Anstoß
Den eigenen Weg finden

Ratschläge, wie man ein gutes Leben führen könnte und als Christ sein Leben gestalten sollte, gibt es ja wirklich zuhauf. Doch manche Ratschläge fruchten nicht oder führen sogar in die Irre. Es nützt ja nichts, ein Programm abzuarbeiten.
Als Christen fragen wir, was unsere persönliche, einmalige, individuelle Berufung ist. Diese Frage beschäftigte auch den heiligen Christophorus, von dem die Legende Folgendes erzählt:
Christophorus war groß, stark und etwas einfältig. Doch er hatte ein gutes Herz und wollte Gott dienen. Da er nicht wusste, was Gott von ihm wollte, wandte er sich in seiner Not an einen Einsiedler. Dieser gab ihm den guten Rat: "Bete!"
Christophorus war glücklich. Er ging nach Hause, holte sein Gebetbuch aus dem Schrank und fing an zu beten. Doch schon nach kurzer Zeit wurde er müde und schlief ein. So ging das eine ganze Woche. Christophorus wurde unzufrieden und unruhig. Schließlich ging er wieder zum Einsiedler und erklärte ihm: "Ich kann nicht beten, das ist nichts für mich". Da antwortete der Einsiedler: "Ich weiß etwas anderes: Faste!".
Wieder war Christophorus glücklich und ging heim. Er verschenkte seine Lebensmittel und begann zu fasten. Doch schon am nächsten Morgen wurde ihm schwarz vor den Augen und nach drei Tagen hatte er einen solchen Hunger, dass er seine Fastenzeit abbrach.
Wieder ging er zum Einsiedler und klagte ihm sein Leid. Der Einsiedler sagte: "Du bist ein schwieriger Fall, aber ich weiß noch etwas: Trage die Menschen über den reißenden Fluss!"
Christophorus setzte sich an den Fluss. Immer, wenn jemand hinüber wollte, nahm er diese Person auf seine starken Schultern und trug sie so über den Fluss. Seine Stimmung besserte sich von Tag zu Tag und er wurde glücklich und zufrieden. Und sogar Christus selbst hat seine Dienste in Anspruch genommen und ihn dafür gelobt.
Obwohl gegen Beten und Fasten wirklich nichts einzuwenden ist, passen diese Ratschläge für Christophorus nicht. Er muss seinen eigenen Weg finden und gehen.
Es gibt in der Geschichte von Christophorus ein Kriterium, das ihm zeigt, was das Richtige ist: Es ist das Gefühl von Ärger, Ungenügen und Frust beim Falschen und Freude, Trost, Zuversicht, Sinn und letztlich sogar Glück beim Richtigen.
Die Legende sagt unmissverständlich: Gott überfordert nicht! Sie gibt uns den Rat, verschiedene Dinge auszuprobieren. Dann sollen wir schauen, wo wir ein tiefes Gefühl des Einverstandenseins spüren und dieser Spur folgen.
Sr. Susanne Schneider, Missionarinnen Christi aus Leipzig