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Man kann nicht zweimal demselben Menschen begegnen

Pantha rhei: Alles ist in Bewegung

Alles ist in Bewegung. Und das macht das Leben spannend, meint Kaplan Marko Dutschke aus Cottbus.

Kaplan Marko Dutzschke

Von Cottbus aus ist der Spreewald keine 20 Kilometer entfernt. Sie brauchen nur nach Burg zu fahren, denn diese kleine Stadt gehört bereits dazu. Da stehe ich nun auf einer kleinen Fußgängerbrücke in Burg und beobachte, wie das Wasser unter mir verschwindet. Vorfreude macht sich breit. Wenn ich das nächste Mal komme, werde ich paddeln gehen. Wenn man zeitig genug losfährt, hat man den Spreewald fast für sich allein.

Das langsam dahinfließende Wasser bringt mir zwei Worte aus Studientagen in Erinnerung: Pantha rhei. Ich weiß noch, dass es Heraklit war, der ungefähr im sechsten Jahrhundert vor Christus in der Wirklichkeit ein ständiges Fließen und Sichverändern der Dinge gesehen hat; alles ist in Bewegung, "man kann nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen". Manche Dinge sitzen einfach. Um bei der Wahrheit zu bleiben, muss ich zugeben, dass ich in Bezug auf die Zeit nicht mehr sicher war und nachgesehen habe.

Pantha rhei. Die griechischen Worte beschäftigen mich, während ich auf dem Heimweg bin. In Cottbus bleibe ich auf der Bahnhofsbrücke stehen und beobachte, wie die Züge ankommen und weiterfahren; alles ist in Bewegung. Wenn ich mich umschaue, sehe ich eine Stadt in Bewegung. Häuser werden abgerissen oder modernisiert, Baugruben ausgehoben und neue Häuser gebaut. Heraklit wäre sicher einverstanden, wenn ich sage: "Man kannst nicht zweimal in die gleiche Stadt kommen." Und ich setze noch einen drauf und behaupte: "Man kann nicht zweimal demselben Menschen begegnen."

Auch mit Blick auf die Menschen in meiner Umgebung gilt: Alles ist in Bewegung. Die einen kommen zusammen, andere gehen auseinander. Kinder werden geboren und Menschen sterben, manche vor der Zeit. Die einen verlieren ihre Arbeit, andere beginnen etwas Neues. Und in allem geschieht Bewegung und Verwandlung. Wenn ich einen Menschen nach langer Zeit wiedersehe, haben ich oft den Eindruck, dass er sich verändert hat. In Wirklichkeit haben wir uns beide verändert.

Manche Veränderungen brauchen viel Zeit. Aber das muss nicht sein. Ein Nachmittag, eine Stunde oder ein Augenblick können für eine entscheidende Veränderung genügen. In den Evangelien ist immer wieder die Rede von solchen Veränderungen. Eine der bekanntesten Erzählungen ist sicher die vom Zöllner Zachäus. In einem Augenblick der Begegnung mit Jesus wird aus dem kleinen Betrüger ein ehrlicher Mensch auf der Suche nach Versöhnung (Lk 19,1-10).

Das heißt für mich, kein Mensch ist auf eine bestimmte Rolle festgelegt. Alte Bekannte können mich von einem Augenblick auf den anderen überraschen. Das muss nicht immer eine positive Überraschung sein. Aber nur dadurch ist das Leben aufregend und spannend. Alles ist in Bewegung, und du kannst nicht zweimal demselben Menschen begegnen.

Kaplan Marko Dutschke, Cottbus

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