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Betroffenheit und Engagement

Monika Köhler von der Partnerschaftsaktion Ost besuchte katholische Einrichtungen in Sibirien

Die Beauftragte der Magdeburger Partnerschaftsaktion Ost, Monika Köhler, und ihre Begleiterin Regina Prill (beide Magdeburg) besuchten im April katholische Einrichtungen in Sibirien (Russland). Anlass der Reise war das15- jährige Bestehen des katholischen Gymnasiums in Tomsk, das von der Aktion unterstützt wird. Hier ihre Eindrücke:

In Omsk geben Mitarbeiter der Caritas täglich 70 warme Mahlzeiten an Bedürftige aus.

Nowosibirsk in Westsibirien ist etwa 7000 Kilometer von Magdeburg entfernt. Die Caritasdirektorin für Westsibirien und Franziskanerin Elisabeth Jakubowitz (gebürtig aus Sangerhausen) holt uns persönlich vom Flugplatz ab. Im Kinderheim St. Nikolaus beziehen wir Quartier. Zur Begrüßung gibt es ein landesübliches Frühstück: Brot, Marmelade und Tee. Kaffee, Käse und Wurst sind schon ein gewisser Luxus. …

Russland feiert 2008 das Jahr der Familie, und so erleben wir im Kinderheim St. Nikolaus ein entsprechendes Fest. In Westsibirien auf eine "vollständige" Familie zu treffen, sei nicht selbstverständlich, hören wir von unseren Gastgebern: Männer verlassen Frau und Kinder. Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Alkoholismus, Gewalt machen ein harmonisches Familienleben oft unmöglich.

Notwendig: Zuwendung, Achtung und Wertschätzung


In den Caritas-Einrichtungen, die wir kennenlernen, bieten christliche, muslimische und konfessionslose Mitarbeiter ihren "Schützlingen" das, was sie in ihrem Leben bislang kaum kennengelernt haben: Zuwendung, Geborgenheit, Achtung und Wertschätzung. Im Kinderheim St. Nikolaus zum Beispiel leben 50 Waisenkinder oder Sozialwaisen in gewaltfreier Umgebung. In den Mutter-Kind-Heimen finden oftmals noch minderjährige Mütter und ihre Babys Unterkunft und Beistand.

Unser nächstes Ziel ist Tomsk, die mit 400 Jahren älteste Stadt Sibiriens. Hier befindet sich das einzige katholische Gymnasium Russlands, das auch von der Partnerschaftsaktion Ost unterstützt wird. Der Schulabschluss ist staatlich anerkannt. Jedoch erhält das Gymnasium kein Geld vom Staat, sondern ist auf Schulgeld und Spenden angewiesen. Hier lernen überwiegend Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen sowie aus den Caritas-Kinderheimen, egal, welcher Religion, Weltanschauung oder Nationalität sie angehören. Auf Grund ihrer seelischen und körperlichen Verfassung hätten sie kaum Chancen, eine staatliche Schule mit Erfolg abzuschließen, weil sie dort niemand individuell fördert. Viele beginnen nach der 9. Klasse eine Berufsausbildung oder nach dem Abitur, das man in Russland nach der 11. Klasse erwirbt, ein Studium. Die Nachfrage für die Schule ist sehr groß. Auswärtige Kinder können mangels Internat nicht aufgenommen werden.

Zum Festgottesdienst anlässlich des 15-jährigen Bestehens ist die Kirche mit Schülern, Eltern, Großeltern, Gästen und Absolventen mehr als gefüllt. Wir Ehrengäste aus Magdeburg und von der Caritas aus Osnabrück sowie Ordensschwestern aus München dürfen in den vorderen Reihen sitzen. Bischof Josef Werth aus Nowosibirsk leitet den Festgottesdienst ... Weitere Besuchsstation ist das Heim für Obdachlose der Mutter- Teresa-Schwestern in Nowosibirsk. Betroffenheit breitet sich bei uns aus. Zu zehnt oder zwölft sind Männer und Frauen in den Räumen untergebracht, viele mit Frostschäden und amputierten Gliedmaßen. Eine Frau kommt uns auf der Treppe auf ihren Kniestümpfen entgegen. … Die Bewohner reagieren auf unseren Besuch freundlich bis teilnahmslos. ….

Das Mutter-Kind-Zentrum der Caritas Nowosibirsk wie das im 150 Kilometer von Omsk entfernt liegenden Steppendorf Slawjanka lernen wir als Beratungs- und Schulungsstelle für Schwangere und Mütter kennen: Babypflege, Haushaltsführung und gesunde Ernährung stehen im Mittelpunkt. Die Mütter werden psychologisch und sozialpädagogisch beraten. Außerdem können sie Babybettchen, Kinderwagen und Babywanne ausleihen. Auch Kinderkleidung wird ausgeteilt. …

Zwei weitere Tage verbringen wir in Slawgorod (35 000 Einwohner) bei Pfarrer Peter Danisch. Er stammt aus dem Bistum Magdeburg und ist seit 15 Jahren in Sibirien tätig. Die Sozialarbeit des Pfarrers und zweier mit ihm tätigen Ordensschwestern wird ebenfalls von der Partnerschaftsaktion Ost unterstützt. So wurde der Kauf von Kohlen finanziert, die im Winter an bedürftige Familien abgegeben wurden. Zudem wurde Geld für Schulmaterial und warme Kleidung für Kinder aus sozial schwachen Familien bereitgestellt, die den Kinderclub in Slawgorod besuchen.

Kohlen, Schulmaterial und Kinderkleidung


Der Club wird von den beiden Schwestern betreut. Er ist für viele Kinder und Jugendliche ein zweites Zuhause, in dem sie Zuwendung und Geborgenheit erleben und in froher Gemeinschaft spielen, lernen oder sich in Arbeitsgemeinschaften betätigen.

Eine Kostprobe erleben wir am Nachmittag bei der Veranstaltung im Kulturhaus. Zu Gast sind auch Vertreter der Stadt. Vor Ort gibt es ein gutes Miteinander von katholischer Kirche, Caritas und Stadtverwaltung, eine Situation, wie sie bei weitem nicht überall herrscht, wo sich Kirche und Caritas in Westsibirien engagieren.

Am nächsten Tag nehmen wir am Gottesdienst auf der Außenstation in Schumanowka, einem deutschen Dorf in der Altai-Region, teil. Trotz Neuschnees sind die Babuschkas ziemlich vollzählig in die Herz-Jesu-Kirche gekommen. Sie freuen sich auf "ihren" Pfarrer und sind uns nach dem Gottesdienst freundliche Gastgeber. Die Gemeinde ist für die Frauen Halt und Zuflucht und der Treff ein Höhepunkt in ihrem oft sehr harten Alltag. …

Eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn bringt uns von Nowosibirsk ins 800 Kilometer entfernte Omsk: Gottesdienstbesuch, Gespräch mit der Leitung der Regional-Caritas, Rundgang im Haus und Mittagsgebet für Angestellte und Gäste. Zur Mittagszeit fahren wir in die Nähe des Bahnhofs und sind mit dabei, als an Obdachlose eine warme Mahlzeit und Tee ausgeteilt werden. Etwa siebzig Obdachlose kommen täglich. Sie werden mit Namen und Geburtsdatum, sofern sie es nennen können, registriert. Ein Krankenwagen ermöglicht an gleicher Stelle die medizinische Versorgung. Eine Frau in zerrissenen Halbschuhen erhält in der Ambulanz neues Schuhwerk. Es werden auch Maßnahmen ergriffen, um fehlende Dokumente zu beschaffen und die Obdachlosen wieder bei Angehörigen unterzubringen. Ansonsten schlafen sie an den dicken Heizungsrohren, welche parallel zur Straße verlaufen. Wieder sind wir sehr betroffen angesichts der Zustände. …

Im Dorf Serebropolje sind wir nach dem Gottesdienst mit Gemeindemitgliedern zu Gast bei Oma Ella. Überall freuen sich die Leute, dass Menschen aus Deutschland kommen und sich für ihr Schicksal interessieren … Oma Ella ist die "gute Seele" des Dorfes. Unlängst hatte sie zwei in Not geratenen Frauen eine Bleibe in ihrem eigenen Schlafzimmer geboten. In der Woche klopfen oftmals hungrige Schulkinder an ihre Tür. Dann kocht sie für die Kinder Suppe oder bäckt Plinsen. …

Oma Ella versammelt uns in ihrem im Wohnzimmer. Und wir genießen wieder einmal die berühmte typisch russische Gastfreundschaft!

Wer helfen will: Monika Köhler, Tel. 03 91 / 5 96 11 82; E-Mail: monika.koehler@bistum-magdeburg.de

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