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Eine Frage des Friedens

Klaus Töpfer fordert nachhaltige Entwicklung für die Länder der südlichen Erdhalbkugel

Halle. Nur eine nachhaltige Entwicklung der Länder der südlichen Erdhalbkugel wird den Frieden in der Welt sichern können. Warum, das erklärte der langjährige Bundesminister und Mitarbeiter der Vereinten Nationen Klaus Töpfer bei einem Kongress des Bundes Neudeutschland in Halle.

Klaus Töpfer fordert eine nachhaltige Entwicklung für die Länder der südlichen Erdhalbkugel, denn:

Die Grafiken, die Klaus Töpfer bei seinem Vortrag in Halle zeigt, sind beeindruckend: Es sind zwei Weltkarten. Die eine zeigt die Weltbevölkerung unter 15 Jahren, die andere das Bruttosozialprodukt pro Kopf. Die Proportionen der Länder sind dabei entsprechend ihrem jeweiligen Anteil verändert. Zu sehen sind so zwei Welten, wie sie verschiedener kaum sein könnten. Während sich auf der ersten Karte vor allem Afrika und Indien aufblähen, verkommen sie auf der zweiten zu - so Töpfer - "Wurmfortsätzen" der drei ballonförmigen hochentwickelten Weltregionen Nordamerika, Europa und Japan / Südkorea. 40 Prozent der Weltbevölkerung verfügen über 94 Prozent des Welteinkommens. Für den Rest stehen dann gerade noch sechs Prozent des Welteinkommens zur Verfügung. Oder mit anderen Zahlen ausgedrückt: Jeder zweite Mensch auf der Erde muss von zwei Dollar am Tag leben und eine Milliarde Menschen haben sogar weniger als einen Dollar.

"Glaubt irgendjemand, dass wir in dieser Welt eine friedliche Zukunft haben werden?", fragt Töpfer und gibt selbst die Antwort: "Diese Unterschiede werden zum Ausgleich drängen." Und die ersten Signale dafür sind schon da. Töpfer nennt die Hight-Tech-Grenze zwischen den USA und Mexiko und die Überlegungen der Innenminister der Europäischen Union zur Anschaffung neuer Patrouillenboote für den Mittelmeerraum als Beispiele. Beispiele freilich für den falschen Weg. Notwendig sei vielmehr - und das ist Töpfers zentrale Forderung - eine nachhaltige Entwicklung der Länder der südlichen Halbkugel, denn: "Entwicklung ist der neue Begriff für Frieden", zitiert er Papst Paul VI.

Weltpolitik statt Interessen von Einzelstaaten


Dazu ist aber eine Politik notwendig, die die weltweiten Zusammenhänge und nicht die Interessen einzelner Staaten im Blick hat, sagt Töpfer. Als Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen - das ist so etwas wie der Umweltminister einer Weltregierung - konnte er Erfahrungen sammeln, die zeigen, dass globale Wirkungen globale Antworten brauchen, es dazu aber kein geeignetes Instrumentarium gibt. Vereinte Nationen, Weltbank und Welthandelsorganisation müssten gestärkt werden. Hier, in diesen Fragen der großen Politik, ist für Töpfer auch der Punkt, wo jeder Einzelne gefragt ist: "Diese Notwendigkeiten müssen stärker ins Bewusstsein der Menschen. Und jeder ist gefordert, sich nicht in die Loge des Betrachters zurückzuziehen, sondern die Demokratie entsprechend mitzugestalten."

Dabei muss der Einzelne aber nicht auf die große Politik warten. Er kann schon einmal etwas ändern - in seinem Verhalten. Töpfer: "Wir tragen die Kosten für unseren Wohlstand nicht in voller Höhe selbst, sondern geben sie an andere weiter." Das betrifft sowohl Ressourcenverbrauch als auch die Umweltfolgen.

Ökologische Kriegsführung der Reichen


Ein afrikanischer Präsident habe ihm einmal gesagt: "Ihr verhaltet euch wie ein Nachbar, der seinen Abfall über den Zaun auf mein Grundstück wirft. Bei meinem Nachbar würde ich mir das nicht gefallen lassen ..." Niemand zahle gerne für den Wohlstand der anderen, sagt Töpfer, der sogar von einer "ökologischen Kriegsführung der Reichen" spricht. "Wenn wir das nicht beenden, werden wir keinen Frieden behalten." In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, ob Länder wie Deutschland mit einer zurückgehenden Bevölkerung immer weiter wirtschaftliches Wachstum brauchen. Als Hilfe für das Handeln gab Töpfer eine Abwandlung des Kategorischen Imperativs von Immanuel Kant mit auf den Weg: "Handle stets so, dass die Konsequenzen deines Handelns im Einklang stehen mit der permanenten Entwicklung der Menschheit."

Von Matthias Holluba



Stichwort

Kongress "Klimawechsel"

Rund 750 Teilnehmer aus ganz Deutschland haben in Halle an einem Kongress zum Thema "Klimawechsel" teilgenommen. Auf dem Programm des sechstägigen Treffens standen Vorträge, Diskussionen, Exkursionen und Gottesdienste. Veranstalter war der Bund Neudeutschland. Referenten waren Meteorologen, Physiker, Geologen, Verkehrsplaner und christliche Sozialethiker sowie der frühere Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Klaus Töpfer (siehe Bericht). Der katholische Bund Neudeutschland lädt einmal jährlich zu den Tagungen zu jeweils speziellen Themen von Kirche und Gesellschaft ein. Der Bund wurde 1919 gegründet. Er besteht heute aus der "Katholischen Studierenden Jugend" und dem Akademikerverband "Gemeinschaft Katholischer Männer und Frauen". Den beiden Organisationen gehören zusammen 17 500 Mitglieder an.

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