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Gesicht zeigen

Görlitzer protestieren gegen polenfeindliche Wahlplakate von NPD und DSU

Görlitz. Die rechtsextreme NPD und die rechtskonservative DSU hetzen auf Wahlkampfplakaten gegen Polen. Jetzt protestieren Bürger gegen diese Plakate, darunter auch katholische Christen und Bischof Konrad Zdarsa.

Redakteur Peter Chemnitz layoutet am Dienstag die erste Seite mit Fotos von Görlitzern, die ihr Gesicht zeigen gegen Polenfeindlichkeit

"Der Tatbestand der Volksverhetzung ist nicht erfüllt", das macht der Sprecher der Staatsanwaltschaft deutlich. Trotz der Strafanzeigen gegen die Urheber der antipolnischen Propaganda dürfen die Plakate hängen bleiben. An den Laternenmasten kleben seit Wochen die Plakate der rechtsextremen NPD mit der Forderung "Poleninvasion stoppen". Auch der rechtskonservative Görlitzer Stadtrat Jens Hasse hat das Thema Polen für seinen Wahlkampf entdeckt. Er fordert auf seinen Plakaten "Sicherheit statt Polenkult".

Dass strafrechtlich nichts gegen die Plakate zu machen ist, liegt am Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches. Der Tatbestand der Volksverhetzung ist demnach nur erfüllt, wenn sich der Angriff auf eine Gruppe innerhalb der Bundesrepublik richtet. Verbale Attacken auf den Nachbarn sind danach erlaubt. Das ist ein Zustand, den Ex-Innenminister Heinz Eggert (CDU) ändern will. Auch er hatte Strafanzeige gegen die Urheber der Plakate gestellt und ist unzufrieden mit der Rechtslage. Jetzt macht er den Vorstoß, das Strafgesetzbuch so zu ändern, dass auch solche Äußerungen bestraft werden können.

Auch wenn das Strafrecht nicht greift, könnten die Plakate noch vor der Wahl verschwunden sein. Bürgermeister Michael Wieler (Bürger für Görlitz) sagte der Sächsischen Zeitung (SZ): "Wenn uns in etwa 100 Bürger anrufen, dann wäre das ein Indiz dafür, dass die öffentliche Ordnung gefährdet ist." Und das wäre ein Grund die Plakate zu entfernen.

Petra Rudolph, Geschäftsführerin der Sächsischen Zeitung, zeigt sich unzufrieden. "Wenn die Politik nichts machen kann oder will, dann müssen wir halt was machen", erklärt sie, warum die Redaktion ihre journalistische Neutralität in diesem Fall aufgibt. Gemeinsam mit Frank Treue, dem Leiter der Lausitz-Redaktion hatte sie die Idee, wie der öffentliche Protest organisiert werden kann. "Gesicht zeigen" heißt die Aktion, bei der die Görlitzer aufgerufen sind, sich mit ihrem Gesicht und Namen in der Zeitung abbilden zu lassen, um so gegen die polenfeindlichen Plakate zu protestieren.

Und die Aktion findet Zuspruch, auch bei den katholischen Christen der Stadt. Bischof Konrad Zdarsa war einer der ersten, der sein Bild für die Aktion an die Sächsische Zeitung schickte. Auch Mitarbeiter des Ordinariates und viele weitere beteiligten sich mit ihrem Bild. Generalvikar Hubertus Zomack erklärt warum: "Diese Plakate sind einfach unerträglich."

Bis Dienstagmittag haben sich über hundert Görlitzer an der Aktion beteiligt. Ein Ende ist nicht abzusehen. "Hier ist ein Kommen und Gehen", berichtet Petra Rudolph von dem Zuspruch der Görlitzer. Und sie gibt ein Versprechen: "Jeder, der uns ein Bild schickt oder hier vorbeikommt und sich fotografieren lässt, kommt auch in die Zeitung".

Von Markus Kremser