmen magisches Weihwasser und biblische Zauberformeln, um hässliche Dämonen in Flammen aufgehen zu lassen. Der Kampf um das Gute ist in Wirklichkeit ein Kampf um die Würde des Menschen. Dafür zieht Jesus in Jerusalem ein, und er zieht weiter bis auf den Berg Golgota.

Kaplan Marko Dutzschke, Cottbus

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