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620 Kindergesichter

Mehr als ein "Tropfen auf den heißen Stein: der Indien-Patenschaftskreis Kirchworbis

Kirchworbis. 1995 gründete Reinhard Salzmann mit 25 Mitstreitern den Indien-Patenschaftskreis. Heute gehören 240 Mitglieder zum Verein, die für 620 Kinder in Indien und inzwischen auch in Äthiopien Verantwortung übernommen haben.

Zwei von 620 Gesichtern von Kindern, die der Indien-Patenschaftskreis Kirchworbis in Indien und Äthiopien unterstützt.

Reinhard Salzmann hat ein Lebensmotto: "Wenn jeder vor seiner Haustür kehrt, sieht es in der Welt besser aus." Allerdings endet der Bereich vor der Haustür für ihn nicht am eigenen Gartenzaun. Reinhard Salzmann engagiert sich nicht nur für seine Familie und in seinem Beruf. Er ist auch aktiv in der Dorfgemeinschaft und der Pfarrgemeinde Kirchworbis im Eichsfeld. Sein Engagement reicht aber noch viel weiter - bis nach Indien und neuerdings auch nach Äthiopien: Reinhard Salzmann hat 1995 den Indien-Patenschaftskreis gegründet. Inzwischen sorgt der Verein mit seinen 240 Mitgliedern für 620 Kinder in einer Schule in Indien und in einer Schule und einem Kindergarten in Äthiopien.

Wie funktioniert die Hilfe? "Pro Kind und Monat werden 13 Euro gebraucht", erklärt Reinhard Salzmann. Dieses Geld spenden die Vereinsmitglieder. "Jede Spende ist willkommen." Und Reinhard Salzmann sorgt mit Partnern wie dem Jesuitenorden und dem Kinder- Missionswerk, das seinerseits noch einmal 20 Prozent auf die Spendensumme draufl egt, dass die Gelder an die Adressaten kommen. "Zu 100 Prozent", betonte Reinhard Salzmann, denn die Verwaltung des Vereins erfolgt ehrenamtlich und die Reisen zu den Hilfsprojekten, um dort nach dem Rechten zu schauen, werden aus eigener Tasche bezahlt. Reinhard Salzmann und seine Familie nutzen dafür gelegentlich ihren Jahresurlaub. Die Spendengelder kommen so ohne Abzüge den Adressaten zugute: für den Betrieb der Einrichtungen, angefangen von den Wasserkosten, über das Essen bis zum Gehalt für die Lehrer. Gelegentlich gibt es dann auch einmal eine Sonderaktion, etwa für die Anschaffung einer Rikscha oder eines Solardaches. Die Bilanz ist beachtlich: Über eine halbe Million Euro ist in den letzten 13 Jahren so zusammengekommen.

Reinhard Salzmann (links) mit Frau und Tochter bei seinem Besuch bei Bischof Tesfaselassie Medhin, dem Projektpartner in Äthiopien.


Die Wurzeln für den Indien-Patenschaftskreis reichen in DDRZeiten zurück. In den 1980er Jahren lernte Reinhard Salzmann den Jesuitenpater Angelo Benedetti kennen. Unter dem indischen Namen Swami Shubhanda hat er in Sihor, nahe der Grenze zu Pakistan eine christliche Schule gegründet, die im Unterschied zu einer Vielzahl anderer christlicher Schulen nicht nur der Ober- und Mittelschicht offen steht, sondern allen Kindern. Als Swami Shubhanda 1994 wieder einmal Europa besuchte und dabei auch nach Kirchworbis kam, fragte ihn Reinhard Salzmann, wie er denn seine Schule fi nanziere. Die Gebäude werden mit Unterstützung kirchlicher Hilfswerke errichtet. "Für ihren Betrieb aber muss ich betteln", hieß die Antwort, die den Anstoß für die Gründung des Indien-Patenschaftskreises gab. Mit 25 Mitstreitern begann Reinhard Salzmann und half zunächst 60 bis 70 Kindern. Mit den Jahren kamen weitere Unterstützer hinzu, auch Prominente wie Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus.

2006 hat der Indien-Patenschaftskreis seine Aktivitäten nach Äthiopien ausgeweitet. Schwestern Benedikta Sroka, die aus dem benachbarten Worbis stammt und heute als Missionarin der Nächstenliebe in Ostafrika tätig ist, hatte vor einigen Jahren zu Reinhard Salzmann gesagt: "Wenn du Geld übrig hast, denk auch an Afrika." Seit zwei Jahren müsste der Indien- Patenschaftskreis nun eigentlich seinen Namen ändern.

Wer Reinhard Salzmann vorhält, dass seine Aktivitäten ja doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind und nichts bewirken, dem entgegnet er: "Dieses Nichts sind 620 Kindergesichter, für die wir Verantwortung übernommen haben." Und wer wie er einmal gesehen hat, was aus einem solchen Kind werden kann, der weiß, wie sinnvoll solches Engagement ist.

Von Matthias Holluba

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