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Durchhalten macht stark

Zehn Jahre Wechselburger Jugendvesper: Aus zartem Pflänzchen wurde ein Baum, der Früchte trägt

Wechselburg. Mit einer Handvoll junger Christen aus dem Umland des Benediktinerklosters fing es vor rund zehn Jahren an. Mittlerweile nehmen Jugendliche weite Anfahrtswege in Kauf, um bei der Jugendvesper in der vollen Wechselburger Basilika dabei zu sein.

Chorgebet und junge Musik wechseln sich bei der Jugendvesper ab.

Für Rebecca Köhler aus Altenburg war es am 29. Februar bereits die zweite Jugendvesper. Auch wenn es in der eigenen Gemeinde eine große, lebendige Jugendgruppe gibt, hatte sich die 14-Jährige auf Wechselburg gefreut: "Man erlebt hier mal andere Jugendliche und es ist nicht schwer, neue Leute kennenzulernen", erzählt sie. Sie ist zeitig genug gekommen, um noch einen der Stühle zu ergattern, die bis zum Vesperbeginn um 19.30 Uhr hinzugeholt werden. Trotz der im Radio verkündeten Sturmwarnung freut man sich im Kloster Wechselburg wieder einmal über einen Teilnehmerrekord: "Die 300er-Marke haben wir auf jeden Fall gebrochen", weiß Julius Kalenborn (19) von der ökumenischen Jugend Wechselburg.

Benediktinische Gesänge wechseln sich mit jungen Songs ab, die an diesem Freitagabend der evangelische Jugendchor Burgstädt anstimmt. "Es ist genug, Herr! - wenn die Seele Not leidet" heißt das Thema des Abends. Bischof Joachim Reinelt predigt zu einer Bibelstelle über den Propheten Elija. Jeder Mensch müsse in seinem Leben schlimme Momente durchmachen, Augenblicke, in denen er keinen Ausweg mehr sieht, macht der Bischof deutlich. Auf die Frage nach dem Sinn solcher Krisen deutet er auf die Deckenstreben der Basilika. Ohne die Last des Gewölbes würden sie zusammenbrechen, erläutert er. Auch für den Menschen gelte, dass er Belastung brauche, um standhalten und Ziele erreichen zu können. Er ermutigt seine jungen Zuhörer, ihre Lasten nicht allein zu tragen, sondern sie auf Gott zu werfen und sich von anderen Menschen helfen zu lassen, von Freunden, Priestern, erfahrenen Christen oder professionellen Helfern. Dass einer des anderen Last trage, sei der Sinn von Freundschaft und kirchlicher Gemeinschaft. Konkrete Hilfsangebote für unterschiedliche Lebenskrisen lernen die Jugendlichen später in Workshops kennen. Unter anderem stellen sich kirchliche Drogen-, Schuldner- und Familienberatungsstellen vor. Rebecca besucht den Workshop des Bischofs und erfährt dabei einiges über die Arbeit der Caritas.

Vorher jedoch wartet im Gewölbekeller des Klosters eine Stärkung auf die Jugendlichen. 40 Kilogramm Nudelsalat und ungefähr ebenso viel Obstsalat haben Julius Kalenborn und seine Mitstreiter seit Donnerstag zubereitet. "Wir kümmern uns jedes Mal um die Verpflegung. Das ist zwar eine Heidenarbeit, aber es macht Spaß und es schweißt uns immer mehr zusammen", erzählt der katholische Wechselburger. Dass von Mal zu Mal mehr Jugendliche kommen, beflügelt die Küchentruppe. Die weiteste Anreise hatte an diesem Abend eine Gruppe aus dem bayrischen Plankstetten, die dem Erfolgsgeheimnis der Wechselburger Veranstaltung auf den Grund gehen will. Im Benediktinerkloster Plankstetten gibt es seit 1980 Jugendvespern, in den letzten Jahren allerdings mit rückläufiger Beteiligung.

Als "großen Segen für das Bistum und für die Jugendlichen" empfindet Benediktinerpater Georg Roß die Jugendvespern. Vor zweieinhalb Jahren kam er aus Ettal nach Wechselburg und trägt seither Mitverantwortung für die Vorbereitung. Die wachsende Beteiligung und die Intensität, in der die Jugendlichen innerlich mitgehen und sich einbringen, empfindet er als "Geschenk, für das wir nur dankbar sein können". Das verbindende Motto der alle drei Monate stattfindenden Veranstaltung treffe ziemlich genau das, was die meisten Teilnehmer sich erwarten: "Zuammen beten und feiern - Standfestigkeit für Leben und Glauben suchen". Pater Georg knüpft das Thema der jeweiligen Vesper an bauliche oder künstlerische Details der Klosterbasilika. Auf der Einladung zum 29. Februar ist beispielsweise ein Relief aus einer Säule im Eingangsbereich abgebildet: Eine Figur, die zusammengekrümmt die Last der ganzen Säule zu tragen scheint. Sie erinnert an den Propheten Elija, dessen Lebensgeschichte in der abschließenden Vigil wieder aufgegriffen wird. Musik, Lichteffekte und Tanzelemente untermalen die Lesung, die darin gipfelt, dass Elija im Säuseln des Windes Gott findet - Auftakt zur eucharistischen Anbetung, mit der diese Jugendvesper um 23.30 Uhr endet.

Am Ausgang trifft Rebecca Köhler ihre Freundin Charlotte Nartschik (16) aus Lemsel bei Delitzsch. Für die war es ein ganz besonderes Erlebnis, einmal den Gesang der Mönche mitzusingen. Mit dabei war nach mehrjähriger Pause auch ein "Mann der ersten Stunde", der ehemalige Chemnitzer Jugendseelsorger Klaus-Michael Tschöpe, heute Pfarrer von Auerbach. "Ich staune, wie Gott Dinge wachsen lässt", sagt er. In den Anfangsjahren zählte er nie mehr als 15 Jugendliche bei den Vespern. "Das hier zu erleben, gibt mir Kraft: Man muss Dinge durchhalten und gegen alle Hoffnung hoffen, dass sie irgendwann Früchte tragen."

Von Dorothee Wanzek

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