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Anstoß

Streitkultur: Der Magdeburger Jazzkrieg

Guido Erbrich

Schon in der Bibel findet sich, etwas zwischen den Zeilen der Apostelgeschichte versteckt, ein Rezept zum Streitenkönnen. Da widerstanden sich zwei Streitpartner mit offenem Angesicht. Dass diese Kunst des "Fairstrittenseins" nicht nur biblische Gestalten verstehen, zeigt sich dieser Tage im Magdeburger Jazzkrieg 2011, der keiner wurde. Dabei hätte es ein richtiger Kulturkampf werden können. Denn er ging los, wie so viele Konflikte. Zwei ziemlich unversöhnliche Standpunkte standen sich gegenüber.

Auf der einen Seite die Magdeburger Theaterintendantin Karen Stone, die der erfolgreichen Jazzreihe "Jazz in der Kammer" eine radikale Sparkur verordnen, Gelder massiv kürzen und Konzerte halbieren wollte. Auf der anderen Seite der Musiker Warnfried Altmann, der mit vielen anderen für den Erhalt der Musikreihe stritt. In der Regel gibt es bei solchen Konflikten einen Verlierer, viele Verärgerte und jede Menge schlechte Luft.

Dieses Gesetz hat in diesem Falle Gott sei Dank nicht gnadenlos zugeschlagen. Die Intendantin und der Musiker fanden eine Lösung über alle hochgeschaukelten Emotionen hinweg.

Und hier können wir etwas lernen. Zum Ersten, dass Streiten sich lohnt. Es lohnt sich, etwas aufs Spiel zu setzen. Nicht gleich klein beizugeben.

Zum Zweiten, dass der Ton entscheidend ist für die Musik, die gespielt wird. Denn hier wurde zwar hart gestritten, aber beide Seiten pflegten einen ehrlichen, kritischen, zuweilen harten aber fairen Ton.

Und drittens, und das ist das Schöne, dass es auch zwei Gewinner geben kann.

Zu guter Letzt bedankte sich der Musiker aufrichtig bei der Intendantin. Es ist keine Schande, seine Meinung zu ändern. Im Gegenteil. Nötig ist dabei nur eine nicht ganz leichte Kleinigkeit: Nicht auf Teufel komm raus Recht behalten zu wollen.

Ob beide das Apostelgeschichtenrezept kennen, weiß ich nicht. Dort stritten sich Petrus und Paulus ebenso hart - aber: Sie hielten sich gegenseitig aus, weil sie für dieselbe frohe Botschaft arbeiteten. Hut ab vor denen, die das können.

Guido Erbrich, Roncalli-Haus Magdeburg

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