Achtung für stille Helden
Zur Jahresaktion der Caritas
Fast jedes Kind träumt irgendwann davon ein Held zu sein: etwas Großes zu leisten, gefährliche Abenteuer zu bestehen und das Böse zu besiegen. Unter der Bettdecke locken spannende Bücher zur Traumreise auf geheimnisvolle Inseln oder in gefährliche Zauberwelten. Was gehört eigentlich dazu, ein Held zu sein? Mut, Kraft, Ausdauer, Klugheit, keine Fehler zu machen, berühmt zu sein, alles aus eigener Kraft zu können ...?
Vor einigen Tagen stieß ich im Internet auf die neue Jahresaktion der Caritas, die auch in der letzten Ausgabe des Tag des Herrn vorgestellt wurde. Hier werden Geschichten von stillen Helden erzählt, die ihrem Leben durchaus schon Fehler gemacht haben oder von vornherein mit einem schwierigen Umfeld konfrontiert sind. Es sind andere Helden als die in den Abenteuerbüchern, aber ihre Geschichten sind ebenso spannend. Sie sind Helden, weil sie sich unter schwierigen Umständen zu behaupten suchen, sich nicht entmutigen lassen, sich immer wieder aufraffen, um ihren Platz im Leben zu finden.
Ich habe mich schon mehrmals in diesen Heldengeschichten festgelesen und bin beeindruckt vom Mut und der Hartnäckigkeit der Jugendlichen. Es sind Helden, die stark sind, obwohl sie aus eigener Kraft nicht weiterkämen. Ohne Menschen, die sie ermutigen, sie begleiten und annehmen, hätten sie es nicht soweit geschafft. Es braucht viel Vertrauen, Geduld und Konsequenz, bis ein junger Mensch, der sich verachtet sah, seine Stärken entdeckt, Selbstbewusstsein und Ansehen gewinnt.
Bestätigung zu erhalten, zu erfahren, dass uns etwas zugetraut wird und dass wir ein Ziel erreichen können, ist für jeden Menschen wichtig. Daran wachsen Kinder und Jugendliche, auch noch Erwachsene. Ablehnung, Vorverurteilung und Strafe dagegen machen uns klein und können uns im schlimmsten Fall jeden Mut nehmen.
Die große Stärke Jesu ist, dass er den Menschen, der ihn sucht, ohne Vorbehalt begegnet und ihn annimmt, wie er ist. Er beschönigt nicht, was in seinem Leben un-heil ist - auch das gehört zum Annehmen dazu - aber er verurteilt ihn auch nicht, gibt ihn nicht auf. Im Gegenteil, ihm wird neues Leben zugetraut und zugemutet. Er bekommt "nichts geschenkt", wo es darum geht, sich der eigenen Situation zu stellen; die gleichen Fehler nicht mehr zu machen oder sich klar zu werden, was er von Jesus erwarten. Alles geschenkt hat er den heilsuchenden Menschen in der Vergebung der Schuld, in der Erfahrung Gottes als zärtlich liebendem Vater und der Zusage, geliebte Kinder zu sein.
Ich wünsche den stillen Helden, aber auch Ihnen und mir selbst, dass uns immer wieder Menschen begegnen, die uns diese Liebe Gottes in unserem Leben erfahrbar machen und das auch wir selbst anderen mit Jesu Achtung und Liebe begegnen können. Denn: "Wie zart muss mir gesagt werden, dass ich geliebt bin, bis ich es wirklich glauben kann" (Andreas Knapp).
Angela Degenhardt, Gemeindereferentin Halle
Mehr zum Caritas-Jahresthema (unter anderem die Heldengeschichten)
gibt es im Internet: www.achten-statt-aechten.de