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Ein kleines französisches Dorf im Widerstand

Erinnerung an André Trocmé


Guido Erbrich

Jedes Asterix-Heft beginnt mit dem kleinen gallischen Dorf, das Widerstand leistet. Übermächtig bewacht von Römern. Die versuchen immer wieder das Örtchen aus der Welt zu schaffen. Es gelingt ihnen nie. Neben dem Zaubertrank des Druiden ist die wichtigste Waffe der gallischen Dorbewohner ihr Zusammenhalt. Bei allem Streit: Wenn es ums Ganze geht, halten alle zusammen. Wenn andere vor den Römern gerettet werden sollen, macht jeder mit und fragt nicht nach Nationalität und Religion. Den Mut und die Menschlichkeit, welche die genialen Erfinder von Asterix und Obelix beschreiben, hat es in den Tagen der deutschen Besatzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg wirklich gegeben.

Le Chambon-sur-Lignon heißt der Ort im Zentralmassiv im Herzen Frankreichs. Von 1942 an nahmen die Dorfbewohner auf Initiative des evangelischen Pfarrers André Trocmé Juden auf, die von der Verschleppung in Konzentrationslager bedroht waren.

Warum er das tue, wurde er von Widerstandskämpfern gefragt, als er mit ihnen im Gefängnis saß. "Weil der Glaube auf Erden wirken muss", antwortete Pfarrer Tromcé. Und er fügte hinzu:"Er wolle nicht tatenlos auf den Himmel warten." Ohne Beweise ließ die Polizei den Pfarrer wieder frei.

Eigentlich hätten die Nazis am liebsten sein ganzes Dorf verhaftet. Denn es war das Herz eines Rettungssystems, das verfolgte Juden über die Alpen in die Schweiz brachte. Dabei halfen Menschen, egal ob sie evangelisch oder katholisch waren, ob Reformierte oder Quäker, Sozialisten oder Kommunisten.

Im Pfarrhaus des kleinen Ortes plante das Dorf die unglaublichsten Rettungsaktionen. Die Flüchtlinge wurden bei Familien und im Pfarrhaus, in Scheunen und in Werkstätten untergebracht. Für Kinder wurde Schulunterricht organisiert. Viele Flüchtlinge wurden unter falschem Namen sogar polizeilich angemeldet, um notwendige Lebensmittelkarten zu erhalten. Das widerständige Dorf hatte selbst unter den Polizisten Sympathisanten. Die warnten sie heimlich, wenn Gefahr drohte. Dann wurden die Flüchtlinge kurzerhand im Wald versteckt.

Die Bewohner retteten ungefähr 5000 Deutsche, Österreicher, Niederländer und Franzosen jüdischer Abstammung vor dem sicheren Tod. Einige der Retter bezahlten diese Hilfe mit ihrem Leben. Pfarrer André Tromcé starb im Jahr 1971. 19 Jahre später zeichnete die israelische Regierung die ganze Region für ihren Mut als "Gerechte unter den Völkern" aus.

Guido Erbrich, Bautzen

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