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Er hat die Menschen berührt

Meister Eckhart und die Mystik des Mittelalters Vortrag im Mechthild-Gedenkjahr

Der vierte und letzte Abend der Vortragsreihe "Mechthild von Magdeburg und die Mystik des Mittelalters in Halle und in Magdeburg war dem großen Dominikaner, Theologen und Mystiker Eckhart gewidmet.
Wer sich mit Mechthild von Magdeburg (1207-1282/1294) befasst, stößt auf die christliche Mystik und damit auch auf Meister Eckhart (* um1260, † vor dem 30. April1328). Meister Eckhart hat ein ungemein positives Bild vom Menschen: Weil der Mensch Gottes Geschöpf ist, hat der Mensch Anteil am göttlichen Sein. Und Gott will mit ihm eins sein. Wenn der Mensch aber mit Gott eins ist, ist er glücklich. Deshalb muss es für den Menschen darauf ankommen, alles aus dem Weg zu räumen, was dem Einssein mit Gott im Wege steht.

Der Mensch hat an Gottes Wirklichkeit Anteil

Es war der Referentin, Privatdozentin Katharina Ceming aus Augsburg anzumerken, dass sie sich gut mit der Lehre Eckharts identifi zieren kann. Schon allein dadurch verstand sie es, bei ihrem Vortrag über "Die mystische Theologie Meister Eckharts" den zahlreichen auch nichtchristlichen Zuhörern in Magdeburg und einen Tag später in Halle die Gedanken des großen mittelalterlichen Theologen, Philosophen und Mystikers nahezubringen.

Der Mensch begrenzt sich selbst in seinem alltäglichen Tun und Fühlen und steigt zuwenig in die Tiefe seines Wesens hinab, um wie in einem Brunnen zum klaren Wasser zur Wirklichkeit Gottes vorzudringen. Genau dazu will Meister (Magister) Eckhart aber ermutigen, erläuterte Frau Ceming. "Eckhart und den anderen großen Mystikern geht es um das Glück des Menschen. Sie möchten, dass es den Menschen gelingt, in sich die göttliche Dimension zum Leben zu erwecken." Wenn es dem Menschen aber gelingt, an das klare Wasser Gottes zu kommen, vollzieht sich in ihm die "Gottesgeburt im Seelenfunken", wie Eckhart lehrt.

Wenn aber Gott in das Leben des Menschen tritt, hat dies Konsequenzen. "Ein solcher Mensch kann die Welt und die Mitmenschen akzeptieren, wie sie sind, und sich ihnen ganz zuwenden." Er engagiert sich für die Mitmenschen. Wenn ein Mensch ganz auf Gott ausgerichtet ist, das sei Eckharts Überzeugung, ist es völlig egal, ob sich jemand gerade in einer Kirche oder einem Stall, auf dem Marktplatz oder an einem einsamen Ort aufhält. Er ist überall bei Gott. Es sei dann auch nicht nötig, Mönch oder Nonne zu sein. Auch der einfache Bauer oder der Handwerker könne eins mit Gott sein, wenn er sich auf ihn ganz einlässt, so Eckhart.

Meister Eckhart schätzt das Denken. Doch ihm ist klar, dass dies nicht reicht, um Gott zu erfassen, so Frau Ceming. Doch Eckhart biete auch "keinen Weg an, wie das Einswerden mit Gott erreicht werden kann". "Er sagt: Bring dein Denken zur Ruhe, werde gelassen. Er sagt aber nicht, wie ich ruhig werden kann." Dem großen Theologen und Mystiker kommt es darauf an, dass der Mensch jemand wird, "der nichts mehr hat, nichts mehr für sich will und nichts mehr für sich tut", aber so zu Gott vordringt und damit alles hat, was er braucht, so die Referentin von der Universität Augsburg.

Frau Ceming ging auch der Frage nach, ob Eckhart Mechthild von Magdeburg kannte. Mechthild habe jedenfalls "engen Kontakt" zu den Erfurter Dominikanern gehabt. Deshalb sei es gut möglich, dass der Theologe von ihr erfahren habe und Gedanken von ihr aufnahm. Zudem habe Eckhart dem Beginentum "sehr positiv gegenüber gestanden". Frau Ceming: Sowohl Mechthild als auch Eckhart verkünden ihre "verinnerlichte Form des Glaubens" trotz Widerständen. Die Menschen ihrer Zeit sind dafür offenbar offen.

Eckhart hatte Sympathie für das Leben der Beginen


Der Dominikaner hat in der mittelhochdeutschen Landessprache gepredigt. Das sei wohl ein Aspekt gewesen, der mit dazu führte, dass Aussagen von ihm verurteilt wurden. Von Eckhart stammt der Satz: "Wie soll ein Ungelehrter jemals gelehrt werden, wenn wir nicht anfangen, ihn zu belehren?"

Eckhart berichtet nichts über eigene Gotteserfahrungen. Er hält im Gegensatz zu Mechthild "sehr wenig von Visionen. Bilder behindern nur die Erkenntnis Gottes", es komme darauf an, sich Gott auf weiselose Weise zu nähern. Dementsprechend fi ndet bei dem Mystiker die Brautmystik Mechthilds, aber auch apokalyptisches Denken keinen Anklang. Eckhart gilt insofern als Vertreter einer Intellektmystik. Der große Dominikanertheologe spreche auch kein einziges Mal von der Hölle.

Mit seinem eigenen Leben habe der große Denker und Mystiker den Beweis für seine Überzeugungen erbracht, sagt Frau Ceming. Er habe große Verantwortung für seinen Orden und als Seelsorger für die Menschen gehabt, habe diese offenbar gewissenhaft wahrgenommen und sei dabei nicht zerbrochen. Und er ist bei den Menschen gut angekommen. "In Nonnenviten wird deutlich: Eckhart hat Menschen im tiefsten Inneren berührt, auch wenn sie ihm nicht immer folgen konnten."

Nach Angaben von Ludger Nagel von der Katholischen Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt haben insgesamt 750 Interessierte die je vier Vorträge in Magdeburg und einen Tag später in Halle gehört. Das Konzept der Reihe war von Professorin Regina Radlbeck- Ossmann vom Institut für Katholische Theologie und ihre Didaktik an der Universität Halle erarbeitet worden. Sowohl die Vorträge in Halle (im Melanchthonianum der Universität) als auch die in Magdeburg (Kulturhistorisches Museum) fanden im öffentlichen, nicht binnenkirchlichen Raum statt.

Von Eckhard Pohl



Biografisches

Eckhart wird um 1260 in Gotha- Hochheim oder Tambach geboren. Er wird Dominikaner in Erfurt und wirkt später in verschiedenen Klöstern als Oberer und Lehrer. 1302 ist er Magister der Theologie in Paris. Ab 1323 ist er in Köln tätig. Über 200 Handschriften seiner Predigten bezeugen seinen starken Einfl uss auf das geistliche Leben des Spätmittelalters. Eckhart verarbeitet scholastisches, neuplatonisches und aristotelisches Denken, um das mystische Erlebnis der "Einigung mit Gott" beschreibbar zu machen. Mit seinen in der Sprache des Volkes verfassten Predigten wird er einer der bedeutenden Sprachschöpfer der deutschen Sprache. Des Verdachts der Häresie bezichtigt ist er seit 1326 in Prozesse verwickelt. Nach seinem Tod verurteilt 1329 Papst Johannes XXII. 28 Sätze aus seinen Schriften. Eckhart ist vor dem 30. April 1328 (in Avignon ?) gestorben.

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