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Benedikt sagt: Lauf nicht davon

Alte Klöster können Orte sein, in denen Menschen neu zu sich selbst finden / Ein Beispiel ist Chorin

Chorin. Der Erzähler der Mark Brandenburg, Theodor Fontane, schildert, dass der Anblick des Klosters Chorin mit das Beste sei, was ein Wanderer erfahren könne. Das alte Kloster der Zisterzienser verweist zudem auf das benediktinische Erbe mit seinen Anregungen für die Lebensgestaltung.

Kloster Chorin ist mehr als ein Tourismus-Magnet, die spirituelle Atmosphäre hat sich hier erhalten.

"Wann hast du das letzte Mal wirklich auf dein Herz gehorcht? Gehorcht, was dein Herz unterhalb und jenseits aller seiner ,Verhärtungen‘ durch Illusionen, Wunschträume, Süchte, Blockaden und Unfreiheiten sucht und will?", fragt Bernhardin Schellenberger in seinem kleinen Buch "Mit Benedikt Spiritualität erfahren". Eine Antwort entwickelt Schellenberger in folgenden Worten: "Habe den Mut, zu horchen. Nimm dir Zeit dafür. Tue es lange, halte es aus. Jetzt - nicht morgen oder vielleicht übermorgen - ist die Stunde, dass du vom Schlaf aufstehst und mit aufgestreckten Ohren wieder horchst".

Christliches Leben vollzieht sich im Alltag


Hilfreich, um in dieses Horchen und Hören zu kommen, sind Besuche spiritueller Orte, die in ihrem Geist ursprünglich sind. Sie laden uns ein, neu zu uns selbst zu kommen. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, sich eine Zeit lang zu öffnen. Eine Zeit, die sich den eigenen Fragen und dem Leben stellt. Ein solcher Ort ist das Kloster Chorin, nördlich von Eberswalde gelegen. Oder auch Altzella, Lehnin, Mühlberg an der Elbe, Paulinzella … Nehmen Sie einfach ein Buch mit, das sich mit der Spiritualität des heiligen Benedikt oder seiner Klöster befasst, lassen Sie sich Zeit, genießen Sie den Raum. Gedanken und Antworten stellen sich wie von selbst ein.

Das Leben und Bauen der Zisterzienser ist von der Regel des heiligen Benedikt bestimmt, der die klare Ordnungsmaxime "Bete und arbeite" (Ora et Labora) aufstellte. Menschen fanden und finden in ihr eine gute Grundlage, sich dem Leben in seiner Ganzheitlichkeit zu stellen, von den sogenannten hohen Dingen - früher gab es dafür den schönen Ausdruck "Wolkenkratzlereien" - bis hin zu den Kleinigkeiten des Alltags. Und gerade in Letzteren zeigt sich die Meisterschaft Benedikts. Im Alltäglichen vollzieht sich das Leben. Im Alltäglichen liegen die Bewährungsproben, die aus dem Christsein eine allumfassende Existenz macht, die sich nicht mit dem sonntäglichen Kirchenbesuch zufrieden stellt. Noch einmal Bernhardin Schellenberger in seinem Kapitel "Unterscheide, was für dich ansteht". Dort zitiert er die Regel Benedikts mit Worten, die Mut machen: "Sollten dir Vernunft und Sachlichkeit vielleicht eine etwas strengere Auflage machen, damit du ein Laster ablegen oder die Liebe bewahren kannst, dann lass dich nicht gleich abschrecken und lauf nicht gleich davon. Es ist normal, dass der heilsame Weg am Anfang eng ist. Hast du erst einmal in deiner neuen Lebensart und im Glauben die ersten Schritte gemacht, so wirst du mit weit gewordenen Herzen und mit Freude und Begeisterung auf diesem Weg weiterrennen."

Lobe Gott und lobe deinen Mitmenschen


Wie aber kann die Umsetzung der Regel im Alltag aussehen? Schellenberger stellt fest, dass es viele Möglichkeiten für Christen in der Welt dafür gibt. So sind die Menschen beispielsweise eingeladen, in ihrem Leben nach Alternativen zu suchen. Sie müssen nicht jedem Trend hinterherlaufen sondern können ihrerseits Alternativen für die Welt anbieten. Hilfreich ist unter anderem ein eventuell möglicher Tagesplan - Kapitel "Disziplin und Regelmäßigkeit" -, der eine Zeit des Gebetes beinhaltet, oder das ständige Wissen darum, dass auch die Arbeit Tag für Tag der Verherrlichung Gottes dient. Es geht Benedikt einfach darum, dazu einzuladen, das ganze Leben unter die Führung des Evangeliums zu stellen.

Abschließend noch einige Worte zum Lob Gottes, dem die Zisterzienser große Bedeutung beimaßen, so auch in Chorin. Schellenberger erinnert daran, dass Loben "groß machen" bedeutet und fordert dazu auf, neben dem täglichen Gotteslob in Gesang und Gebet, auch die Mitmenschen in das Lob einzubeziehen. Schellenberger notiert: "Versuche, die allgemeine Neigung zu durchbrechen, Menschen und Verhältnisse eher zu kritisieren als zu loben. Entdecke, dass es tatsächlich Anlässe gibt, dein Lob auszusprechen (du musst sie nicht künstlich suchen). Beobachte, wie das Loben dich selbst, deine Einstellung und dein Lebensgefühl verändert."

Die erfahrbare Klarheit des Klosters Chorin - wie die der anderen alten Klöster - bietet einen tragfähigen, guten Raum, die Möglichkeiten und die Dinge des Lebens neu zu entdecken. Auch das kann eine Erfahrung von Auferstehung sein.

Das Buch von Bernhardin Schellenberger ist leider nur noch antiquarisch zu erwerben. Andere seiner Titel sind lieferbar.


Von Holger Jakobi

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