Kinder dürfen hier Kinder sein
Magdeburg: Kindertagesstätte St. Agnes besteht seit 100 Jahren
Magdeburg. Wer werktags das Gelände der Magdeburger Gemeinde St. Agnes betritt, wird oft lärmenden, fröhlichen Kindern begegnen. Seit 100 Jahren schon besteht die hier beheimatete Kindertagesstätte. Jetzt wird daran mit einer Festwoche erinnert.
"Jedes Kind ist einmalig und von Gott ins Leben gerufen. Vor diesem Hintergrund wollen wir jedem Kind helfen, seine Gaben und Kräfte zu entfalten", sagt Andrea Böhnstedt (40). Die Leiterin der Magdeburger Kindertagesstätte St. Agnes und ihre Kolleginnen führen damit weiter, was vor 100 Jahren Ordensschwestern in der Gemeinde in Magdeburg Neue Neustadt begonnen haben.
1911 gründeten Arme Dienstmägde Jesu Christi aus Dernbach die Kindereinrichtung. Die Hälfte dieser Zeit, und zwar von 1942 bis 1989 war Berta Wedekind (82) in der Einrichtung tätig. Als sie in dem Kindergarten zu arbeiten begann, war er seit Beginn des Zweiten Weltkrieges von den Nazis verstaatlicht, wurde aber von den Schwestern weiter geführt. "Anfang 1944 wurde das Schwesternhaus durch Bomben beschädigt und Kindergarten und Hort geschlossen", erinnert sich Frau Wedekind. "Im August 1944 wurde dann alles zerstört."
Ab 1946 versuchten Gemeindemitglieder den Kindergarten wieder aufzubauen. Auch Frau Wedekind erinnert sich daran, damals mit Steine abgeklopft zu haben, um sie wiederverwenden zu können. "1947/1948 wurde der Kindergartenbetrieb unter sehr einfachen Bedingungen wieder aufgenommen", so Berta Wedekind. "Mit Mittagessen konnten wir die Kinder erst ab 1951 versorgen." Seit Ende der 1940er Jahre hatte die Caritas die Aufsicht übernommen.
1961 kamen Marga Langhammer (67) und 1966 Regina Kupietz (62) als Mitarbeiterinnen in die Einrichtung. "Der Kindergarten war von morgens 6 Uhr bis abends 17 Uhr geöffnet. Wir mussten selbst morgens die Kohleheizung in Gang setzen. Wir haben selbst die Räume sauber gemacht. Während der Mittagspause der Kinder wurde Gemüse für den nächsten Tag geschnitten", erinnern sich die Frauen. 1981 gaben die Ordensschwestern ihren Dienst im Kindergarten auf und kehrten in ihr Mutterhaus zurück. Gut zehn Jahre später konnte dann der Kindergarten 1991/92 umfassend saniert werden, und es entstanden schöne zusätzliche Räume.
Von den 63 Mädchen und Jungen, die derzeit die Einrichtung besuchen, sind 47 katholisch, sagt Leiterin Böhnstedt. Mit den Fizzli Puzzlis, den Marienkäfern und den Schlümpfen gebe es drei altersgetrennte Gruppen in der Kindertagesstätte, die aber nur zur Angebotszeit wirklich getrennt seien. Die allgemeine Lebenssituation in den Familien der Kinder ist nach Einschätzung der Leiterin recht unterschiedlich.
Neben der religiösen Erziehung kommt es Andrea Böhnstedt bei der pädagogischen Arbeit sehr darauf an, den Kindern in einer von Stress geprägten Zeit zu helfen, punktuell zur Ruhe zu kommen und Unterbrechungen des Alltages schätzen zu lernen. Und sie tritt gegen Bestrebungen ein, den Mädchen und Jungen möglichst früh möglichst viel beibringen zu wollen: "Kinder müssen in jungen Jahren Kinder sein dürfen", sagt sie.
Das Festjahr 2011 zum 100-jährigen Bestehen wurde bereits im Januar eröffnet (Tag des Herrn berichtete). In der nun bevorstehenden Festwoche vom 5. bis 9. September ist ein buntes Programm für die Kinder geplant. So machen die Mädchen und Jungen zum Beispiel einen Ausflug in das Magdeburger Spielehaus. Ein Tag steht unter dem katechetischen Thema "Gott hat alle Kinder lieb". Am Ende der Woche feiert Bischof Gerhard Feige mit allen Festteilnehmern die Eucharistie. Dazu sind besonders auch die ehemaligen Kinder und Mitarbeiter eingeladen. Daran schließt sich ein buntes Treiben rund um die Kirche an.
Den Abschluss des Festjahres soll am 18. November um 18 Uhr ein kleines Feuerwerk bilden. Ein ehemaliges Kind der Kita besitzt eine Pyrotechnik-Firma und will alle Großen und Kleinen mit "magischen Momenten am Sternenhimmel" erfreuen.
Mehr Infos: www.kita-stagnes-magdeburg.de
Von Eckhard Pohl