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Ökumenisches Gewächshaus

Was wurde aus dem Miteinander der Ökumenischen Versammlung?

Dresden (mh). 20 Jahre sind seit der Ökumenischen Versammlung in der DDR vergangen. Was ist aus dem damaligen Miteinander der verschiedenen Kirchen geworden?
"Die ökumenische Dynamik unserer Versammlung ist nicht umkehrbar. Wir haben sie als hoffnungsvoll für den weiteren Weg unserer Kirchen erlebt ... Wir haben mit vielen Zungen geredet, aber endlich eine Sprache gesprochen. Eine Rückkehr hinter alte Mauern und in alte Spaltungen darf es nicht geben." So schrieben es die rund 150 Delegierten aus 19 Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften Ende April 1989 in einem Wort an die Gemeinden zum Abschluss der Ökumenischen Versammlung in der DDR. Jetzt fragten die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen, das Ökumenische Informationszentrum (ÖIZ) und die evangelische Kreuzkirchengemeinde Dresden, was davon 20 Jahre später übrig ist. Die Bilanz war ernüchternd.

Joachim Garstecki (Magdeburg) hat an der Ökumenischen Versammlung teilgenommen. "Die ökumenische Dynamik ist durch die Dynamik der sogenannten ,Wende‘ verdrängt worden", sagt der katholische Theologe, der damals als Referent für Friedensfragen beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR arbeitete. "Die Menschen waren voll mit anderen Fragen beschäftigt. Und die Kirchen haben sich bemüht, sich an die Normalität des Kirche-Seins in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung zu gewöhnen." Dennoch ist Garstecki davon überzeugt, dass die Themen von damals ihre Aktualität nicht verloren haben.

Ob es allerdings gelingt, sie noch einmal in einem solchen ökumenischen Miteinander zu besprechen, da ist Anna Maria Busch, evangelische Theologiestudentin aus Leipzig eher skeptisch. Als Ökumenikerin - sie war Delegierte bei der Ökumenischen Versammlung in Sibiu - sieht sie sich unter den jungen Theologen als Ausnahme: "Für viele Theologiestudenten ist das Denken durch die eigenen Kirchenmauern begrenzt", sagt sie und kritisiert, dass Ökumene als theologisches Spezialfach gesehen wird, statt das ganze theologische Denken zu durchziehen. Und: "Die Notwendigkeit des konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung wird im Studium nicht vermittelt." Der Erfolg der Ökumenischen Versammlung in der DDR hat mit der konkreten Situation der Christen und Kirchen in der damaligen DDR zu tun. Eine zur gleichen Zeit in der alten Bundesrepublik durchgeführte ökumenische Versammlung hat nie die Bedeutung erlagt, die die Versammlung in der DDR hatte. Annemarie Müller vom ÖIZ wies auf das damalige gemeinsame Feindbild hin. Und Anna Maria Busch sagte, dass die Probleme die Menschen damals existentieller betroffen haben als etwa die heutige Wirtschafts- und Finanzkrise.

Dass die Ökumenische Versammlung in der DDR zu einem solchen ökumenischen Ereignis wurde, liegt für Garstecki auch an ihrer theologischen Grundlegung, die sich mit den Worten "Umkehr in den Schalom Gottes" beschreiben lässt. "Dabei spielten die klassischen kontroverstheologischen Streitfragen keine Rolle." Für die Ökumene, so meinte einer der Teilnehmer im Publikum, sei das Ende der DDR zu früh gekommen. Das "ökumenische Gewächshaus" sei kaputtgegangen und die "Kälte der Trennungen der letzten 500 Jahre" wieder eingezogen.

Was also heute tun? "Wir brauchen keine neue Ökumenische Versammlung. Wir müssen die Einsichten von damals in den neuen Kontext setzen", ist Garstecki überzeugt. Dass dabei allgemeine Appelle wenig nutzen, betont Anna Maria Busch: "Es kommt auf mich und dich an." Zwar seien viele inzwischen im "Gefängnis des Kapitalismus" eingeschlafen. "Aber es gibt ein paar Wache."

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