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Das Lob Gottes aufbrausen lassen

80. Geburtstag von Bischof Rudolf Müller / Unter Gratulanten auch neuernannter Bischof

Görlitz. Mit Menschen aus den Orten seines Wirkens hat Bischof emeritus Rudolf Müller seinen 80. Geburtstag gefeiert.

Viele Gratulanten kamen aus den Görlitzer Gemeinden, aber auch aus den Orten, in denen Rudolf Müller wirkte

"Der Heilige Geist dringt überall ein. Darum dürfen wir nicht die Köpfe hängen lassen, weil wir denken, mit der Kirche geht es bergab", sagte Bischof emeritus Rudolf Müller. Am 24. Juni hat er in Görlitz seinen 80. Geburtstag gefeiert. Bei allen Problemen sieht er die Hoffnung der Kirche und für diese Kirche: "In einer Zeit, wo Unglaube als eine Art Virus vorhanden ist, wo gesagt wird, in die Kirche gehen Sonderlinge, kommt die Frage nach dem Sinn des Lebens wieder verstärkt in das Bewusstsein der Menschen."

"Ich bin in einer frommen Familie aufgewachsen", sagt der als drittes Kind seiner Eltern Alois und Hildegard im niederschlesischen Schmottseiffen Geborene. Dort wurde der "kleine Kerl mit den schönsten Locken des Dorfes" bald Ministrant. Dazu gehörte: "Um sechs Uhr Glocken läuten, um sieben war die heilige Messe, mittags wieder läuten und abends noch einmal. Das war ganz schön anstrengend." In dieser Zeit hatte Rudolf Müller das erste Mal den Gedanken, Priester zu werden. "So wie der Kaplan, so wäre ich auch gern." Sein eigentlicher Berufswunsch damals war aber Kirchenmusiker. "Mit allen Pfeifen, die mir zur Verfügung standen, wollte ich das Lob Gottes aufbrausen lassen." Mit elf Jahren begann er Orgel zu spielen. "Mit den Füßen reichte ich nicht zu den Pedalen und kam mit den Händen kaum an das obere Manual." Das erste Lied, das er spielen konnte, war ein Marienlied. Ministrieren und Orgeldienst - beides zur selben Zeit ging nicht, außer einmal zu Fronleichnam. "Nach dem letzten Lied bin ich schleunigst von der Orgelbank herunter, habe mich hinter dem Altar umgezogen und bin auf Schleichwegen zum ersten Prozessionsaltar geeilt. Nach der vierten Station gings dann zurück in die Kirche, auf die Orgelbank."

Zwei Talente: Ehe und Priesterum

Vertrieben aus seinem von ihm immer geliebten Heimatort, kam die Familie in der Folge des Zweiten Weltkriegs nach Luckau. Dort in der Pfarrjugend hat er "prächtige Mädchen" kennengelernt. Nun galt es sich zu entscheiden: Priestertum oder Ehe. "Zwei Talente hatte ich, jedes in einer Hand. Da hat mir auch die Kirchlichkeit der Mädchen geholfen. Die haben nicht gedacht, Hauptsache ich kriege dich. Nein, sie haben Rücksicht genommen auf meinen Wunsch Priester zu werden. Ich hatte die Wahl."

Anfangs war Rudolf Müller in Luckau der einzige Ministrant. "Ich begleitete den Pfarrer zu den Gottesdiensten. In der Diaspora habe ich Kirche kennen- und liebengelernt und gespürt, hier kommt es auf jeden an. Die Weichenstellung für meine Berufsentscheidung zum Priester passierte, als ich mich in der Schule zwischen dem naturwissenschaftlichen und dem altsprachlichen Profil entscheiden musste. Griechisch nahm ich als Wahlfach, sodass die kommunistischen Abiprüfer die Gespräche zwischen dem Lehrer und mir nicht verfolgen konnten."

Rudolf Müller als kleiner Junge auf der Orgelbank.

Nach dem Abitur ging es schwarz über die grüne Grenze in den Westen Deutschlands. In Königstein im Taunus am Seminar für heimkehrende Theologen studierte Rudolf Müller Theologie. "Das waren Haudegen, die aus Krieg und Gefangenschaft kamen und mit viel gutem Willen auf der Schulbank saßen", erinnert er sich heute an seine Kommilitonen. Einer davon war Bernhard Huhn, sein Vorgänger als Bischof in Görlitz. Die Situation nach dem 17. Juni 1953 ermöglichte es, dass Theologiestudenten auch aus Westdeutschland in die DDR kommen und in Erfurt studieren konnte. Aus den zwölf Studenten in Erfurt wurden plötzlich durch die Rückkehrer aus Königstein 100.

Am 17. Juli 1955 wurde Rudolf Müller in Neuzelle zum Priester geweiht. Es folgten Kaplansjahre an vier Stellen. Von 1964 bis 1972 war er dann Rektor des Katechetenseminars in Görlitz. Männer absolvierten hier "ein kleines Theologiestudium". Von den insgesamt 500 Teilnehmern sind etwa 30 Priester geworden. "Der Heilige Geist hat seine Hand über dieses Haus gehalten. Es gab dort keinen einzigen Spitzel."

Bernhard Huhn war nicht nur Müllers Vorgänger als Bischof. Von ihm hatte er die Leitung des Katechetenseminars und später auch viele "Posten und Pöstchen" übernommen, die Huhn durch seine neuen Ämter im Ordinariat nicht mehr wahrnehmen konnte. Das brachte Rudolf Müller seinen Spitznamen ein: "Mehrzweckmüller". Am 1. Juli 1987 empfing er dann selbst die Bischofsweihe. 1994 wurde das Jurisdiktionsgebiet Görlitz zum Bistum erhoben und Müller der erste Bischof dieses Bistums. Wichtig waren ihm in dieser Zeit besonders die Firmreisen, zu denen er regelmäßig einen Tag vorher anreiste, um sich für die Firmlinge Zeit zu nehmen. "Am Sonntag wollte ich keine fremden Gesichter vor mir haben." Ein weiteres Anliegen war die Weiterführung des "Brückenbaus" nach Polen. Er setzte sich für Verständigung und Aussöhnung ein.

Gott rechnet mit dem Bistum Görlitz

Auch die Ökumene ist Rudolf Müller wichtig. "Von Christus ist die Kirche als eine gegründet. Er will, dass wir eins seien. Wir sollen versuchen, den anderen zu verstehen, ohne Machtgefühl und Misstrauen". Müller führte viele theologische Gespräche mit evangelischen Amts- und Glaubensbrüdern. "Wir sind nicht nur versöhnt, sondern auch befreundet, denn im Glauben an Christus haben wir einen ,gemeinsamen Nenner‘ gefunden", sagt er heute.

Gelungene Überraschung: Der vor wenigen Tagen ernannte Bischof Wolfgang Ipolt (Zweiter von links) gratuliert dem Jubilar.


Mit Blick auf die Zukunft des kleinen Bistums ist Bischof Müller zuversichtlich: "Der liebe Gott kennt unser Bistum. Er rechnet mit uns, er arbeitet mit uns, aber auch ohne uns. Das ist das Wichtigste, was ein Bischof erlebt: wie Glaube aufbricht."

Von Raphael Schmidt

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