Praktikum in Indien
Anna-Maria Glaab aus Wittichenau lebt und arbeitet ein Jahr lang in einem indischen Kinderheim
" Seit sechs Monaten lebt und arbeitet die 19-jährige Anna-Maria aus Wittichenau gemeinsam mit zwei jungen Frauen aus Köln und Bonn im Don-Bosco-Kinderheim "Snehalaya im indischen Baroda. In dem offenen Heim leben im Moment rund 90 Straßenjungen. Die Salesianer Fr. Roger und Fr. Stanny leiten das Heim.
Ungewöhnlich für ein indisches Kinderheim ist, das Kinder aller Religionsgemeinschaften hier friedlich zusammenleben. Die meisten sind Hindus, Muslime oder Sikhs. Anna-Maria Glaab berichtet über die Haltung der Salesianer: "Es wird besonders darauf geachtet, dass die Kinder ihren Glauben leben und frei auswählen können. Feste werden von allen Religionen gleich bedeutsam gefeiert, das tägliche Gebet ist so allgemein gefasst, dass zu Gott gebetet wird, egal welche Religion dahinter steht. Die junge Frau sieht darin vor allem ein Beispiel wie das Zusammenleben der verschiedenen Religionen funktionieren kann.
Gerade im Krisenbundesstaat Gujarat, in dem sich der Ort Baroda befindet, kommt es immer wieder zu Unruhen zwischen Hindus und Muslimen. Erst im Jahr 2002 kamen Hunderte von Menschen bei solchen Unruhen ums Leben. Mit nur zwei Prozent sind Christen in Indien eine kleine Minderheit. Die Kinder wüssten, dass das Heim von Christen geleitet wird, erzählt die Wittichenauerin, die Kinder fänden es gut. Andere Teile der indischen Gesellschaft seien nicht so offen: "In der Stadt geht das Gerücht um, dass das ,Snehalaya eine ,Missionierungsstation sei, obwohl gerade sehr viel Wert darauf gelegt wird, dass es das nicht ist.
Die Salesianer seien schon öfter Opfer von gezielten Attacken geworden. Zuletzt in der Woche vor Weihnachten, als ein Bus mit Kindern angegriffen worden sei. Ein Priester verlor vier Finger, eine Nonne wurde vergewaltigt. Auch die Politik, die von Fundamentalismus und Korruption geprägt sei, trage ihren Teil zu dem Konflikt zwischen den Religionen bei, sagt Glaab.
Die Jungen, die im Heim leben, werden meist von Sozialarbeitern hierher geschickt. Die Jungen werden registriert und auf die "MissingChildline im Internet gestellt, so können suchende Eltern ihre Kinder wiederfinden. An erster Stelle wird den Jungen hier ein sicherer Platz zum Leben gegeben. Regelmäßige Mahlzeiten, Wasser für Körperhygiene und Wäsche und ein geschützter Schlafraum ist für jedes Kind vorhanden. Mitarbeiter versuchen, den Kindern bei der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit auf der Straße zu helfen. Die medizinische Versorgung ist gesichert und den Jungen wird ein Platz in der Schule vermittelt.
Nach der Schullaufbahn wird den Jugendlichen geholfen, einen Job und eine Wohnung zu finden. Auf diesem Weg in ein eigenständiges Leben werden sie auch weiterhin begleitet. Anna-Maria Glaab sieht aber auch wie schwierig manch einer der Jungen die Hilfe akzeptieren kann: "Oft sind die Jungen jedoch so traumatisiert, dass sie erst nach mehrmaligem Weglaufen registrieren, dass ihnen hier geholfen werden kann. Wenn sich die Jungs dann darauf einlassen, ist das Snehalaya ein Ort voller Freude und Liebe, ein Ort weit weg von zu Hause, aber mit den schönen Seiten und ganz normalen Problemen junger Menschen.
Anna-Maria wohnt in einem kleinen Raum im gleichen Gebäude wie die Jungen. Sie hat die Kinder ständig um sich. Von der Veränderung, wenn die Kinder hier ankommen, ist sie fasziniert: "Es ist unglaublich, wie man die Veränderung der Jungen innerhalb von einigen Wochen sehen kann. Viele haben eine so schlimme Vergangenheit: der Tod der Eltern, physischer und psychischer Missbrauch, Gewalt, Missachtung, absolute Armut, die schlimmsten Dinge, die Kindern angetan werden können.
Wenn sie versuchten vor diesen Dingen wegzulaufen, landeten die Kinder auf der Straße, an Bahnsteigen. Die Kinder kämen dann hungrig, traumatisiert, schmutzig, verletzt, mit Drogen vollgepumpt in das Heim. Dort könnten sie dann das erste Mal seit langer Zeit versuchen, wieder Kinder zu sein, zu spielen und sich nicht ums tägliche Essen sorgen zu müssen, berichtet die 19-jährige.
Die Aufgaben von Anna-Maria und ihren Mitstreiterinnen aus Deutschland bestehen hauptsächlich darin, den Kindern und Angestellten Englisch beizubringen, Spiel-, Bastel- und Singestunden zu organisieren. Außerdem kümmern sich die jungen Frauen um die Hausaufgabenbetreuung und um die Wäsche.
"Den größten Teil unserer Zeit verbringen wir damit, mit den Jungs zu spielen, Sport zu treiben, sie in den Arm zu nehmen und zuzuhören, auch wenn es Hindi ist und wir kein Wort verstehen, erzählt Anna-Maria. Außerdem organisieren die jungen Deutschen Adventskalenderaktionen, das Plätzchenbacken in der Adventszeit, Theateraufführungen oder die Karnevalsparty.
Anna-Maria ist von ihrer Arbeit in Indien begeistert: "Die Kinder sind so wundervoll: die Freude über kleine Dinge, ihre Ausdauer und der Mut und die Fröhlichkeit, die diese Kinder an den Tag legen, trotz aller schlimmen Erlebnisse, die sie ertragen mussten, erstaunen und motivieren mich immer wieder.
Weitere Informationen über das Projekt und Spendenmöglichkeiten im Internet:
Die hier einst verlinkte Webseite ist leider nicht mehr online (Stand: 07/2017)