Ein Mann für jedes Bistum
Vier Diözesen, vier Weihekandidaten: Ein Porträt der künftigen Priester, die am 30. Mai geweiht werden
Am Samstag vor Pfingsten wird in den Kathedralen der Diözesen Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg jeweils ein Diakon zum Priester geweiht. Der Tag des Herrn stellt die Kandidaten vor.

Für besonders wichtig für den priesterlichen Dienst hält es Daniel Rudloff, mit großer Offenheit auf die Menschen zuzugehen. In der pluralen Gesellschaft gebe es viel Orientierungslosigkeit und die Suche nach Halt. Der künftige Priester möchte mit den Menschen die Freuden und Sorgen des Lebens teilen und dabei die frohe Botschaft des Evangeliums anbieten - Menschen, die in sozialer Not sind genauso, wie solchen, die seelische Sorgen belasten, zum Beispiel Eltern, die traurig darüber sind, dass ihre Kinder nicht mehr glauben können oder wollen.
Über elf Jahre hinweg hat Daniel Rudloff sich auf seinen Dienst vorbereitet: Nachdem er den Beruf des Beton- und Stahlbetonbauers ergriffen und dann im Pfarramt im baden-württembergischen Hockenheim Zivildienst geleistet hatte, besuchte er das Spätberufenen- Seminar St. Pirmin in Sasbach (Baden-Württemberg).
Nach Abitur und Altsprachenabschluss studierte er in Erfurt und Freiburg Theologie und Philosophie. Daran schlossen sich ein Praktikum im Gemeindeverbund Halle-Mitte, die pastorale Ausbildung und das Diakonatspraktikum im Gemeindeverbund Quedlinburg an. Rückblickend betrachtet er diese lange Zeit als wichtige Vorbereitung. "Sie gab mir die Möglichkeit, in eine lebendige Beziehung mit Gott hineinzuwachsen und Erfahrungen in der Seelsorge zu sammeln. Ich glaube, dass es diesen Reifungsprozess braucht, um sich verantwortungsvoll für den Priesterberuf entscheiden zu können."
Im Zusammenschluss der Gemeinden zu Verbünden und künftig neuen Pfarreien im Bistum Magdeburg sieht Daniel Rudloff übrigens "große Chancen, die aber auch genutzt werden müssen". Das Zusammenrücken verlange zum Beispiel eine große Beweglichkeit des Seelsorgers, aber auch jedes Gemeindemitgliedes. So sei etwa die Bereitschaft aller nötig, auch in der Kirche oder den Räumen der Nachbargemeinde zusammenzukommen. "An den neuen Strukturen in unserem Bistum wird deutlich, dass wir auf die Entwicklung in unserer Region reagieren und bestrebt sind, auch in Zukunft als Gemeinden Jesu lebensfähig zu bleiben", sagt er.
Schon jetzt fühlt sich der Geistliche in das Presbyterium des Bistums eingebunden, was er selbst für sehr wichtig hält. So gibt es schon jetzt regelmäßige Zusammenkünfte mit einigen jüngeren Seelsorgern. Wichtig sind dem Diakon dabei der Austausch untereinander und die Erfahrung von Gemeinschaft.
In freien Stunden hört er gern Musik und ist an zeitgeschichtlichen Themen interessiert. In der Bibel mag er nicht zuletzt die Gestalt des Zachäus, wie er verrät: "Trotz aller Mängel und Fehler des Menschen erfährt dieser Jesu liebende Zuwendung." Dabei ist er überzeugt, dass es auch in unserer nichtchristlichen Umgebung Menschen gibt, die eine Sehnsucht nach dieser Zuwendung spüren und auf den Anruf Jesu "Komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein" warten.
Weise mir Herr deinen Weg. Ich will ihn gehen in Treue zu dir. (Psalm 86)
Dieses Psalmwort hat sich Daniel Rudloff als Primizspruch ausgewählt. "Dieser Spruch ist mir wichtig geworden, weil er einerseits für den zurückliegenden Weg gilt, den ich sicher nicht gegangen wäre, hätte ich ihn nicht als Antwort auf den Ruf Gottes in seine Nachfolge verstanden", sagt Daniel Rudloff. "Andererseits bringt er mein Vertrauen zum Ausdruck, dass Gott mich auch in Zukunft den richtigen, nämlich seinen Weg führen wird. Darauf möchte ich antworten mit der Zusage: "Ich will ihn gehen in Treue zu dir!".
So sehr dies in Erfurt möglich ist, hatte David Wolf von klein auf katholische Luft geatmet: Seine Eltern und mittlerweile auch einer seiner beiden größeren Brüder arbeiten bei Kirche und Caritas, er selbst besuchte das katholische Edith-Stein-Gymnasium und fühlte sich wohl in der katholischen Stadtjugend und in der Jugend der Martini-Gemeinde. Während des Studiums suchte er Gelegenheiten, Kirche außerhalb der Heimatstadt zu erleben, seinen eigenen Weg zu finden und selbstständig Kontakte zu knüpfen. So hospitierte er, zusätzlich zu den für alle vorgesehenen Gemeindepraktika, ein Jahr lang im Gemeindeverbund Suhl. Sein Freisemester verbrachte er in Salzburg. Als Praktikant lernte er die Gemeinden St. Ägidien in Heiligenstadt und St. Josef in Ilmenau kennen. Immer wieder sammelte er an all diesen Orten gute Eindrücke, empfand sich am richtigen Platz und fühlte sich dadurch stets von Neuem bestärkt, auf dem eingeschlagenen Berufungsweg weiterzugehen.
"Ich weiß, dass dies keinesfalls selbstverständlich ist", sagt er. Als Priester möchte er sich gemeinsam mit den Gemeinden, in denen er künftig wirken wird, auf einen Weg mit Christus begeben.
Sucht die Nähe Gottes, dann wird er sich euch nähern. (Jak 4,8)
"Ich möchte dazu anregen, sich immer wieder auf die Suche nach Gott zu machen, und auch bei mir selber möchte ich diese Suche und Sehnsucht lebendig halten", sagt David Wolf.
Für sein eigenes geistliches Leben schöpft er aus unterschiedlichen Quellen: Er hat mit innerem Gewinn an einem charismatisch geprägten Gebetskreis in Erfurt teilgenommen, ebenso gern ist er aber auch zur Männerwallfahrt am Klüschen Hagis gefahren. "Mir ist die Vielfalt wichtig. Die werde ich ja auch in den Gemeinden antreffen."
Den begonnenen Umstrukturierungsprozess in den Diözesen sieht David Wolf als große Herausforderung. Es sei für die Gemeinden unumgänglich, in vielen Bereichen umzudenken und beispielsweise in stärkerem Maße auf die Gaben des Heiligen Geistes zu achten, die unter den Gemeindemitgliedern vorhanden sind, ist er überzeugt. Angesichts der wachsenden Aufgaben, die auf ihn als Priester zukommen werden, hält er es für wichtig, sich selbst Zeiten zum Auftanken zu reservieren: Dazu gehöre für ihn unter anderem, Freundschaften mit anderen Kaplänen zu pflegen oder zwischendurch auch einmal spazieren zu gehen oder Fußball zu spielen.
In den folgenden Jahren ließ der angehende Theologe kaum eine Möglichkeit aus, um das, was er sich unter Priestertum vorstellte, an der Wirklichkeit zu messen. Er machte seinen Zivildienst in der eigenen Gemeinde und probierte sich bei diversen selbst organisierten Praktika - unter anderem auch im Bistum Rottenburg-Stuttgart - in der seelsorglichen Arbeit mit Menschen aller Altersstufen aus. "Meine Berufung ist nicht an einem großartigen Ereignis festzumachen. Es waren viele Augenblicke, in denen ich mich zum Dienst in der Gemeinde gerufen glaubte", beschreibt der Kandidat aus dem Bistum Görlitz die Erkenntnisse aus dieser Zeit.
Gottesdienste mitzufeiern und zu gestalten hatte ihm seit seiner Ministrantenzeit Freude gemacht. Sein Heimatpfarrer nahm ihn auf diesem Gebiet in wachsendem Maße mit in die Verantwortung. Seine besondere Beziehung zur Liturgie war auch im Erfurter Priesterseminar zu spüren. So beteiligte er sich häufig an der Gestaltung der Hausgottesdienste und leitete von Anfang an die Schola des Seminars. Auch sein Interesse an der Schule ist wach geblieben und fand nicht zuletzt in einer Reihe von Schulpraktika während seiner Studienzeit in Erfurt und Wien seinen Niederschlag. Dass er gern mit Menschen zu tun hat, kommt ihm im Kontakt mit den Schülern zugute. Intensive Kontakte hat er auch noch zu den eigenen Mitschülern seiner Gymnasialzeit. In der Oberstufe war er als einziger Katholik oft angefragt, wenn es beispielsweise um christliche Bräuche oder um Stellungnahmen aus Rom ging. Nicht selten kam es aber auch vor, dass einer der Schulfreunde an großen Festen mit in den Gottesdienst kam. Mit großem wohlwollenden Interesse verfolgen einige dieser Freunde seit einigen Jahren seinen Berufungsweg mit.
Auch heute ist die Situation der ostdeutschen Diaspora für Markus Kurzweil ein besonderer Reiz geblieben. Gern stellt er sich den oft interessierten Fragen der Nichtchristen in unserer Region und versucht ihnen zu erklären, warum er glaubt, was er glaubt.
Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. (Röm 8,26)
Als die ersten ehemaligen Mitschüler und Kommilitonen begannen, Familien zu gründen, wurde für Markus Kurzweil deutlicher als zuvor, dass er eine ganz andere Lebensform gewählt hat. Er nahm dies zum Anlass, seine Entscheidung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und sie dann neu und bewusster zu treffen. Die Gedanken des heiligen Johannes vom Kreuz empfindet er auf seinem Glaubensweg besonders hilfreich. Dem spanischen Mystiker war es wichtig, die Gegenwart Gottes in jeder Situation zu suchen und sich ihrer zu vergewissern, sogar in ganz dunkler Nacht, den Augenblicken, da er meinte, Gott habe ihn verlassen. Der unerwartete Tod seines nur 53-jährigen Praktikumspfarrers während der Diakonatszeit in Finsterwalde war für ihn und die gesamte Gemeinde so eine prüfende Erfahrung. "Auch in diesen Augenblicken wieder die Nähe Gottes und das Wirken des Heiligen Geistes zu spüren, hat mir Geborgenheit vermittelt und ich wusste wieder ganz sicher, warum ich Priester werden will", erinnert er sich. Sein Wunsch ist es, Menschen zu helfen, die liebende Gegenwart Gottes zu spüren. "Gott liebt jeden, ohne dass er etwas leisten muss", betont Markus Kurzweil und räumt gleichzeitig ein: "In einer Gesellschaft, die sich durch Leistung definiert, ist das natürlich schwierig zu vermitteln." Sich selbst mit seinen Stärken und Schwächen von Gott angenommen zu wissen, hat ihn zur Auswahl seines Primizspruches aus dem Römerbrief motiviert: "Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an."
Auf der Leiter beim Abwaschen einer Decke hatte er schließlich ein Erlebnis, das ihn an Paulus vor Damaskus erinnert. "Wenn du willst, dass ich Priester werde, wirst du mir helfen", betete er damals. Seither spürt er immer wieder, dass Gott ihn diesen Weg entlangführt. "An bestimmten Wegmarken wird mir deutlich: das ist auf keinen Fall mein Verdienst, da hat Gott kräftig mitgemischt." Winfried Kuhnigk ist für diese Erfahrungen sehr dankbar. "Viele kleine Begebenheiten zeigen mir: Gott schenkt mir unheimlich viel. Er nimmt mich bei der Hand und führt mich, wenn ich mich nicht entziehe. Diese Erlebnisse tragen mich über die Tiefs hinweg, die zwischendurch natürlich auch mit dazugehören."
In Fockenfeld lernte der Priesteranwärter aus dem Bistum Dresden-Meißen Latein und Griechisch und studierte anschließend in Erfurt Theologie - unterbrochen durch ein Jahr an der internationalen Priesterschule der Fokolarbewegund in der Nähe von Florenz und durch das Freijahr in Rom. Die Priesterschule war für den Jüngsten von vier Geschwistern in noch intensiverer Weise als das Priesterseminar eine Schule des gemeinschaftlichen Lebens. "Als Deutsche haben wir ja oft die Einbildung: Was wir in die Hand nehmen, das wird auch etwas. Im Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturen musste ich mehrfach überrascht feststellen: Andere machen manche Dinge vollkommen anders - und es funktioniert mitunter trotzdem mindestens ebenso gut", sagt Winfried Kuhnigk. Eingeübt hat er dort auch, immer wieder neu auf Menschen zuzugehen, die - zumeist aufgrund von Missverständnissen - mit ihm über Kreuz lagen, und zu versuchen, sie mit neuen Augen zu sehen: "Das kann manchmal richtig schwer sein, aber daraus wächst etwas beim anderen und bei mir selbst."
Mitglieder der Fokolarbewegung gehörten neben der Familie und einigen Priestern zu den Menschen, die ihn geprägt haben. Chiara Lubich, die Gründerin der Fokolare, von deren Spiritualität er sich getragen fühlt, bat er vor einigen Jahren, ein Bibelwort für ihn auszuwählen, das sein Leben fortan prägen könnte. Das Wort, das sie ihm damals nannte, ist nun auch Winfried Kuhnigks Primizspruch:
Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. (Joh 15,7)
"Ich habe sehr oft erlebt, dass ich unglaublich beschenkt werde, wenn ich in einer gewissen Situation meinen Teil tue und alles andere in Gottes Hände lege", beschreibt er seine Erfahrung mit diesem Schriftwort. Seine Praktika in den Gemeinden Altenburg/ Schmölln und Plauen haben Winfried Kuhnigks Vorfreude darauf gestärkt, gemeinsam mit anderen Christen "unterwegs zu sein auf dem Weg, den Christus uns führt". Freude und Herausforderung zugleich sieht er darin, mit denen, die ihm begegnen, "die Fülle des Lebens zu teilen".
Seine vorausgegangene Berufserfahrung sieht er im Rückblick nicht als Zeitverlust, sondern als Bereicherung, die ihm im Kontakt mit anderen Menschen zugute kommt. Beispielsweise findet er es gut, genau zu wissen, in welcher körperlichen Verfassung man nach einem langen Arbeitstag in einem Handwerksberuf abends nach Hause kommt. Bei seinen ehemaligen Kollegen im Malerbetrieb hat er zudem gelernt, wie man mit Menschen über Gott sprechen kann, die noch nie eine Kirche von innen gesehen haben. Dass er für lieb gewonnene Gewohnheiten wie das Motorradfahren künftig wohl weniger Zeit haben wird, ist dem Priesterkandidaten durchaus bewusst.
Klar ist ihm aber auch, dass er sich durch die immer größer werdenden Aufgaben, die auf ihn als Priester zukommen, nicht verheizen lassen will: "Ich muss klare Prioritäten setzen und darf nicht versuchen, mir Arbeit für zehn Personen aufzuhalsen. Das braucht den Mut Nein zu sagen und die Fähigkeit, die Dinge, die ich tue, ganz zu tun." Seine Kraftquellen dazu sieht er vor allem in der Beziehung zu Gott, in der Eucharistie und im Gebet und in der Gemeinschaft mit anderen
Von Dorothee Wanzek
und Eckhard Pohl