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Beim Blumengießen aufpassen, dass Oma nicht nass wird?

Mit Kindern über die Endlichkeit des Lebens sprechen - Einstimmung auf die Religiöse Kinderwoche

"R. i. P. - Raupe im Paradies" heißt das Thema der diesjährigen Religiösen Kinderwoche (RKW) . Für Regina Schulze aus dem Dresdner Vorbereitungsteam zählen Gespräche mit Kindern über den Tod und über das, was danach kommt, zu den intensivsten Stunden ihrer Arbeit als Katechetin.

Rituale wie das Anzünden einer Kerze sind nicht nur für Kinder hilfreich, wenn sie den Abschied von einem geliebten Menschen oder andere schwere Situationen bewältigen müssen.

Kinder gehen unbefangen mit dem Thema Tod um, und sie haben jede Menge zu erzählen, wenn Fragen zur Sprache kommen, die bei Erwachsenen mitunter betretenes Schweigen auslösen.

Der Gedanke an verstorbene Angehörige und Verwandte beflügelt ihre Fantasie. Die Freitalerin Regina Schulze berichtet von einem Jungen, dem man vergessen hatte, Urnenbegräbnisse zu erklären: "Blöd, dass Oma jetzt die ganze Zeit stehen muss!", bedauerte er beim Anblick ihres Grabes. Einem anderen machte die Grabpflege Kopfzerbrechen: "Müssen wir beim Blumengießen aufpassen, dass die Oma nicht nass wird?", wollte er wissen. Der Wissensdurst auf diesem Gebiet scheint unerschöpflich, und häufig knüpfen sich an das Erleben der Vergänglichkeit des Lebens auch religiöse Fragen.

Als Katechetin und als Mutter von sechs Kindern hat Regina Schulze sich oft gewünscht, mehr Zeit für solche Gespräche zu haben. Manchmal ergeben sie sich beinahe beiläufig aus der Situation heraus, manchmal werden sie aber auch durch Geschichten oder Filme angeregt. Vorletzten Sonntag beispielsweise traf Regina Schulze ein Kind, das gerade den Evangelientext über die Erweckung des Lazarus gehört hatte. Nun wollte es über sein Meerschweinchen sprechen, das nur drei Wochen bei ihm gelebt hatte. Da für ein weiterführendes Gespräch gerade keine Zeit war, konnte sie ihm nur kurz ihr Mitgefühl signalisieren: "Da hattest du ja nicht einmal Gelegenheit, es richtig kennenzulernen!"

Kinder spüren deutlich, ob sie bei erwachsenen Gesprächspartnern mit ihren Fragen auf offene Ohren treffen oder ob die sich den Gedanken an die Endlichkeit des Lebens lieber vom Hals halten möchten. Manchmal übernehmen schon kleinere Kinder das Verhalten, das sie bei ihren Eltern erleben und beginnen, dem Thema auszuweichen, hat Regina Schulze beobachtet. Bei Pubertierenden werde es generell schwieriger, über Sterben und Tod zu sprechen. Ob sie sich abschotten wollen oder das ablehnende Verhalten Erwachsener übernommen haben, sei da oft kaum zu unterscheiden.

Für Kinder aller Altersgruppen kann es hilfreich sein, Geschichten erzählt oder vorgelesen zu bekommen, glaubt die Kinderseelsorgerin. Sie lernen dabei, sich in andere Menschen und ihre Lebenssituationen einzufühlen und üben ein, das Wahrgenommene mit eigenen Erfahrungen abzugleichen. Auch im diesjährigen RKW-Material nehmen Geschichten deshalb breiten Raum ein. Um Abschied von Vertrautem und Liebgewonnem geht es zum Beispiel in der Geschichte von einem kleinen Elefanten, dessen Freund wegzieht. In einem Anspiel hören die RKW-Teilnehmer am dritten Tag von Onkel Leo, der eine Todesnachricht erhält. Dabei soll den Kindern nahegebracht werden, dass Gott auch in dunklen Lebensabschnitten ein Wegbegleiter ist. Die wichtigste Erkenntnis, die Regina Schulze den Kindern der diesjährigen Kinderwoche vermitteln möchte, sieht sie im Lied "Alles im Leben hat seine Zeit" zusammengefasst. "Wir sind in Gottes Hand. Er verlässt uns nicht", heißt es dort unter anderem.

Wie wertvoll Rituale für Kinder gerade in Trauer- und Abschiedssituationen sein können, hat Regina Schulze in ihrer Berufspraxis immer wieder erlebt. In einer Religionsklasse haben die Mädchen und Jungen beispielsweise Schmetterlinge ausgeschnitten und Wünsche für den verstorbenen Opa eines Mitschülers darauf geschrieben. Zu Allerseelen ist die Katechetin häufig mit Kindergruppen auf den Friedhof gegangen, um Lichter zu den Gräbern zu bringen. Gern zeigen die Kinder dabei den anderen, wo ihre Verwandten und Bekannten liegen. Vielen tue es gut, ihre Gefühle beim Malen auszudrücken, erzählt sie.

Kreatives Gestalten und Rituale werden auch in der RKW Platz haben. Das Symbol der Raupe, die sich nach ihrer Verpuppung in einen bunten Schmetterling verwandelt, soll die ganze Woche durchziehen, als Hoffnungsbild, auf das die Kinder - so die Hoffnung des RKW-Vorbereitungsteams - zurückgreifen können, wenn es in ihrem Leben einmal ernst wird.

Von Dorothee Wanzek



Drei Fragen an...

Regina Schulze, Dresdner Referentin für Kinderseelsorge

Dresden. Regina Schulze hat mit einem Team von Seelsorgern aus dem Bistum Dresden- Meißen das Material für die diesjährige Religiöse Kinderwoche (RKW) erarbeitet. Sie leitet im Bistum das Referat für Kinderseelsorge.

An die Sommerferien knüpfen sich Erwartungen unbeschwerter Fröhlichkeit. Wie wollen Sie Familien dafür gewinnen, ihre Kinder eine Sommerferienwoche lang solch traurigen Themen wie Sterben und Tod auszusetzen?

Es geht ja bei der Religiösen Kinderwoche eigentlich um das Leben, nicht vorrangig um den Tod. Das Leben gilt es wertzuschätzen und zu schützen. Unser Leben hier ist aber nicht unendlich, und es scheint mir wichtig, das auch Kindern gegenüber manchmal auszusprechen.

Als Katecheten erleben wir oft, dass Kinder ganz viel erzählen wollen, wenn es um Sterben, Abschied nehmen - auch in alltäglicheren Situationen wie Umzügen - oder um Jenseitsvorstellungen geht. Meistens ist die Zeit für solche Gespräche viel zu kurz. Geschichten und Symbole, an die wir die Kinder in der RKW heranführen, können ihnen eine Hilfe dabei sein, eigenes Erleben bewusster zu machen, zu deuten und Hoffnungsbilder zu entfalten, auf die sie in ihrem weiteren Leben in kritischen Situationen zurückgreifen können.

Und ich bin mir sicher, dass niemand bei der RKW die ganze Woche hindurch nur traurig sein wird. Dazu ist das Programm viel zu bunt und vielfältig. Ich denke da beispielsweise an das mehrfach wiederkehrende fröhliche Motiv der Raupe, die dann zum Schmetterling wird. Auch viele Lieder sind alles andere als traurig.

Sie empfehlen, dass sich Helfer ausgiebiger als gewohnt auf die diesjährige RKW vorbereiten. Auch spezielle Elternabende sind vorgesehen. Warum?

Wir Erwachsenen neigen dazu, Gedanken an die Endlichkeit des Lebens beiseite zu schieben. Es ist wichtig, uns das selbst bewusst zu machen, damit wir für die Kinder nicht hinderlich sind: Wo habe ich Erfahrungen mit Sterben, Abschied und anderem Schmerzlichen? Was hat mir in der jeweiligen Situation geholfen? Was würde ich heute anders machen? - Wir sollten uns nicht unter Druck setzen, den Kindern fertige Antworten liefern zu müssen.

Gerade, wenn es um das Sterben geht und darum, was danach kommt, haben wir den Kindern wenig an Wissen voraus. Wir sind gemeinsam mit ihnen unterwegs. Ich bin selbst schon gespannt, wie mich die Kinder in diesem Jahr wieder bereichern werden.

Gehört diese Thematik nicht eher in den Rahmen der Familie?

Natürlich gehört sie da zuallererst hin. Es gibt aber eigentlich keinen Bereich, wo sie nicht hingehört. Das berührt ja den Kern unseres Glaubens und schwingt immer mit, wenn wir als Christen zusammenkommen.

Punktuell wird es stärker benannt. Ich vertraue darauf, dass diejenigen, die die Gruppen leiten, dies in großer Sensibilität für jedes einzelne Kind tun werden und dass sie beispielsweise erspüren, wenn bei einem Kind Ängste hochkommen. Die Abendrituale und andere Programmelemente können hilfreich sein, dergleichen in guter Weise aufzufangen.

Bei den Elternabenden, die wir empfehlen, haben Eltern die Gelegenheit, mögliche Befürchtungen und Vorbehalte zur Sprache zu bringen. Schön wäre es, wenn die Abende dazu anregen würden, der Begrenztheit des Lebens auch in der Familie verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen. Ideal scheint mir, wie die Pfarrei Leipzig-Gohlis die diesjährige RKW gestaltet: Dort fahren in diesem Jahr Eltern und Kinder gemeinsam eine Woche nach Schmochtitz.

Fragen: Dorothee Wanzek

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