Will an die Vergessenen erinnern
Andreas Wanzek möchte sich als Ständiger Diakon besonders um Benachteiligte kümmern
Delitzsch/Dessau (ep). Am 4. Juni wird Andreas Wanzek (48) aus Zwochau in der Marien- Kirche in Delitzsch zum Ständigen Diakon geweiht.
Mittwoch Mittag. Andreas Wanzek ist gerade in den Schulhort der Pestalozzi-Schule in Dessau gekommen. Nun sitzt er mit dem elfjährigen Felix zusammen und ermuntert ihn, mit ihm gemeinsam in einem kleinen Buch zu lesen. Dem Schüler fällt das Lernen schwer. Wanzek hat ihn deshalb in seine Obhut genommen.
So jedenfalls war es bis April Woche für Woche. Andreas Wanzek hatte in seiner Ausbildung zum Ständigen Diakon ein 150-stündiges Teilzeitpraktikum zu leisten und absolvierte dies in der Pfarrei Peter und Paul in Dessau. Inzwischen hat der aus Zwochau stammende Familienvater nicht nur das Praktikum, sondern auch ein umfangreiches nebenberufliches Studien- und Ausbildungsprogramm hinter sich und wird an diesem Samstag in der Pfarrkirche in Delitzsch von Bischof Gerhard Feige zum Ständigen Diakon geweiht.
In seinem Praktikum rief Wanzek mit acht Gemeindemitgliedern der Dessauer Propstei einen Dienst ehrenamtlicher Nachhilfe- "Lehrer" ins Leben. "Hauptanliegen der Gruppe ist es, Mädchen und Jungen, die die Dessauer Pestalozzi-Sonderschule für Lernbehinderte besuchen, beim Lesenund Rechnenlernen zu unterstützen", sagt der künftige Diakon. Aber auch gemeinsame Projekttage, so im Zoo in Halle und zum Thema Wasser in der "Wasserwelt Bitterfeld", haben Kinder, Hort- Mitarbeiter, der künftige Diakon und die Ehrenamtlichen seit vergangenem Herbst durchgeführt.
Neben seinem Dienst in der Sonderschule hat Wanzek im Praktikum kranken und alten Gemeindemitgliedern die Kommunion gebracht. Er hat zu predigen geübt und phasenweise die Ministranten der Pfarrei St. Peter und Paul begleitet.
"Ich möchte künftig als Diakon keinen Ehrenamtlichen verdrängen", sagt Wanzek. "Wenn es zum Beispiel Kommunionhelfer gibt, muss ich diesen Dienst in der Eucharistiefeier nicht übernehmen, sondern kann in der Kirchenbank sitzen." Aufgabe des Diakons sei es, "den Blick der Gemeindemitglieder hinsichtlich ihrer diakonischen Aufgaben zu schärfen", sagt Wanzek. "Mein Anspruch soll es sein, sozusagen Auge und Ohr der Kirche für die Vergessenen zu sein. Ich will auf die Menschen am Rand achten, ihnen zuhören, auf sie aufmerksam machen und schauen, wie ihnen geholfen werden kann." Dies gelte auch über die Gemeinde hinaus, wie am Beispiel der Nachhilfe-Lehrer in Dessau deutlich werden kann. "Ich habe den Eindruck, dass die Kirche oft zu sehr um sich selbst kreist", sagt Wanzek. "Insofern verstehe ich den Auftrag des Diakons komplementär zum priesterlichen Dienst: Der Priester versammelt um den Tisch. Der Diakon sorgt dafür und sendet dazu aus, dass die Messe im Alltag gelebt wird."
Andreas Wanzek hat vier Kinder im Alter von sieben bis 16 Jahren. Er arbeitet im Auftrag des Zentrums für Natürliche Familienplanung (NFP) Leipzig als Projektlehrer und versucht, Jungen der fünften und sechsten Klassen Werte im Blick auf die Sexualität zu vermitteln. Der studierte Bauingenieur und Fachlehrer für Holz und Mathematik ist zudem immer wieder projektbezogen in Berufsschulen tätig. 2003/2004 gehörten Wanzek und seine Frau Dorothee zu den Mitbegründern der Montessori-Grundschule in Zwochau, in deren Angebot sie sich weiterhin auf vielfältige Weise einbringen. Seinen Dienst als Diakon in der Pfarrei Delitzsch wird Wanzek bis auf Weiteres ehrenamtlich leisten.
In der Freizeit spielt Wanzek, der vor 20 Jahren aus Wolfsburg nach Zwochau kam, gern mit Kindern und Jugendlichen Fußball. Seit Jahren gestaltet er in der Pfarrei die Religiösen Kinderwochen mit. "Ich arbeite gern mit Kindern zusammen", sagt Wanzek, der sich auch in der Fokolarbewegung für Kinder engagiert.
Als Ehemann hat er den Eindruck, dass dem Verheiratetsein der Ständigen Diakone in der umfangreichen und anspruchsvollen Ausbildung "wenig Rechnung getragen" wird. Dabei stehe das Sakrament der Ehe schließlich vor der Weihe und Ehe und Familie müssten spirituell gelebt und in den Dienst integriert werden. "Für mich ist meine Frau im Blick auf meine Berufung ganz wichtig", sagt der neue Diakon. Für seinen künftigen Dienst wünscht er sich, "dass Menschen an mir Glauben und Leben als stimmig empfinden können".
Für den 48-Jährigen wird an seiner Weihe zum Diakon unter anderem deutlich: "Dieser Dienst ist der Kirche sehr wichtig und ich muss mir bewusst sein, dass damit besondere Gnade, aber auch eine besondere Verantwortung verbunden ist. Die Weihe gibt Kraft dazu, den Dienst durchzutragen."
Zu Felix übrigens steht Andreas Wanzek weiterhin im Kontakt.
Der Weihegottesdienst findet um 10 Uhr in der Marienkiche in Delitzsch, Lindenstraße 4, statt.