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Zukunft ist kein Selbstläufer

Delitzscher St.-Marien-Gemeinde: Rückblicke und Ausblicke nach anderthalb Jahrhunderten

Delitzsch. Ihr 150-jähriges Bestehen feiert die Delitzscher St.-Marien-Gemeinde am kommenden Wochenende. Eine Reihe von Veranstaltungen lenkten den Blick schon im Vorfeld auf Wurzeln, aber auch auf Zukunftsperspektiven. Einige persönliche Einsichten dazu in einer Umfrage.

Was hat sie bisher gehalten in der Gemeinde?

Paula Larisch

Paula Larisch (80): Ich wurde hier geboren, getauft und durch das Beispiel der Eltern in den Glauben eingeführt. Aus der Gewohnheit ist ein Bedürfnis geworden. Das merke ich besonders an großen Festtagen. Da verreise ich nicht gern, weil ich in unserer Kirche sein möchte. Viel bedeutet mir auch die Gemeinschaft, die ich im Laufe des Lebens in unterschiedlichen Gruppen erlebt habe, heute bei den Senioren.

Johanna Weber

Johanna Weber (51): Als ich aus meinem Heimatdorf, wo der Glaube selbstverständlich war, wegzog, musste ich selbst herausfinden, was er mir eigentlich bedeutet. Gerade die Kinder brachten mich da zum Nachdenken... Als wir hierherzogen, war die Gemeinde mein erster Anlaufpunkt, um Menschen kennenzulernen, aber auch um meinen Standort im Glauben zu finden. Ich fühle mich hier ein Stück Zuhause, wenn ich natürlich auch nicht immer mit allem einverstanden bin.

Jens Schmidt

Jens Schmidt (35): Nach meiner Taufe vor einigen Jahren habe ich mich das selbst häufiger gefragt, denn ich habe den Eindruck, seither stehengeblieben oder vielleicht auch ein Stück weit stehengelassen worden zu sein. Seit einem Unfall und einem mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt kann ich die Frage anders beantworten. Ich habe erlebt, wie der Glaube mir über den Schmerz hinweggeholfen hat. Ich habe eine sehr starke Anteilnahme der Gemeinde erfahren, und ich konnte selbst für einen leidenden Menschen Wegbegleiter sein. Mein Leben in der Kirche hat wieder eine Richtung bekommen.

Theresa Koch

Theresa Koch (18): Wir gehören einfach schon immer dazu. Ich habe Freunde in der Gemeinde und ich kann mich einbringen, beim Fasching beispielsweise oder beim Kinderprojekt, das unsere Familie regelmäßig veranstaltet.

Michael Poschlod

Pfarrer Michael Poschlod (38): An der Delitzscher Gemeinde schätze ich besonders ihre Treue, die beispielsweise beim Besuch der Werktagsgottesdienste deutlich wird. Dankbar bin ich auch, dass - anders als in mancher anderen Region des Bistums - eine große Offenheit für die Einrichtung des Gemeindeverbunds besteht.

Was muss Ihrer Ansicht nach geschehen, damit die katholische Gemeinde Zukunft hat?

Larisch: Es muss immer ein Kern bestehen, der trägt und ausstrahlt. Wichtig sind kleine Gemeinschaften, die aber nicht zersplittern, sondern zusammen die große Gemeinde bilden. Und dass die Eltern den Glauben an ihre Kinder weitergeben, so schwierig das heutzutage ist. All dies können wir selbst tun, das andere muss dann von oben kommen ...

Weber:
Es hängt einiges davon ab, wie es uns gelingt, Familien und junge Menschen einzubeziehen, ihnen Orientierung zu geben, aber auch Raum, offen über unsere Wertvorstellungen zu diskutieren. Wir müssen authentisch sein. Mag sein, dass die Gemeinde in einigen Jahren ziemlich klein werden wird. Ich habe keine Sorge, dass es irgendwann mal keine katholische Gemeinde mehr in Delitzsch geben wird.

Schmidt: Ich denke, dass sich einiges ändern muss, damit die Gemeinde Zukunft hat. Vieles hängt davon ab, dass wir die Jugendlichen intensiver für den Glauben gewinnen. Wie das gelingen kann, weiß ich aber auch nicht so recht. Schön wäre es auch, wenn man die Generation derer, die sich nicht mehr um kleine Kinder kümmern müssen, verstärkt zum Mitmachen motivieren könnte.

Koch: Ich würde mir wünschen, dass sich die Jugend wieder als einzige große Gemeinschaft erlebt. Heute gibt es allenfalls kleine Grüppchen. Vielleicht könnte man dazu mit gemeinsamen Projekten beginnen, an der sich alle Jugendlichen beteiligen.

Poschlod: Wenn wir uns - wie bisher - darauf beschränken, den Glauben innerhalb der Familien weiterzugeben, werden wir Kirche hier in Zukunft nicht mehr erleben. Wir müssen unserer Sendung gerecht werden: die gute Botschaft die wir haben, für Leute unserer Zeit erlebbar zu machen. Dazu ist einiges Umdenken erforderlich. Wir brauchen eine neue Weise, mit Menschen ins Gespräch zu kommen über ihre Lebensfragen und ihre Suche nach Sinn. Hilfreich wäre es sicher, auch miteinander mehr im Gespräch zu sein. Gemeinschaftssinn ist in der Delitzscher Gemeinde ausbaufähig.

Von Dorothee Wanzek

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