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Bindung prägt ein ganzes Leben

Familientag auf dem Kerbschen Berg: Kinder suchen Bindung von Anfang an

Kerbscher Berg. "Bindung von Anfang an war das Thema eines Familientages auf dem Kerbschen Berg in Dingelstädt, zu dem das dortige Familienzentrum und der Familienbund der Katholiken im Bistum Erfurt und in Thüringen eingeladen hatten.
Kindesvernachlässigungen, Misshandlungen, Kindstötungen - die Schlagzeilen der zurückliegenden Wochen und Monate zeigten immer wieder Missstände im Umgang mit Kindern auf. Betroffenheit, Ratlosigkeit, Trauer und Wut waren die Folge. Die Erfurter Psycholgin Annette Bach-Schneider wies in ihrem Vortrag zum Familientag darauf hin, dass die Eltern, die all dies ihren Kindern antun, oft selbst Ähnliches erlebt haben. So werden die Missstände von Generation zu Generation weitergegeben. Ein anderes Problem sieht Annette Bach-Schneider in der Überlastung der Eltern, in sozialen Schwierigkeiten und in den Belastungen in der Arbeitswelt, in der beispielsweise Mobbing für viele zur erlebten Erfahrung geworden ist.

Bei all dem gibt es für Annette Bach-Schneider zur Betreuung der Kinder durch die Eltern keine Alternative. Die in Erfurt arbeitende Familienpsychologin setzte sich auf dem Kerbschen Berg für die Stärkung der Bindung zwischen dem Kind und dem Elternpaar ein. Sie machte deutlich, dass von der ersten Lebensstunde an die Weichen für die Zukunft des neuen Erdenbürgers gestellt werden. Daher ist es unverzichtbar, sich dem Neugeborenen in Feinfühligkeit zu nähern. Angst davor, etwas falsch zu machen, ist meist unbegründet, da die Eltern intuitiv genau wissen, was gut für ihr Kind ist, was es braucht. Und auch der Säugling seinerseits sucht intuitiv nach Bindung, sendet Signale an die Außenwelt, betonte Annette Bach-Schneider. Diese gelte es wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und prompt und angemessen zu befriedigen. Wenn Kinder, beispielsweise in der Straßenbahn, über längere Zeit weinen und die Mutter dies ignoriert, dann macht das Kind sicherlich keine Erfahrung der Bindung, sondern fühlt sich in seinem Schmerz alleingelassen.

Bindungsstörungen, so Annette Bach-Schneider weiter, seien die Basis für kommende Schwierigkeiten im Lebenslauf. Sie sagte: "Bindungen zu den Eltern, zu den Geschwistern und den Großeltern sind ein langanhaltendes emotionales Band. Jeder Mensch greift auf diese Bindungen zurück. Die Nähe wird gesucht, wenn emotionale Störungen wie Schmerz, Trauer oder Angst das Leben blockieren." Zudem sind gute Bindungen unter anderem die Voraussetzung für die Beziehungsfähigkeit, da das Hineinfühlen in einen anderen Menschen von Anfang an erlernt wurde.

Mit Blick auf derzeit diskutierte Ideen im Bereich der Kinderbetreuung, wie beispielsweise in einer Wochenkrippe, wurde Annette Bach-Schneider deutlich: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ohne Folgen für die Kinder bleibt, wenn sie ab der sechsten Lebenswoche von Montag bis Freitag von ihren Eltern getrennt aufwachsen." Zudem haben Untersuchungen gezeigt, das spätere Depressionen ihre Ursache in solch einer Trennung haben. Zu den Argumentationen der Befürworter gehört oft der Satz: "Mir hat die Wochenbetreuung nicht geschadet …". Eine Begründung, die Annette Bach-Schneider nicht stehen ließ: "Niemand könne sagen, dass es ihm nicht geschadet habe, wenn Schläge zu den Erziehungsmethoden seiner Eltern gehörten. Und genauso könne niemand sagen, dass ihm die Wochenkrippe nicht geschadet habe." Aussagen dieser Art seien vielmehr Schutz der eigenen Persönlichkeit und sind zur Argumentationsfindung überhaupt nicht geeignet.

Dr. Kurt Herzberg, der Geschäftsführer des Familienbundes der Katholiken im Bistum Erfurt und im Freistaat Thüringen, wünschte sich in seinen abschließenden Worten zum Vortrag von Annette Bach-Schneider mehr Wertschätzung für die Erziehungsarbeit der Eltern durch Politik und Gesellschaft. Und die Begleitung der Kinder durch ihre Eltern, so Herzberg weiter, könne auch dazu führen, dass die Mütter und die Väter mit ihren Kindern neu das Staunen lernen.

Von Holger Jakobi

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