"Heiligkeit vererbt sich nicht"
Jugendwallfahrt zum Erfurter Domberg
"Da kommt etwas ins Schwingen und erzeugt Resonanz." So erklärt Bischof Joachim Wanke das Motto der Wallfahrt "Du gehst mir nah" im Gottesdienst am Sonntag. Gott sende Signale aus und hoffe, dass sie wahrgenommen werden und bei den Menschen Resonanz auslösen. Monika Klingebiel, die den Gottesdienst musikalisch begleitet hat, schildert ihre Erfahrungen mit der Nähe Gottes so: "Gott geht mir nah, wenn es Stillstand im Leben gibt und man nach festen Bezugspunkten sucht." Das sei etwa bei Krankheiten oder Problemen von Freunden der Fall, erklärt die 26-Jährige. Ihrer Freundin Vroni Kaufhold geht Gott in ihrer Hoffnung nahe, dass schließlich alles am Ende doch noch einen Sinn mache.
Die Jugendwallfahrt findet seit über 60 Jahren statt und bot dieses Jahr die Gelegenheit, Jugendangebote kennenzulernen, auf Konzerten Rockmusik zu hören oder sich über Politik auszutauschen. Katholische Jugendverbände informierten die Jugendlichen über die Wahlinitiative "Wählen? Na klar!" zur Europa- und Kommunalwahl. Wallfahrtshelfer Stefan Andreas ist mit 16 Jahren noch nicht wahlberechtigt, aber der Meinung, dass man sich politisch einsetzen müsse: "Für eine funktionierende Demokratie müssen sich viele einbringen", meint Andreas, der an seiner Schule im Schülerparlament aktiv ist.
Für den 20-jährigen Christoph Drysz ist die Wallfahrt zum ErfurterDomberg nicht nur wichtig, weil sie ihm hilft, seinen Glauben lebendigzu erhalten, sondern auch weil sie einem Christen in der Diaspora Mutmachen würde: "Das Erlebnis der Wallfahrt hilft, eine innere Stärke zufinden und diese nach außen zu tragen", findet er. Dem Lehramtsstudentfür katholische Religion gefällt die Wallfahrt aber auch wegen derguten Stimmung und den gemeinschaftlichen Interessen.
Wigbert Scholle, der nach siebenjährigen Dienst alsDiözesanjugendseelsorger verabschiedet wurde, ist es wichtig, denGrund für die gemeinschaftlichen Interessen und Erfahrungen betonen:"Das ist der Glaube. Und wie spüre ich ihn?" fragt Pfarrer Scholle:"Durch Faszination und Entscheidung für Gott." Zu einem aktiven Glaubenforderte auch der Bischof die jungen Pilger auf: "Heiligkeit vererbtsich nicht!", erklärte er in seiner Predigt. So müsse jede GenerationHeiligkeit wieder neu lernen: durch Menschlichkeit, Solidarität,Gottes- und Nächstenliebe. Deshalb, so der Bischof, beginne dasChristentum mit jedem Menschen und mit jeder Generation neu. Und: WemGott einmal gesagt habe "Du gehst mir nahe!", den würde er nicht soschnell loslassen.