Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Der Kirche Gesicht geben

Am 21. Juni wird auf dem Petersberg die neue Pfarrei Halle-Nord gegründet

Halle. Mit einem Festgottesdienst wird am 21. Juni um 14 Uhr auf dem Petersberg die Pfarrei Halle-Nord gegründet. Die Errichtung gilt im Bistum als Pilotprojekt für die 2010 zu gründenden weiteren 42 Pfarreien, die aus den Gemeindeverbünden hervorgehen sollen.

Wir wollen als neue Pfarrei der Kirche ein Gesicht geben

Die Verantwortlichen in Halle- Nord sind zuversichtlich: "Wir sind uns als Gemeinden der neuen Pfarrei einig, wie wir die Zukunft angehen", sagt der Noch-Gemeindeverbundsleiter und neue Pfarrer Magnus Koschig (48). "Wir wollen der Kirche ein Gesicht geben bis ins letzte Dorf unserer Pfarrei. Wir verstehen uns als ein Netzwerk von Gemeinden und Gemeinschaften." Ewald Seliger (62), Vorstands-Mitglied des Noch-Gemeindeverbundsrates und in der Kuratie Halle-Dölau zu Hause, ergänzt: "Wir wollen die Identität jeder Gemeinde wahren."

Ganz wichtig für das Miteinander der acht Gemeinden mit insgesamt 4300 Katholiken sei zunächst ein gangbarer und akzeptierter Gottesdienstplan gewesen. Immerhin galt es, die Sonntags- Gottesdienste in Zappendorf, Langenbogen/ Köchstedt, Löbejün, Dölau, Wettin, Ostrau, St. Norbert Halle und Heilig Kreuz Halle unter einen Hut zu bringen. Die erforderliche Gottesdienstordnung gibt es inzwischen schon zwei Jahre. Maßgeblichen Anteil an dem Konzept habe der Pfarrgemeinderatsvorsitzende von Heilig Kreuz, Johannes Wohlrab, sagt Pfarrer Koschig dankbar. Der Gottesdienstplan sei so aufgebaut, dass er mit zwei Priestern zu realisieren ist. Derzeit stehen neben Koschig und Kooperator Norbert Behrendt auch noch die Seelsorger Gerhard Packenius und Klaus Gaden zur Verfügung. Jeweils in einer der Gottesdienststellen findet dennoch sonntagmorgens eine Wortgottesfeier statt, auch aller vier Wochen in Heilig Kreuz mit 300 Gottesdienstteilnehmern. "Das ist eine Frage der Solidarität mit den kleineren Gemeinden", sagt Pfarrer Koschig. Solidarität und gegenseitiges Vertrauen seien überhaupt entscheidend für das Miteinander, so der Seelsorger.

"Wichtig ist, als Gemeinden zu begreifen, dass man voneinander profitieren kann", sagt Gemeindeverbundsrats- Vorstand Kathrin Happe (35). So habe etwa die kleine Gemeinde Löbejün eine lange Tradition mit Wortgottesfeiern in den Verbund mitgebracht. Inzwischen sei im Gemeindeverbund ein wohlwollender Ton eingekehrt, wenn von den verschiedenen Fähigkeiten und Prägungen in den Gemeinden die Rede ist, fügt Ewald Seliger hinzu.


Liturgisch kompetente Gemeindemitglieder

Im Zusammenwachsen haben die Gemeinden schmerzliche und froh machende Erfahrungen gesammelt, berichten die Gemeindeverbundsrats-Vertreter. So durchlebte etwa die Gemeinde St. Norbert eine ziemliche Phase der Trauer, als sie erfuhr, dass sie mit ihren 1400 Mitgliedern keinen eigenen Pfarrer mehr bekommt, erzählt Pfarrer Koschig. Als sehr gute Erfahrung beschreibt er die Solidarität der Kirchenvorstände und die Tatsache, dass alle beteiligten Gemeinden mit gleicher Stimme im Gemeindeverbunds- beziehungsweise im neuen Pfarrgemeinderat vertreten sind.

Noch gebe es genügend Priester, sagt Koschig. Doch in wenigen Jahren werde dies voraussichtlich anders sein. "Deshalb ist es jetzt an der Zeit, mit Gemeindemitgliedern Liturgisches einzuüben und Gottesdienste vor- und nachzubereiten", so der Seelsorger. So gebe es in drei der Gemeinden Liturgiekreise. Außerdem besteht ein solcher Arbeitskreis auf Gemeindeverbunds-/ Pfarrei-Ebene, der zum Beispiel in Vorbereitung auf die Pfarreigründung in den Verbundsgemeinden Gottedienste zum Thema "Wir brechen auf. Wir wollen gemeinsam Pfarrei werden als Netzwerk" mitgestaltet hat.

"Viel hängt davon ab, ob wir als Geistliche bereit sind, Aufgaben zu delegieren, zu akzeptieren, wenn die Gemeindemitglieder manches anders machen als wir es tun würden, und Vertrauen zu haben, dass Gottes Geist wirkt", sagt Pfarrer Koschig. Schließlich seien alle Gläubigen mit dem allgemeinen Priestertum beschenkt.

Für wesentlich halten es die Verbundsrats-Vorstände, dass es in möglichst jedem Ort einen Ansprechpartner der Gemeinde gibt, der "Gesicht zeigt". "Es ist wichtig, dass jemand den Türöffner macht und sagt, meine Adresse kann im Pfarrbrief stehen", so Frau Happe und Verbundsrats-Vorstand Norbert Schmeja (39) aus der Gemeinde Wettin. Das bedeute natürlich, sich offen zum Glauben zu bekennen und vor allem gastfreundlich zu sein. "Und es heißt, hinzuhören und die Augen offen zu halten, was die Leute für Bedürfnisse haben", erläutert Schmeja (39). So sei zum Beispiel Menschen die Segnung der Gräber ihrer Toten auch auf kleinen Friedhöfen ein Anliegen. Um den Dienst des "Türöffners" in den Gemeinden der Pfarrei Halle- Nord zu fördern, soll es künftig regelmäßig Treffen der Kontaktpersonen geben.


Es braucht überall vor Ort einen "Türöffner"

Ein Patronat hat die neue Pfarrei noch nicht. Grund: Der Wunsch- Patron, der in Halle von den Nazis hingerichtete Priester Carl Lampert, wird erst selig gesprochen. Gemeindeverbünden, die auf dem Weg zur neuen Pfarrei noch Hilfe brauchen, bietet Pfarrer Koschig, der auch Gemeindeberater ist, seine Unterstützung an.

Von Eckhard Pohl