Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Wichtige Rolle der Familie

St.-Marien-Krankenhaus: 40 Jahre Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie

Dresden (mh). Während der Festwoche des Dresdner St.- Marien-Krankenhauses anlässlich des 40-jährigen Bestehens als Fachkrankenhaus für Psychiatie, Psychotherapie und Neurologie gab es auch einen Tag für die Angehörigen.
Geisteskranke wurden früher weggesperrt - in Kliniken auf dem Lande, weit entfernt von der Familie wurden sie jahrzehntelang verwahrt. Reintegration in Familie und Gesellschaft war kein Thema. In den letzten Jahrzehnten hat sich hier vieles verändert. Wird heute ein Mensch psychisch krank, dann wird er nicht nur mit Medikamenten und Psychotherapie behandelt, sondern auch die Angehörigen spielen eine wichtige Rolle. Darauf wies Oberärztin Bettina Weigelt-Frank beim inzwischen zweiten Angehörigentag im Dresdner St.-Marien- Krankenhaus hin. Dazu waren etwa 40 Angehörige von psychisch Kranken gekommen, um sich zu informieren und auszutauschen. Im Vordergrund standen vor allem rechtliche Fragen - von der Rente bis zum Führerschein.

Bettina Weigelt-Frank informierte über die Phasen der Krankheitsverarbeitung in der Familie. Zunächst erschienen die Angehörigen oft selbst als Hilfe Bedürftige. Sie hoffen, die Krankheit möge sich als Irrtum herausstellen. Diese Phase geht über in die Erkenntnis, der Betroffene ist wirklich krank. In dieser Zeit seien Aktivitäten häufig gelähmt, es komme zu aggresiven Ausbrüchen und Schuldfragen. Erst wenn die Krankheit akzeptiert werde, könnten Kräfte zur Mithilfe bei der Heilung freigesetzt werden. Bettina Weigelt-Frank machte deshalb Angehörigen Mut, Unterstützung in Selbsthilfegruppen zu suchen.

Was in einer Familie passiert, in der ein Mitglied psychisch krank wird, darüber kann Gisela Oehmichen aus eigener Erfahrung viel erzählen. Vor über 20 Jahren erkrankte ihr Sohn an einer "Psychose aus dem schizophrenen Formkreis". Neben den persönlichen Erlebnissen in den verschiedenen Phasen der Krankheitsverarbeitung in der Familie, berichtete sie vor allem über die vielen praktischen Probleme. 1989 gehörte sie zu den Gründern einer Angehörigengruppe und heute ist sie Vorsitzende des Landesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker in Sachsen. Der Kontakt mit ähnlich Betroffenen befreie von vielen Sorgen und gebe das Gefühl der Solidarität. Frau Oehmichen machte den Angehörigen Mut, in die Öffentlichkeit zu gehen: "Psychisch Kranke haben keine Lobby." Ihre Erfahrungen der letzten Jahre formuliert sie in einem Satz: "Eine solche Krankheit ist schlimm. Aber es ist nicht der Weltuntergang."