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"Was macht der Amselgrund?"

Kardinal Karol Wojtyla besuchte Görlitz - auch als Papst blieb er dem Bistum verbunden

Görlitz. Die Seligsprechung von Johannes Paul II. ist Anlass für Erinnerungen an diesen Brückenbauer, der mit dem Bistum Görlitz sehr verbunden war. Persönliche Erlebnisse, wie die von Prälat Peter Canisius Birkner, zeigen dies.

Bischof Bernhard Huhn und Papst Johannes Paul II. begegneten sich 1978 , gleich nach der Wahl von Kardinal Karol Wojtyla in Rom.


"Als mich Bischof Bernhard Huhn Anfang 1978 einlud, mit ihm im Herbst nach Rom zu fahren, da ahnte ich nicht, an welchen Ereignissen wir dort teilnehmen sollten", erinnert sich Prälat Birkner, der damals Generalvikar von Bischof Huhn war. "Im April mussten wir die Visa beantragen, da lebte Papst Paul VI. noch." Am 6. August starb er. Als der Bischof und sein Generalvikar am 15. Oktober in Rom eintrafen, fand das Konklave statt. "Als dann am Abend des 16. Oktober weißer Rauch aufstieg und danach der Name Karol Wojtyla genannt wurde, da standen die Journalisten auf dem Petersplatz rings um mich herum schier ratlos da. Der neue Papst war kein Italiener, ihn kannte damals keiner." Generalvikar Birkner konnte den Reportern weiterhelfen, schließlich hatte er den polnischen Kardinal kennengelernt, als dieser im Jahr 1976 in Görlitz zu Besuch war.

Bischof Huhn im Amselgrund. Das passt!

Bischof Huhn hatte damals seinen Gast persönlich von der Grenze abgeholt und zu seiner Wohnung geleitet. In dem kleinen Einfamilienhaus im Amselgrund hatte der Bischof sein Schlafzimmer und sein Bad für den Gast geräumt. Unterwegs fragte der Kardinal: "Was ist das Amselgrund?" Diese Vokabel kannte das Sprachgenie Wojtyla offenbar noch nicht. Der Bischof sang ihm als Antwort einfach einen Vers eines Volksliedes vor: "Amsel, Drossel, Fink und Star ..." Wojtyla verstand sofort und erwiderte lächelnd: "Bischof Huhn im Amselgrund! Das passt gut zusammen."

Kraft aus der Verbundenheit im Gebet

Prälat Birkner verweist auf eine andere Stelle in den Erinnerungen seines früheren Chefs. Am Abend des ersten Besuches im Amselgrund vereinbarte man, am nächsten Morgen um 7.30 Uhr gemeinsam die heilige Messe zu feiern. Als der Bischof sich gegen 7 Uhr in die Kapelle begeben wollte, um alles für die Eucharistiefeier vorzubereiten, bat ihn seine Haushälterin kurz in die Küche und teilte ihm mit, dass der Kardinal schon seit 6 Uhr in der Kapelle bete. Bischof Huhn bemerkte damals dazu, "dass Kardinal Wojtyla die erdrückende Last seines hohen Amtes wohl nur tragen könne, weil ihm die Verbundenheit mit Gott im Gebet die Kraft dazu gibt".

Die Görlitzer Stadtbrücke erhielt im Jahr 2006 den Namen Johannes Paul II. Bischof Rudolf Müller enthüllte die Gedenktafel.


In guter Erinnerung hat Prälat Birkner auch noch die erste Generalaudienz von Papst Johannes Paul II. für die deutschsprachigen Pilger im Petersdom. Noch während des Einzuges sah der Papst Bischof Huhn, der am Rand saß. Der Papst erkannte den Bischof, verließ den üblichen Weg, ging auf ihn zu und umarmte ihn. Seine erste Frage war: "Was macht der Amselgrund?" Dann nahm er Bischof Huhn mit an den Altar und gemeinsam segneten sie die Gläubigen. "Was macht der Amselgrund?" - mit dieser Frage begrüßte der Papst Bischof Huhn fortan immer, wenn er ihm später in Rom und anderswo begegnete. Und mit dem Amselgrund meinte er das ganze Bistum Görlitz, seine Priester und Gläubigen.

Noch etwas anderes ist für Prälat Birkner bemerkenswert: "Der weiße Rauch stieg am Abend des 16. Oktober in die Luft, dem Fest der heiligen Hedwig. Diese Heilige verbindet Deutsche und Polen - wie der polnische Papst."

Von Raphael Schmidt

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