Mitarbeiter gestalten Gebetszeit
Mittagsgebet der Erfurter Caritas in der Fastenzeit mit besonderem Akzent
Erfurt. Sehr persönlich geht es derzeit zu beim täglichen Mittagsgebet im Haus des Caritas-Diözesanverbandes für das Bistums Erfurt. In der Fastenzeit sind alle Mitarbeiter eingeladen, die Gebetszeit im Wechsel selbst zu gestalten.
Täglich um zwölf Uhr treffen sich die 37 Mitarbeiter im großen Konferenzraum zum "Engel des Herrn" oder, wie in der kommenden österlichen Zeit, zum "Freu dich, du Himmelskönigin". Doch in dieser Fastenzeit ist alles anders. Gerald Wessig, Personalsachbearbeiter der Caritas: "Die Mitarbeiter sind eingeladen, sich selbst an der Gestaltung der Gebetszeit zu beteiligen. Wir begleiten Christus auf dem Weg in die Passion, durch sie hindurch. Wir erwarten und wissen, dass er uns mit seiner österlichen Freude erfüllen wird."
Schwerpunkte des Gebetes sind die liturgischen Tagesgebete, die Lesungen, das Evangelium und die Fürbitten und eben, der persönliche Impuls. Zur Hilfe nehmen viele dabei unter anderem den Fastenkalender des Würzburger Priesters Paul Weismantel.
Mit dabei ist Carmen Plachta. Sie betont, dass durch die Anregungen und Impulse, die vorgebenen Texte ganz neu wahrgenommen werden, dass sich die Sicht ändert. "Wir hören alle, was dem anderen wichtig ist. Schön finde ich auch, dass wir täglich immer auch eine andere Stimme hören." Und Birgit Reichelt meint: "Die von uns gestaltete Gebetszeit ist für mich eine gute Möglichkeit, auf Gedanken und Dinge zu stoßen, die ich sonst oft nicht so sehe."
Was aber unbedingt dazu gehört, ist der Mut, sich selbst seinen Kollegen gegenüber zu öffnen. Besondere Worte fand beispielsweise Heike Trefflich, die ihre Gedanken in einem eigenen Gedicht zum Ausdruck brachte. Darin heißt es unter anderem: "Herr wir danken für jeden Tag, den wir in Frieden leben / doch wissen wir, dass es Menschen gibt, denen dies nicht gegeben. / Schenke den Menschen Kraft, die schlimmen Zeiten zu überstehen / und den Mächtigen das Verständnis, die Sinnlosigkeit des Krieges einzusehen." Heike Trefflich sprach in ihren Worten all das an, was Menschen in diesen Tagen bewegt. Von der Bitte um Kraft für die Menschen, Hilfe auch anzunehmen, bis hin zum Umgang mit der Schöpfung.
Sorgen, die auch Carmen Plachta bewegen. Neben dem Erdbeben und der Reaktorkatastrophe in Japan, der Gewalt und dem Bürgerkrieg in Libyen richtete sie ihren Blick auf die Christen, die "sich in diesen Tagen der Fastenzeit um einen Neuanfang mühen." Und weiter heißt es in ihren Fürbitten: "Für die Verstorbenen, die uns lieb und teuer waren, und für jene, für die niemand betet." Im vorangegangenen Impuls, der von Carmen Plachta ausgewählt wurde, heißt es: "Und wieder so ein Tag, mit seinem grauen langen Gesicht - Und ich mit der Sonne im Herzen. / Und wieder so ein Morgen mit seinem gewöhnlichen Werktagskleid - Und ich mit einem Lied auf den Lippen. / Und wieder so ein Abend mit seinen ausgetretenen Schuhen - Und ich mit einem Blick zum Himmel. / Und wieder so eine Nacht mit ihrem Schlaf - Und ich mit einem Traum, in dem du leise zu mir sprichst. / Und wieder so ein Tag, wie es schon so viele gab - Und ich dazu bereit, ihn guten Willens zu gestalten." Carmen Plachta sagt dazu: "Oft kommt es nur auf die Perspektive an, wie ich die Dinge des Alltags betrachte."
Die Caritasmitarbeiterin schätzt die Möglichkeiten des gemeinsamen Gebetes. "Ich finde es einfach sehr schön, die Chance zu nutzen mal eine ruhige Minute zu finden, gerade in der heutigen schnellen und lauten Zeit." Und nicht zuletzt ist die Gebetszeit - jetzt in der Fastenzeit, aber auch sonst im Jahr - eine gute Gelegenheit, den anderen Kollegen wenigstens einmal am Tag zu treffen, ihn wahrzunehmen, miteinander zu sprechen. Was nicht zuletzt das Team stärkt, wie Carmen Plachta betont.
Eine Einschätzung, die auch Birgit Reichelt, Heike Trefflich und Gerald Wessig teilen. Gerald Wessig sagt: "Unser Anspruch ist es, eine christlich geprägte Hausund Dienstgemeinschaft zu sein." Und Birgit Reichelt fügt hinzu: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es auch in christlichen Häuser keine Selbstverständlichkeit mehr ist, miteinander zu beten. Die Leute ermutigen mich dann immer, es unbedingt beizubehalten."
Von Holger Jakobi