Erste Messe über dem Ozean
Der Oblaten-Pater Paul Schulte feierte vor 75 Jahren die erste Eucharistiefeier in einem Zeppelin
Magdeburg. Vor 75 Jahren feierte der MIVA-Gründer und Oblaten-Pater Paul Schulte im Luftschiff "Hindenburg" über dem Atlantik erstmals eine heilige Messe in der Luft.
Paul Schultes besonderes Verdienst war und ist die Idee und Gründung der MIVA, der Missions- Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft. Noch immer stellt sie - heute unter dem Dach des in Paderborn ansässigen Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken - Jahr für Jahr vielen Gemeinden in der Diaspora die kräftiggelben MIVABusse zur Verfügung. Vielerorts ist es nur mit deren Hilfe möglich, Kinder und ältere Gemeindemitglieder zu Gottesdiensten und anderen Gemeindeveranstaltungen zu versammeln.
Zu einer zumindest zeitweisen weit über Deutschland hinaus gehenden Berühmtheit gelangte Pater Paul Schulte, der am 1895 in Magdeburg geboren wurde, allerdings aus einem ganz anderen Grund: Um eine Kanada-Mission vorzubereiten, musste Schulte im Frühjahr 1936 auf den amerikanischen Kontinent reisen. Die Zeit drängte, denn nur in den Sommermonaten war eine Expedition in den hohen Norden Amerikas möglich. Wie ein Wink Gottes tauchte da die Möglichkeit auf, mit einem Zeppelin nach Amerika zu reisen. In nur wenigen Tagen sollte das Luftschiff "Hindenburg" zu seiner Jungfernfahrt über den Atlantik abheben. Gute Freunde bezahlten ihm ein Ticket für die "Hindenburg".
Schnell entstand in ihm der Wunsch, im Luftschiff Eucharistie zu feiern. Der Vorsitzende der Zeppelin-Reederei und Kommodore Hugo Eckener stimmte dem Ansinnen unter der Bedingung zu, keine brennenden Kerzen zu verwenden. Durch Vermittlung des Nuntius in Deuschland, Cesare Orsenigo, erhielt er, wie später einem der regelmäßig erscheinenden MIVA-Briefe zu entnehmen war, die Sondergenehmigung Papst Pius XI., die Sonntagsmesse in dem Luftschiff halten zu können. So konnte Pater Schulte am 8. Mai 1936 um 8.30 Uhr in der "Hindenburg" als erster katholischer Priester weltweit eine heilige Messe in der Luft feiern.
Glücklich sagte der Pater in seiner Predigt: "Es ist eine eigenartige Stunde, in der wir uns hier versammelt haben. Noch nie habe ich erlebt, dass in einer heiligen Messe mehr Fotografen als Beter anwesend sind. Durch diese Apparate werden später Millionen Menschen die Bilder sehen und teilnehmen an dieser Stunde. … Ich werde diese heilige Messe feiern für alle Völker." Und: "Gott muss mit am Steuer sein, damit wir nicht nur glücklich nach New York, sondern auch glücklich über den Ozean des Lebens gelangen …" In den verschiedene Weltsprachen wurden Fragen gestellt. Ein katholischer Rundfunkvertreter aus New York, der dem Pater auch als Ministrant zur Seite stand, gab eine Unzahl von Auskünften.
Die Vorbereitungen Schultes für die "Eismission" in Kanada waren auch Dank des schnellen Fluges über den Atlantik so gut, dass er noch im selben Jahr dort seinen Dienst als Missionar begann. Als Schulte später nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges der Spionage für das Deutsche Reich verdächtigt wurde, zog er sich in die USA zurück und gründete eine Fliegerschule.
1949 kehrte der "fliegende Pater", wie er sich selbst nannte, nach Deutschland zurück. Um die von ihm gegründete MIVA war es zu diesem Zeitpunkt schlecht bestellt. Sie wurde aufgelöst, neu gegründet und als Diaspora-MIVA dem damaligen Bonifatiusverein zugeordnet. Ihr Alt- und Neupräsident verkündet noch am selben Tag voller Tatendrang: "Wir haben Gott versprochen, der Diaspora- MIVA unsere ganze Begeisterung und Tatkraft zu schenken und sie zum Erfolg zu führen." Während zuvor vor allem die Missionsstationen weltweit mit Flugzeugen versorgt wurden, war es nun sein vorrangiges Ziel, besonders die Seelsorger im Osten Deutschlands mobil zu machen.
1955 gründete er in Hangelar die erste deutsche Fliegerschule nach dem Krieg. In der Einrichtung sollten Jugendliche nach dem Willen des Paters "unter Ausnutzung der modernen Technik, durch sportliche Ertüchtigung und berufliche Förderung zu einer positiven und gefestigten Lebensauffassung und zu demokratischen Bürgern erzogen" werden. Zugleich sollte aber auch "die Achtung vor Gott, sich selbst und den Mitmenschen geweckt werden".
1970 ging Schulte in den Ruhestand und nach Namibia, seiner heimlichen Liebe, die er bei seinen Missions-Flügen in Afrika entdeckt hatte. 1974 starb er dort.
D. Lorek/Th.Lazar/R.Denzel
Quelle: Schulte/Lembeck, Der fliegende Pater Paul Schulte, Pattloch 1987.