Ein tief christlicher Auftrag
Erster Kurs zur Ausbildung ehrenamtlicher Krankenseelsorger in Halle beendet
Halle. Seit knapp einem Jahr haben sich 14 Frauen und Männer in Halle für die ehrenamtliche Seelsorge vor allem am Krankenbett ausbilden lassen. Am 13. Juni nun endete dieser erstmals von der Klinikseelsorge im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara angebotene Kurs.
"Im Studium", sagt Frau Thiel, "habe ich ganz viel Theorie. Im Seelsorgekurs konnte ich eigene praktische Erfahrungen sammeln und von den Erfahrungen anderer hören". Aktiv in ihrer evangelischen Gemeinde engagiert, sieht Bianca Thiel im seelsorglichen Dienst füreinander einen tief christlichen Auftrag. Dass sie mit 24 Jahren zu jung sei, sich Schwerstkranken und Sterbenden zu widmen, findet sie überhaupt nicht, weil "Krankheit etwas total Menschliches ist". Zudem hat sie den Kurs auch als "gute Vorbereitung für das weitere persönliche Leben" empfunden.
Krankenbesuche geübt und Gespräche überdacht
Unter dem Motto "Zeitspender gesucht" hatte die Klinikseelsorge am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle im vergangenen Jahr einen Ausbildungskurs für Ehrenamtliche in der Krankenhausseelsorge angeboten. Aus einer großen Zahl von Interessenten haben schließlich 14 Ehrenamtliche den Kurs absolviert. Seit September 2008 kamen die zehn Frauen und vier Männer mindestens einmal im Monat von Freitag Nachmittag bis Samstag abend zu ihrer Ausbildung zusammen. Inhaltlich stand für die Teilnehmer aus unterschiedlichsten Lebenssituationen am Anfang eine eigene Standortbestimmung mit Fragen wie: Was erwarte ich von der Ausbildung? Wovor habe ich Angst? Inhaltlich ging es an den Wochenenden dann um "Begegnung und Zuhören", "Was sind Kraftquellen für den Dienst?" oder "Wie gehe ich mit Aggressionen von Patienten um?" Richtig geübt wurde, Krankenbesuche zu machen. Weitere Schwerpunkte waren die Themen Seelsorge, Angst, Trauer und Sterbebegleitung. Zur Ausbildung, die von Krankenhausseelsorger Diakon Reinhard Feuersträtter und Trauerbegleiterin Dr. Iris Zellner geleitet wurde, gehörten jeweils auch Bibelarbeit und Gebet. Über die Kurswochenenden hinaus gab es weitere Treffen. Zudem führte jeder der Teilnehmer zwei Einzelgespräche mit Diakon Feuersträtter.

Wesentlich während der Ausbildung waren auch die sogenannten Protokollgespräche. Um möglichst gut zu lernen, wie man sich zum Beispiel am Krankenbett verhalten soll, musste jeder der 14 Teilnehmer über einen seiner Besuche bei einem kranken oder alten Menschen im Nachhinein Protokoll führen. Seitdem hatten die Teilnehmer bei jeder Weiterbildungseinheit immer zwei oder drei dieser Protokolle besprochen. Dabei spielten Mitstreiter des Protokollanten im Rollenspiel nach, was dieser aufgeschrieben hatte, und spiegelten ihm und den anderen Teilnehmern auf diese Weise sein Vorgehen. Dabei ging es sehr offen zu. Zugleich war auch oft die Not gegenüber schwerer Krankheit und Leid spürbar. "Das macht was mit einem", formulierte etwa eine Teilnehmerin in die Runde hinein. "Die Begleitung von Schwerstkranken macht einen auch ohnmächtig."
Die Ausbildung gibt eine gewisse Sicherheit
Und wie damit umgehen? Die Ausbildung ist auf jeden Fall eine Hilfe, sagt Krankenhausseelsorger Feuersträtter. "Sie gibt dem, der den Dienst der Seelsorge übernimmt, eine gewisse Sicherheit bei der Erfüllung seiner Aufgabe. Man kann bei diesem Dienst in sehr schwierige Situationen geraten, etwa, wenn jemand seine Aggressionen auf dem Seelsorger ablädt. Da ist es eben wichtig gelernt zu haben: Der Patient meint mich eigentlich gar nicht. Oder: Im Umgang mit den Menschen muss man zwischen Mitleid und Mitgefühl unterscheiden lernen. Wer mitfühlt, kann helfen. Wer mitleidet, leidet selbst auch und nimmt auf Dauer Schaden. Es ist auch wichtig, das eigene Gottesbild zu prüfen. Einem Kranken gegenüber davon zu sprechen, dass Gott ihn mit der Krankheit prüfen will, geht einfach nicht." "Der Kurs hat uns darauf aufmerksam gemacht, genau hinzuhören, was der Patient sagt und was er vielleicht auch nicht sagt, was ihn aber eigentlich bedrängt", sagt Teilnehmer Peter Dittmer (68). "Zudem ist uns deutlich geworden, dass man gut bedenken muss, was man dem Patienten sagt. Das ist schon sehr hilfreich für die Begegnung mit Menschen", so der pensionierte Anästhesist. Den Umfang der angebotenen Ausbildung hält Dittmer dann für ausreichend, wenn der ehrenamtliche Seelsorgedienst auch künftig durch Weiterbildung und Teilnahme an Supervision begleitet ist. Das sei vorgesehen, bestätigt Krankenhausseelsorger Feuersträtter und kündigt an, dass im August ein neuer Kurs startet, an dem diesmal nicht zuletzt auch pflegerisches Personal aus dem Krankenhaus teilnehmen will.
Mit einer feierlichen Einführung beendeten die Kursteilnehmer am 13. Juni ihre Ausbildung, um nun Menschen als ehrenamtliche Seelsorger Gesprächspartner zu sein.
Von Eckhard Pohl