Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Nicht verurteilen, sondern beten

Einmal im Monat stehen betende Christen vor einer Dresdner Abtreibungsklinik

Dresden. Zum achten Mal trafen sich sächsische Christen am ersten Aprilsamstag zu einer "Gebetsvigil für das Leben in der Dresdner Innenstadt. Sie beten für ungeborene Kinder, für ihre Eltern und für Ärzte, die Abtreibungen vornehmen.

Einmal im Monat samstags beten ein Dutzend Frauen und Männer vor einer Dresdner Abtreibungsklinik um einen

"In der Politik erlebt man so häufig, dass Feindbilder aufgebaut werden, dass man sich in Schützengräben verschanzt. Für diejenigen zu beten, die in meinen Augen falsch handeln, ist dagegen ein viel überzeugenderer Ansatz", sagt die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Christa Reichard aus Dresden. Dass sich die politisch engagierte Katholikin den Initiatoren der Gebetsvigilien angeschlossen hat, hängt noch in anderer Hinsicht mit den Erfahrungen ihrer Abgeordnetenzeit zusammen: "Die erste schwerwiegende Entscheidung, die ich im Bundestag mitzutragen hatte, war die über den Paragrafen 218", erzählt sie. Wenn sie heute die Auswirkungen des Gesetzes sehe, habe sie den Eindruck: "Ich habe da etwas gutzumachen." Besonders erschreckend empfindet sie, dass Schwangere mittlerweile einem sehr hohen Erwartungsdruck ausgesetzt seien, Kinder mit möglichen Behinderungen abzutreiben.

Den Verein "Helfer für Gottes kostbare Kinder", der die Gebetsvigilien veranstaltet, gibt es in Deutschland, inspiriert von einer Idee aus den USA, seit nunmehr zehn Jahren. Der Ablauf der Vigilien, die nunmehr in über 20 deutschen Städten stattfinden, ist immer gleich: Man trifft sich zur Eucharistiefeier. Anschließend bleiben einige Beter zur eucharistischen Anbetung in der Kirche, während die anderen Rosenkranz betend zu einer Abtreibungsklinik ziehen und dort eine Zeit lang im Gebet verharren. Sie tragen ein Marienbild und Aufnahmen von Föten im Mutterleib mit sich, um auf das Gebetsanliegen aufmerksam zu machen. Einer von ihnen hält sich jeweils zur Verfügung, um auf Passanten einzugehen, die das Gespräch suchen.

Christa Reichard gehört in der Regel zu denen, die vor der Abtreibungsklinik beten. Am 5. April verstärkt sie jedoch die Gruppe derer, die in der Kapelle des Josefsstifts bleiben. "Zu wissen, dass dort Menschen beten, empfinde ich wie starken Rückenwind", erzählt Kathrin Thomas aus der Zittauer St.-Marien-Gemeinde, als sich im Anschluss an die Vigil noch einmal beide Gruppen zum Erfahrungsaustausch zusammenfinden. Beispielsweise habe ihr der Gedanke an die Beter im Josefstift geholfen, die Angst vor einer Gruppe von Fußballfans zu überwinden, die laut grölend auf sie zusteuerte. Kathrin Thomas war es, die vor rund anderthalb Jahren die Idee hatte, in Dresden mit Gebetsvigilien zu beginnen. Kurz zuvor hatte sie an einer gemeinsamen Veranstaltung verschiedener Lebensschutzgruppen in Berlin teilgenommen, ein Erlebnis, das der jungen Mutter unter die Haut ging. Für jedes der 1000 Kinder, die in Deutschland an jedem Werktag durchschnittlich abgetrieben werden, trugen Menschen dort symbolisch ein weißes Kreuz durch die Stadt. Im Internet stieß sie schließlich auf die "Helfer für Gottes kostbare Kinder". Heute arbeitet sie selbst am Internetauftritt und der Öffentlichkeitsarbeit der deutschlandweiten Initiative mit. "Danke, dass Sie da sind. Ihr Gebet hat geholfen, das Leben meines Kinders zu retten", las sie kürzlich in einer E-Mail. Reaktionen wie diese machen ihr Mut, auch in Dresden weiterzumachen, auch wenn es wenige sind, die an den Vigilien teilnehmen, auch wenn mancher sie für ihr Engagement belächelt. Auch in der Dresdner Innenstadt stößt sie immer wieder auf Passanten, die die Gruppe bestärken - so wie der junge Polizist, der sich kürzlich für das Anliegen interessierte und sein Wohlwollen zum Ausdruck brachte. Kathrin Thomas glaubt an die Kraft des Gebets. Von den 31 deutschen Abtreibungsstätten, vor denen in den vergangenen zehn Jahren gebetet wurde, seien zwölf unterdessen geschlossen worden, weiß sie zu berichten. Auch der zehnjährige Joshua Böhme aus Zittau ist voller Überzeugung dabei. Er trägt das Marienbild durch die Innenstadt, während seine fußkranke Mutter in der Krankenhauskapelle betet. "Cool war‘s", berichtet er anschließend. "Ich finde das nämlich überhaupt nicht in Ordnung, dass manche Menschen überhaupt keine Chance bekommen zu leben."

www.kostbare-kinder.de, Kontakt in Dresden: Agnes Ngyuen, Tel. 03 51/3 11 05 30

Von Dorothee Wanzek

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps