Die neuen Seelsorger
Sechs junge Männer werden in Dresden, Erfurt, Magdeburg und Vallendar / Schönstatt zu Priestern geweiht
"Ich freue mich sehr auf meinen Dienst", sagt Christian Kobert. "Ich möchte mithelfen, möglichst vielen Menschen auch über die Gemeinden hinaus den Himmel offenzuhalten. Ich möchte Angebote und Begegnungspunkte schaffen, die es ihnen ermöglichen, mit Christus in Berührung zu kommen."
Kobert stammt aus Oschersleben. "Wenn es die Wende nicht gegeben hätte, wäre ich wohl nicht katholisch", sagt Kobert, der sich in der Osternacht 1993 taufen ließ. In seinem Onkel, der Priester in Osnabrück ist und den er nach der Wende öfter besuchte, fand er als Jugendlicher einen guten Gesprächspartner. "Ich hatte und habe bis heute viele Fragen", so der 27-Jährige.
"Eine echte Lebensschule" besonders auch im Umgang mit Aggressionen von Kindern sei für ihn dann ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Caritas-Tagesgruppe für Kinder in Köthen gewesen.
Nach dem Kurs für Latein und Griechisch in Ehingen an der Donau studierte Kobert von 2001 bis 2006 in Erfurt Theologie. Zwischendurch verbrachte er zwei Semester in Wien. "Ich habe großes Interesse an der Theologie und habe deshalb gern studiert", so der Oscherslebener.
Seine Diplom-Arbeit hat der Theologe über außerkirchliche Formen von Religiosität geschrieben und dabei festgestellt, dass sich auch Mitmenschen, die keiner Religion angehören, durchaus hoch religiöse Fragen nach dem Woher und Wohin des Lebens stellen. Ihnen möchte er künftig Angebote machen und hat bereits während seiner Ausbildung entsprechende Aktivitäten mit großem Interesse verfolgt, wie er sagt. Im Praktikum lernte er die Gemeinde St. Michael in Aschersleben kennen und versah zuletzt als Diakon in St. Marien in Lutherstadt Wittenberg seinen Dienst.
Als Primizspruch hat sich Kobert einen Vers aus dem Philipper- Brief (Phil 4,13) ausgewählt: "Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt." "Das ist eine Erfahrung, die ich aber auch als Zuspruch für die mir bevorstehenden Aufgaben verstehe." Kobert denkt dabei etwa an Situationen, wo es darum geht, Menschen in für sie traurigen Zeiten beizustehen. "Ich will dies gern tun, aber ich möchte auch die schönen Seiten mit ihnen teilen", sagt der angehende Priester, der sich auf den Dienst als Seelsorger freut. "Das Leben in der Gemeinde ist etwas sehr Schönes. Ich will dabei gern mitwirken."
Das möchte auch Stephan Werner. Der 38-Jährige ist in Roßlau aufgewachsen. Er absolvierte eine Lehre als Elektroinstallateur und machte zugleich Abitur an der Volkshochschule. 1990 bis 95 studierte er Mathematik in Halle. "Mir liegt das strukturelle Denken sehr", sagt Werner. "Dementsprechend spiele ich auch gern Schach, aber auch Fußball oder Gesellschaftsspiele."
Nach dem Zivildienst in der Altenpflege 1995/96 arbeitete er bis 1999 als Pflegehilfskraft. "Ich habe in dieser Zeit erfahren, dass es eine schöne Lebensaufgabe ist, für Menschen dazusein", so Werner. "Ich bin jetzt auch gern Diakon und bin froh, dass ich als Priester auch Diakon bleibe", sagt Werner.
"Zugleich ist mir in der Zeit in der Altenpflege auch bewusst geworden, dass ich etwas für die Vertiefung meines Glaubens tun müsste." Bereits seit 1993 nahm er regelmäßig an der Fußwallfahrt von Magdeburg zum Klüschen Hagis teil.
Mit dem Sprachenkurs in Ehingen 1999/2000 bereitete er sich auf das Theologiestudium vor, das er bis 2005 in Erfurt und im ungarischen Szeged absolvierte. "In den beiden Freisemestern in Ungarn ist in mir ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit gewachsen", sagt Werner. Schließlich sei man ja gerade im Ausland auch auf die Hilfe anderer angewiesen. "Seine Dankbarkeit kann man am deutlichsten in der Eucharistie zum Ausdruck bringen", so Werner. Gute Erfahrungen mache er aber auch immer wieder mit dem Bußsakrament. "Ich möchte " indem ich Priester werde " auch anderen die Möglichkeit anbieten, dieses Sakrament wahrzunehmen", so der Theologe.
Als Praktikant war Stephan Werner zunächst in der Gemeinde Merseburg und in einem weiteren Jahr in Torgau. Im Diakonats- Praktikum war er in Quedlinburg. Auch ihm ist es für seinen künftigen Dienst wichtig, den Mitmenschen den Blick zum Himmel offenzuhalten. "Darauf kommt es an und nicht nur darauf, den kirchlichen Betrieb am Laufen zu halten", sagt Werner. "Denn der Blick zum Himmel schenkt erfülltes Menschsein."
Stephan Werner hat sich für seinen priesterlichen Dienst das Wort Jesu im Johannes-Evangelium (Joh 13,12) "Begreift ihr, was ich an euch getan habe?" ausgesucht. "Unser ganzes Leben ist so gestaltet, dass Gott immer zuerst an uns handelt", sagt Werner. "Die Fußwaschung, bei der Jesus das Wort sagt, ist Zeichen dafür, dass Gott die Welt von unten her erlöst und dass man die Welt durch Dienen verändern kann. Für mich zeigt dies, dass man sich nur in die Nachfolge stellen und auf den Weg machen kann."
"Insofern will ich mich gern auf das einlassen, was in der Gemeindeseelsorge zu tun erforderlich ist", so Werner.
Eine Woche später als die anderen fünf Mit-Priesterkandidaten wird Hans-Martin Samietz (ISCH) im Schönstatt-Zentrum Vallendar/ Schönstatt geweiht. Samietz wird Schönstatt-Pater und nach einem zweijährigen Gemeindeeinsatz im Bistum Erfurt künftig besonders in der Schönstatt-Arbeit mit Jugendlichen tätig sein.
Der Thüringer wuchs in Gotha auf, wo er 1993 Abitur machte. Der Zivildienst im Jugendhaus der Schönstatt-Mannesjugend in Thalwenden (Eichsfeld) brachte ihn besonders intensiv mit der Schönstatt-Bewegung in Kontakt, nach dem er bereits seit 1989 seine Heimat in dieser geistlichen Gemeinschaft gefunden hatte.
1995 begann er als Priesterkandidat des Bistums Erfurt Theologie zu studieren. Zwei Freisemester führten ihn 1997/98 ins irische Dublin. Nach dem Biblicum (am Ende des achten Semesters) wechselte Samietz als Priesterkandidat vom Bistum Erfurt zum Institut der Schönstatt-Patres und begann in Vallendar ein zweijähriges Noviziat. Danach beendete er sein Theologiestudium an der dortigen Hochschule. In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Magdeburger Schönstatt-Priester Ludwig Wulf.
Da niemand vor Vollendung des 30. Lebensjahres Schönstatt- Pater werden kann, studierte Samietz in Absprache mit seiner Gemeinschaft bis 2006 in Benediktbeuren Diplom-Sozialarbeit. "Die Arbeit mit schwierigen Jugendlichen hat mich interssiert. Und auf diese Weise bringe ich für meine künftigen Aufgaben eine Zusatz-Qualifikation mit", sagt der 34-Jährige.
Auch Samietz freut sich auf seinen Dienst als Priester. Nach einer Zukunfts-Vision seiner Arbeit befragt, sagt er: "Ich könnte mir vorstellen, in Leipzig oder Berlin in einem Begegnungszentrum zu leben. Das könnte etwa eine Kneipe mit benachbartem Gottesdienstraum sein. Ich möchte jungen Menschen einen Platz anbieten, wo sie zusammenkommen können. Ich könnte mir vorstellen, junge Leute, die in einer Wohngemeinschaft zusammen den Glauben leben, geistlich zu begleiten, etwa, indem ich ihnen einmal in der Woche einen geistlichen Impuls gebe und indem wir einmal im Monat gemeinsam wegfahren."
Als Primizspruch hat sich der künftige Seelsorger das Wort "Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe" (Lk 21,28b) gewählt.
Das Bibelwort, das Thomas Gehlfuß aus Nordhausen sich als Primizspruch ausgesucht hat, ist für ihn Programm: "Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens" (Joh 6,68). "Es ist das Bekenntnis, dass die Mitte im Leben des Christen Christus selber ist." Und wer diese Erfahrung gemacht hat, will sie weitergeben " auch an die Menschen, die davon bisher nichts wissen. "Wir müssen den Menschen vermitteln, dass es mehr gibt als Geld und inerweltliche Erfüllungen." Dieses Mehr anzubieten, das Evangelium auf den Leuchter zu stellen, wie ein pastorales Leitwort im Bistum Erfurt heißt, sieht er als seine Aufgabe als Priester. Dabei denkt er aber nicht nur an die Verkündigung mit Worten. "Wichtig ist das Zeugnis, der persönliche Kontakt zu Menschen, die uns fragen können, was uns trägt."
Thomas Gehlfuß ist am 2. Juni 1982 in Nordhausen geboren. 2001 hat er sein Abitur gemacht und sofort mit dem Theologiestudium in Erfurt begonnen, zunächst als Laientheologe. Religionsunterricht und Erfahrungen in der Pfarrjugend hatten sein Interesse geweckt. Ein Jahr später trat Thomas Gehlfuß ins Priesterseminar ein. "Bei diesem Schritt hat vieles eine Rolle gespielt", sagt er heute. "Wenn ich mich damals aber gefragt habe, ob ich zum Priester berufen sei, hatte ich keinen richtigen Durchblick. Heute erkenne ich den roten Faden."
In den letzten Jahren ist ihm besonders das geistliche Leben wichtig geworden. "Das Gebet und die Beziehung zu Christus sind für mich existentiell geworden." Das gibt ihm für seinen künftigen Beruf auch eine gewisse Gelassenheit. Mit Bezug auf seinen Primizspruch sagt er: "Christus hat die Worte, nicht ich. Das entbindet uns zwar nicht von Verantwortung, aber letztlich ist es die Kirche Christi. Und das entlastet."
Troztdem hofft Thomas Gehlfuß natürlich, dass sich immer wieder Leute finden, "die mitziehen". Jungen Männern, die sich wie er vor einigen Jahren fragen, ob der Priesterberuf der richtige Weg für sie ist, will er Mut machen. "Furcht und Bedenken sind die falschen Ratgeber", sagt er und zitiert Sätze von Papst Benedikt: "Christus nimmt nicht, er gibt alles." Und: "Es gibt nicht Schöneres, als von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken."
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[Diese Passage wurde auf Wunsch der dargestellten Person entfernt.]
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Woran Andreas Eckert aus Gröditz bei Riesa gemerkt hat, dass er Priester werden soll, kann er gar nicht so genau sagen. Eigentlich hatte er sich auf einen ganz anderen Lebensweg gemacht. "Alles hat gepasst", sagt er. Er hatte 1988 die Zehn-Klassen-Schule abgeschlossen und eine Lehre als Schlosser im Stahlwerk absolviert. Im Gegensatz zu vielen seiner Altersgenossen in den ersten Nachwendejahren hat er dann auch eine Arbeit gefunden, bei einem Schlüsseldienst. Da fragte ihn sein Pfarrer, ob er sich nicht als Diakonatshelfer in der Gemeinde engagieren wolle. Und da platzte es aus Andreas Eckert heraus: "Eigentlich hatte ich an etwas mehr gedacht. Ich will Priester werden." Sein Pfarrer war nicht sonderlich überrascht ("Das habe ich mir schon gedacht."), dafür aber seine Familie, die ihn dann aber auf dem weiteren Weg tatkräftig unterstützt hat. Vor allem dann, wenn es mal wieder ein Tief gab und er ans Aufhören dachte. Andreas Eckert, am 23. September 1971 im damaligen Karl-Marx-Stadt geboren, holte das Abitur nach und begann im Jahr 2000 das Theologiestudium, zunächst in Erfurt, dann in Salzburg und Eichstätt.
Warum er Priester werden will, hat wohl auch mit der Situation zu tun, die er um sich herum erlebt hat: Viele Menschen haben keine Arbeit und sehen so keinen Sinn in ihrem Leben oder verlassen ihre Heimat. "Hier sind wir auch als Kirche gefordert." Gott sei zwar kein "billiger Trost" bei Arbeitslosigkeit, aber: "Wir müssen zu den Menschen hingehen und ihnen helfen." Die Kirche muss nach draußen gehen und versuchen, die Leute zu erreichen, wenn auch nicht gleich mit der Vorstellung alle taufen zu wollen, ist Andreas Eckert überzeugt. Als Priester möchte er andere anstoßen, über den Glauben nachzudenken: "Ich habe meinen Glauben als Geschenk empfangen. Und ich muss ihn weitersagen. Die Menschen müssen die Chance bekommen, dass Christus sich ihnen offenbaren kann." In diesem Sinne hat er auch seinen Primizspruch gewählt: "Ich will dir danken, Herr, aus ganzem Herzen, verkünden will ich all deine Wunder" (Ps 9,2).
Wenn Andreas Eckert nun im Sommer in seine erste Gemeinde kommt, hat er vor allem einen Wunsch: Dass er sich zusammen mit der Gemeinde auf diesen Weg machen kann. "Lasst uns aufbrechen auf den Weg zu den Menschen und nehmt mich mit!"
Von Matthias Holluba und Eckhard Pohl
Hinweis
Die Priesterweihen wurden am 10. Mai 2008 gespendet. Die Weihegottesdienste begannen in der Dresdner Kathedrale um 10 Uhr, im Erfurter Dom um 9.30 Uhr und in der Magdeburger Kathedrale St. Sebastian um 10 Uhr. Hans-Martin Samietz empfing die Priesterweihe von Bischof Joachim Wanke eine Woche später, am 17. Mai 2008 um 14 Uhr in Vallendar / Schönstatt.