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Die Passion Christi im Figurentheater gezeigt

Bauer, Mechaniker, Künstler und Dramaturg: "Ostern im Jägerhof" zeigt neben Osterbräuchen Arbeiten des sächsischen Multitalents Elias Augst

Dresden. "Ostern im Jägerhof" heißt es derzeit wieder im Museum für Sächsische Volkskunst in Dresden. Schwerpunkt der Ausstellung ist in diesem Jahr "Das Leiden Christi" von Elias Augst aus Steinigtwolmsdorf, einem Bauern, der ein Universalgenie war.

Die Dresdnerin Ruth Clauß zeigt Direktor Igor Jenzen ihre Klöppelarbeiten. Auch in dieser Saison von

"Das Leiden Christi" im Museum für Sächsische Volkskunst in Dresden ist ein einzigartiges mechanisches Figurentheater mit fünf Stationen aus der Zeit um 1830. Ein Jahr lang wurden alle vorhandenen Szenen, Mechaniken und Figuren aus den Tiefen der Depots des Museums hervorgeholt, identifi ziert, gesäubert und konserviert. Erstmals komplett präsentiert wurde die Passion dann zur Wiedereröffnung des Museums im Advent 2010. Direktor Igor Jenzen sagte damals: Die Passion ist unsere Sixtinische Madonna.

Schausteller reisten durch Städte und Dörfer

Damit beschreibt er den Wert, den das Werk für die volkskundliche Sammlung hat. Unbekannt blieb damals Herkunft und Schöpfer der Passion. Angenommen wurde, dass es sich um einen Schausteller handelte, der mit dem mechanischen Ensemble durch die Städte und Dörfer reiste, so wie es im 19. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts viele gab. Doch diese Vermutung bewahrheitete sich so nicht.

Pünktlich vor der Karwoche informierte der Chefkonservator des Museums Bernd Herrde über seine Forschungen, die den Schöpfer der Passion vom Vergessen befreite. Bernd Herrde traf auf einen Mann, dessen Talent einzigartig war: Den Bauern Elias Augst (1775 bis 1849) aus Steinigtwolmsdorf, einem kleinen sächsischen Dorf mit kargem Boden an der Grenze zu Böhmen. "In Archiven habe ich alle erhaltenen regionalen Zeitungen der damaligen Zeit durchgesehen und nach Anzeigen gesucht, die auf unsere Passion verweisen", berichtet der Chefkonservator. Und so wurde er fündig. Elias Augst zeigte des Leiden Christi auf seinem Hof in Steinigtwolmsdorf. Herumgereist, so wie angenommen, ist er damit aber nicht.

"Elias Augst war ein wahrer Tausendsassa"

In Steinigtwolmsdorf traf Bernd Herrde unter anderem mit dem heute im Ruhestand lebenden Pfarrer zusammentraf, der in Sachen Elias Augst weiterhelfen konnte. Glücklicherweise ist er im Gedächtnis des Dorfes bis jetzt erhalten geblieben. So fand sich in der Kirche ein Gemälde von der Hand Augsts. Es zeigt die biblische Geschichte von Josef und seinen Brüdern. In Dresden ist es derzeit als Leihgabe zu sehen.

Die Verhaftung Jesu im Garten Gethsemane ist eine der fünf Stationen, mit denen Elias Augst das Leiden Jesu darstellte. Sein intaktes Figurentheater gilt als einmalig in der Volkskunst.


Bernd Herrde betont: "Elias Augst war ein wahrer Tausendsassa." Neben der Passion fanden sich im Depot des Jägerhofs weitere Arbeiten von Augst, die sein Interesse an fi gürlichen Darstellungen, an der Dramaturgie und dem Aufarbeiten verschiedener Stoffe zeigt. Ein Beispiel ist das Haus des Hiob, das Elias Augst so konstruierte, dass es zusammenbrechen kann. Ein anderes einst mechanisches Spiel ist ein Anwesen mit einem Hühnerhof, in dessen Innerem ein opulentes Festmahl stattfi ndet. Direktor Igor Jenzen: "Wir wissen noch nicht, ob es sich dabei um die Hochzeit zu Kana handelt oder um die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Beides ist möglich." Einen weiteren sensationellen Fund, das Planetarium von Elias Augst, machte Bernd Herrde im Stadtmuseum Bautzen, das den Nachlass einst übernommen hatte. Augst hatte das Planetarium im Jahr 1829 zur Sächsischen Gewerbeausstellung nach Dresden geschickt und dort einen Preis erhalten. Herrde: "Die Ausstellungsleute und der König wussten, dass es nicht die perfekte Kunst ist. Aber darum ging es ihnen nicht. Mit der Ausstellung wollten sie die schöpferischen Kräfte des Landes ermutigen und fördern. Und Elias Augst, der sich sein Wissen selbst angeeignet hatte, setzte sie in Erstaunen." Bernd Herrde sieht in Elias Augst einen zu Unrecht vergessenen Künstler, der bei seinen Zeitgenossen "größte Verwunderung, Staunen und Hochachtung hervorrief." Und da er auch Flugversuche unternahm, bekam Augst den Beinamen: "Der Ikarus von Steinigtwolmsdorf."

Info: "Ostern im Jägerhof" - Köpckestraße in Dresden - bis 1. Mai, geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr. Vortrag mit Bernd Herrde am Karfreitag um 15 Uhr.

Von Holger Jakobi

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