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Eine Schule für alle

St. Florian-Stiftung Neuzelle: Behinderte und Nichbehinderte sollen künftig gemeinsam lernen

Neuzelle (as). Lange haben sie gewartet. Jetzt scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, an dem die Mitarbeiter der St. Florian-Stiftung in Neuzelle ihren Plan, eine "Schule für alle" zu errichten, umsetzen können. Dabei ist er nur Teil eines großen gesellschaftlichen Vorhabens.

In der Förderschule der St. Florian-Stiftung in Neuzelle: Bald sollen Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen können.

Dörte Fiedler ist sichtlich erleichtert, obwohl es noch keine Gewissheit gibt. Aber "ein angenehmes Gespräch" mit der brandenburgischen Bildungsministerin Martina Münch (SPD) habe gezeigt, dass sich die St. Florian- Stiftung in Neuzelle berechtigte Hoffnung auf eine "Schule für alle" in Trägerschaft des Diözesancaritasverbandes Görlitz machen kann. Fast zwei Jahre hat es seit der Antragsstellung gedauert, bis es soweit war. "Vorher gab es zwar keine Absagen, aber auch keine Zusagen", so Dörte Fiedler, die das Projekt koordiniert. Wenn alles gut geht, wollen die Pädagogen mit der ersten Klasse am 15. August starten.

Dabei ist die neue Einrichtung im Landkreis Oder-Spree nur ein Teil eines großen gesellschaftlichen Vorhabens - das der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Sie werden immer noch in Förderschulen unterrichtet. Die UN-Behindertenrechtskonvention, die im Jahr 2009 auch von Deutschland ratifiziert wurde, will das aber anders. Kinder mit Behinderungen sollen von Anfang an dabei sein. Sie haben ein Recht auf Bildung wie andere Kinder auch. Behinderte und nicht behinderte Mädchen und Jungen sollen miteinander aufwachsen, sich gegenseitig wahrnehmen und akzeptieren lernen. Das erfordert Fantasie und andere Ansätze in der Pädagogik, wie die promovierte Rehabilitationspädagogin Dörte Fiedler unumwunden zugibt. Das Modell der Schule für alle sei die Zukunft, wenn die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gelingen soll.

Dörte Fiedler erläutert, wie es funktioniert. Bei der Schule in Neuzelle handelt es sich um eine Grundschule mit 60 bis 75 Prozent Schülern ohne Behinderung. Die anderen Schüler sind vielleicht Kinder mit geistigen, körperlichen oder Lernbehinderungen. Hinzu kann auch ein Kind mit Autismus oder Verhaltensauffälligkeiten kommen. "Die Schüler bekommen keinen Frontalunterricht mit reiner Wissensvermittlung, wie wir es vielleicht aus unserer Schulzeit kennen", erklärt Dörte Fiedler. Vielmehr tasten sich die Mädchen und Jungen im "Anschauungsunterricht" an den Lernstoff heran. "Für jedes Kind wird ein individueller Lernplan erstellt." So werden nicht behinderte und behinderte Kinder gleichermaßen gefördert. Begleitet werden sie von mehreren Pädagogen wie einer Grundschullehrerin, einer Sonder- oder Sozialpädagogin oder einer Erzieherin. "Die Erfahrungen zeigen, dass die Schüler, die nach der Grundschule die weiterführenden Schulen besuchen, stärkere soziale Kompetenzen ausgebildet haben als die anderen", weiß Dörte Fiedler.

Ein Hauptziel des Projektes in Neuzelle ist es aber, dass auch für die Schüler mit einem größeren Förderungsbedarf nach der Grundschule nicht Schluss ist und sie die höheren Klassen besuchen können. "Die größte Herausforderung dabei ist, dass wir Partner finden, das heißt Schulen, die sich darauf einlassen und entsprechende Konzepte entwickeln."

Viele Eltern in der Region haben diesen "Lernprozess" schon hinter sich und wollen ihre Kinder in der Schule für alle bei der Caritas unterrichten lassen - auch dank einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit der St. Florian-Stiftung. Dadurch konnten viele Vorurteile abgebaut werden. Dörte Fiedler freut sich darüber, dass sich die Eltern engagieren und die Entwicklung der Schule mitgestalten wollen. "Ohne ihre Hilfe funktioniert es nicht." Dass es für die Kinder mit einer Behinderung dabei auch Grenzen gibt, wissen die Pädagogen in Neuzelle. "Wir können die Behinderungen nicht wegfördern." Aber die Betroffenen haben größere Chancen im Leben.

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