Schule für die Ebenbilder Gottes
Wie katholische Schulen die Kinder aller Weltanschauungen beheimaten
Erfurt. Konfessionelle Schulen in Ostdeutschland schaffen zweierlei: Sie geben sich durch ihre kirchliche Trägerschaft ein klares, vom Glauben getragenes Profil und sie schließen gerade dadurch auch jene mit ein, denen Glaube und Kirche fremd sind.
Getragen von der Erklärung "Gravissimum Educationis" des Zweiten Vatikanischen Konzils hat sich ein Erziehungskonzept für katholische Schulen entwickelt, das sich in diesem Jahr auch in entsprechenden Qualitätskriterien der Deutschen Bischofskonferenz niederschlagen soll. Die Synthese von Glaube, Kultur und Leben sowie die Erziehungsgemeinschaft von Schülern, Lehrern und Eltern spielen hier eine elementare Rolle. Jedoch: "Das Schulprofil für katholische Schulen an sich gibt es nicht", sagte Schwester Theresita. "Es sind vielmehr innere Prinzipien, aus denen sich ein Profil ergibt."
Als erster Grundsatz könne hier die Feststellung "Für Gott ist kein Mensch unmöglich" gelten. "Die Schüler sind in erster Linie nicht die zu erziehenden, zu verändernden und zu bildenden Menschen, sondern wir zeigen ihnen, dass sie angenommen und geliebt sind und als Ebenbilder Gottes ihre Würde haben", erklärte die Religions- und Musikpädagogin. Alle seien willkommen: Stille, Aufgeschlossene, Unbeeinflusste oder Straffällige, die - so erinnerte sich die Schulleiterin - etwa fragen: "Schwester Theresita, sind zwei Wochen Knast entschuldigtes oder unentschuldigtes Fehlen?"
Auch eine ganzheitliche Sicht der Wirklichkeit durch ein aufmerksames Miteinander und Mut zur eigenen Meinung sollen in katholischen Schulen vermittelt werden. Hinzu kommen Solidarität und die Ablehnung aller "falschen Götter". Schwester Theresita: "Wir kritisieren alles, was abhängig macht und zu Stumpfheit, Trägheit und Selbstüberschätzung führt." Den Schülern müsse geholfen werden, dass sie das Bild in sich herausmeißeln können, das Gott schon in ihnen sieht. Eine katholische Schule soll darüber hinaus Gotteserfahrungen möglich machen, vor allem in den Menschen, die einander dort begegnen.
Diese Grundsätze gilt es nun umzusetzen in einer Gesellschaft, in der Katholiken zumeist in der Minderheit sind. Auch wenn die Bergschule im katholischen Eichsfeld eher eine Ausnahme ist, setzt sich die Schülerzahl hier wie auch in der allgemeinbildenden Edith- Stein-Schule in Erfurt aus etwa 60 Prozent Katholiken und etwa 40 Prozent evangelischen und konfessionslosen Schülern zusammen. Auf die Edith-Stein-Schule gehen mit 25 Prozent anteilig etwas mehr evangelische Schüler als auf die Bergschule mit 20 Prozent. Schwester Theresita weist auf den großen Unterschied zu katholischen Schulen in den alten Bundesländern hin: "Dort gibt es noch immer oft strenge Vorgaben, sodass der Anteil von katholischen Schülern bei 85 bis zu 100 Prozent liegen kann."
Solche Zahlen sind auch in der Erfurter Edith-Stein-Schule theoretisch durchaus möglich. "Wir lehnen jedes Jahr katholische und evangelische Kinder zugunsten von Konfessionslosen ab, weil wir ein Spiegelbild der Gesellschaft sein wollen", sagte Schulleiter Schnauß. Das Konzept des 1992 eröffneten katholischen Gymnasiums mit Regelschulzweig begründet sich nicht zuletzt auf die bereits zu DDR-Zeiten gelebte Ökumene. So gestaltet sich etwa der Religionsunterricht an der Edith-Stein- Schule zunächst als dreigeteiltes Angebot: als katholisches, evangelisches und als Grundkurs-Fach für die Konfessionslosen. Letztere müssen sich nach der sechsten Klasse entweder für den katholischen oder den evangelischen Unterricht entscheiden.
"Uns ist es wichtig, dass die Schüler wissen, wo sie beheimatet sind: Was macht mein Katholisch- Sein oder Evangelisch-Sein aus?", sagte Schnauß. Eine große Aufgabe für die Zukunft stellt für den Schulleiter zudem eine einladende Jugendseelsorge dar, die zu Entschiedenheit führt. "Katholische und evangelische Schüler sind heute nicht mehr so in ihrem Christsein sozialisiert wie es noch vor und während der Wende war", so Schnauß. "Das müssen wir ihnen wieder beibringen."
Die Schulen und ihr Programm im Internet:
www.ess-erfurt.de
www.bergschule-st-elisabeth.de