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Hier bleiben auch die Hirten nicht ungeschoren

Das Dresdner Kabarett "Die Dekana(h)tlosen widmet sich seit 40 Jahren den Schwächen der Kirche

Dresden. An die Anfänge ihres Kabaretts "Die Dekana(h)tlosen kann sich Marianne Illing noch genau erinnern: Für einen Dankeschönabend im Dekanat Dresden hatte der damalige Jugendpfarrer Dieter Grande im Mai 1968 eigentlich nur zwei kabarettistische Szenen in Auftrag gegeben.

Kabarett-Vorstellung am vergangenen Wochenende in Leipzig-Gohlis: Marianne Illing und Ursula Jurk in der Rolle von zwei Prälaten, die bei einem Rom-Besuch über das Priestertum für Frauen streiten

Daraus wurde gleich ein komplettes Kabarettprogramm, erzählt die Dekana(h)tlose der ersten Stunde. "Es ist nicht alles schwarz, was glänzt", lautete der Titel dieses ersten Programms, das unter Leitung von Gisela Grube entstand, katholisches Mitglied der Dresdner "Herkuleskeule". Manche Themen, die das katholische Ensemble bis heute beschäftigen, reizten sie schon damals, ganz obenan das Miteinander von Klerus und Laien. Als einzige Profi - Kabarettistin gehört die nunmehr 83-Jährige Gisela Grube bis heute als Autorin und künstlerische Leiterin zum Ensemble, und auch Marianne Illing ist noch immer mit Lust und Leidenschaft dabei, wenn es darum geht, Schwächen und Menscheleien innerhalb der Kirche aufs Korn zu nehmen.

In dem seit fünf Jahren gespielten Programm "Und vergib uns unseren Kult" etwa als Gottesdienstbesucherin, in deren Gedankenspaziergängen sich schon mancher routinierte Kirchgänger selbst wiederentdeckte - wenngleich die meisten wohl nicht ganz so laut denken wie Marianne Illing, die sich beispielsweise vom Evangelienwort "Ihr werdet sehen und doch nicht erkennen" gedanklich zur neuen Gleitsichtbrille treiben lässt.

"Wir wollen nicht nur nach oben zielen, auch das Kirchenvolk soll sein Fett wegkriegen", erläutert Marianne Illing. Schonungslos, aber dennoch liebevoll nehmen sie die Unvollkommenheiten auf die Schippe, die ihnen auf allen Ebenen der kirchlichen Hierarchie ins Auge stechen. "Dienst übt nur der Herr Pfarrer, wir übernehmen allenfalls Aufgaben", ist da aus dem Munde einer Toilettenfrau aus dem Kirchenkeller zu hören, gespielt von Ursula Jurk.

Die pensionierte kirchliche Chefsekretärin gehört ebenfalls zum Urgestein der Dekana(h)tlosen. Vier weitere Kabarettisten sind erst später dazugestoßen. "Neue Mitstreiter zu fi nden, war nie einfach", erinnert sich Marianne Illing, die sich selbst manchmal wundert, dass es die Dekana(h)tlosen noch immer gibt. Besonders in den 80er Jahren, als mehrere Mitglieder des Ensembles Ausreiseanträge gestellt hatten, dachte man ans Aufhören. Die überwiegend sehr positive Resonanz des Publikums sei aber immer wieder Motivation zum Weitermachen für die Kabarettisten, die ohne Gage spielen und bei ihren Auftritten nur Fahrt- und Sachkosten in Rechnung stellen. Gegenwärtig suchen die Dekana(h)tslosen einen neuen Pianisten. Auch weitere talentierte Darsteller sind noch willkommen.

Das kirchliche Kabarett tritt weit über die Bistumsgrenzen hinaus vorwiegend in katholischen und evangelischen Gemeinden auf, aber auch bei kirchlichen Großveranstaltungen oder bei Zusammenkünften einzelner Verbände. "Die Themen werden uns sicher nie ausgehen" mutmaßt Marianne Illing. Neben den Dauerbrennern wie Zölibat oder "Frauen in der Kirche" entdeckt die Gruppe immer wieder Neues, die Kommerzialisierung des Glaubens etwa oder den Einzug modernen Fachjargons ins kirchliche Leben. So lassen die Kabarettisten eine christliche Bestattung von einem Funeralmanager ausrichten. Die Herausforderung bestehe vor allem darin, die Ideen in eine kabarettistische Form zu bringen.

Begonnen haben die Dekana(h)tlosen im Mai vor vierzig Jahren, gefeiert wird aber erst am 3. Oktober. Erstmals wird dann in Dresden das neue Programm "Wie es war im Anfang …" zu erleben sein, das die Gruppe gerade erarbeitet. Die hier einst verlinkte Webseite ist leider nicht mehr online (Stand: 07/2017)

Von Dorothee Wanzek

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