Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Lotsen für die Integration

Seit 20 Jahren werden bei der Caritas in der Dresdner Region Migranten beraten

Dresden/Pirna. Seit zwanzig Jahren berät die Caritas in der Dresdner Region Migranten. Eine Ausstellung im Rathaus Pirna zeigt Porträts von Männern und Frauen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern und stellt die Arbeit der Caritas-Migrationsdienste vor.

Bei der Ausstellungseröffnung: Sigrid Kokot vom Jugendmigrationsdienst Dresden (Mitte) im Gespräch mit Mustafa el Saghir und Natascha Neubauer

"Migration heißt, dass kein Stein auf dem andern bleibt", sagt Sigrid Kokot. "Freunde, Essen, Umgangsformen, Zusammenleben in den Familien - einfach alles verändert sich." Die kleine agile Frau mit Brille und Kurzhaarfrisur gehörte zu den ersten Mitarbeiterinnen, als 1991 der "Fachbereich Migration" im Dresdner Caritasverband gegründet wurde. Damals halfen sie vor allem jungen russlanddeutschen Spätaussiedlern bei der Integration.

Heute, zwanzig Jahre später, gibt es zwei Hilfseinrichtungen: den Jugendmigrationsdienst und die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer. Vor allem aber ist das Spektrum derer, die sich an die Beratungsstellen wenden, weitaus bunter. Zwar kommen noch immer die meisten aus Russland, der Ukraine, aus Kasachstan und Kirgistan. Hinzugekommen jedoch sind Menschen aus dem Irak, aus Vietnam oder der Türkei - aus insgesamt 70 Herkunftsländern. 2010 haben die zehn Mitarbeiter fast zweitausend Menschen beraten.

Bricht irgendwo in der Welt ein blutiger Konflikt aus, sitzen wenige Wochen später Flüchtlinge aus diesen Ländern in den Beratungsstellen. "Ihr Hauptproblem ist die Sprache", sagt Sigrid Kokot vom Jugendmigrationsdienst. "Wir kennen die Anbieter von Sprachkursen und können die Migranten darüber informieren." Außerdem helfen sie beim Ausfüllen von Formularen.

"Mittlerweile kennen wir fast jeden Antrag", sagt Doris Stiefenhofer von der Migrationsberatung. Immer wieder ändern sich die Gesetze. Die Beraterinnen müssen die genau kennen, um den Migranten sagen zu können, welche Ansprüche und Rechte sie haben. Ständige Fortbildung sei da obligatorisch, sagt Doris Stiefenhofer. Der Paragrafendschungel, durch den sie die Zuwanderer lotsen müssen, ist unübersichtlich. "Manche Mitarbeiter in den Behörden kennen sich da kaum noch aus, treffen zum Teil falsche Entscheidungen." Die Migrationsberaterinnen zeigen, wie man sich dagegen wehren kann. Dabei hilft ihnen auch ein eigener Rechtsanwalt.

Natascha Neubauer hat auch Rat gesucht, weil ihr Bildungsabschluss im Herkunftsland hier nicht anerkannt wurde, wie sie erzählt. In Kasachstan hatte die 31-Jährige studiert und drei Jahre als Mathematiklehrerin gearbeitet, bevor sie 2002 nach Deutschland kam. In der Schule aber durfte sie in Sachsen nicht mehr arbeiten. Unterstützt von den Beraterinnen erreichte sie zumindest, dass sie als Diplom-Mathematikerin akzeptiert wurde. Sie studierte noch einmal Betriebswirtschaftslehre an der TU Dresden. Jetzt hat sie eine Stelle bei einem Autozulieferer in Pirna gefunden. "Auch um den Aufenthaltsstatus geht es oft", sagt Doris Stiefenhofer. "An dem hängt alles." Mustafa el Saghir zum Beispiel, heute 23, flüchtete vor 18 Jahren mit seinen Eltern aus dem Libanon. Die Beraterinnen fanden eine Lösung, wie er trotz Status "Duldung" und fehlender Arbeitserlaubnis eine Ausbildung in einer Gastronomieschule machen konnte. "Jetzt wünsche ich mir die deutsche Staatsbürgerschaft. Und ein Leben als Selbständiger mit eigenem Restaurant."

Bis zum 9. Juni ist die Ausstellung "In der Fremde zu Hause?" im Foyer des Rathauses Pirna (Am Markt 1-2) zu sehen, von da aus wird sie weiterwandern. Näheres unter Tel. 0 35 01/55 60

Von Tomas Gärtner

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps