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Zurückhaltend intensiv begleiten

Wie Eltern ihre Kinder in der Pubertät und bei der Berufswahl unterstützen können - Ein Seminar

Naumburg. Pubertät und Berufswahl - wie können Eltern ihr Kind in dieser Lebensphase am besten begleiten? Dies war das Thema eines Seminars für Eltern, zu dem das Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH und die (katholische) Familienbildungsstätte Naumburg in Naumburg und acht Tage später in Merseburg eingeladen hatten.
Alle Jugendlichen stehen heute unter einem ungeheueren Erwartungsdruck. Sie spüren, etwas leisten zu sollen und zu müssen, um die Chance zu haben, einen Beruf, eine Anstellung und damit eine finanzielle Absicherung zu finden. Und nicht wenige haben zugleich Angst, den Anforderungen in der Arbeitswelt nicht entsprechen zu können. "In dieser Situation des Erwartungsdrucks müssen die Mädchen und Jungen zugleich so viele altersspezifische Entwicklungsaufgaben wahrnehmen, wie sonst nie im Leben", erinnerte die Referentin, Christine Günther, in einem entwicklungspsychologischen Überblick über die Pubertäts- Zeit. Dazu gehöre, die eigene körperliche Erscheinung zu akzeptieren, eine individuelle Lösung für das geschlechtsgebundene Verhalten als Frau oder Mann zu finden, reifere Beziehungen zu Altersgenossen zu entwickeln und von Eltern und anderen Erwachsenen emotional unabhängig zu werden. Hinzu komme, sich ein Wertesystem und ethisches Bewusstsein als Richtschnur des eigenen Verhaltens zu erarbeiten. Besonders auch im Blick auf Eheund Familien und den beruflichen Einsatz sei die Entwicklung einer eigenen Identität entscheidend.

Christine Günther wirbt um viel Verständnis für die Situation der jungen Leute. Wenn Jugendliche teilweise ein seltsames, Erwachsene befremdendes Verhalten an den Tag legten, so stecke dahinter angesichts des Erwartungsdrucks nicht selten große Angst, machte die Pädagogin, Psychologin und Supervisorin deutlich.

Deshalb brauchten die Jugendlichen die zurückhaltende Begleitung ihrer Mutter und ihres Vaters. "Eltern sollen deshalb soviel wie möglich für ihr Kind da sein, ihm andererseits aber auch viel Freiheit lassen", so die Referentin. Dies gelte nicht zuletzt auch bei der Berufswahl. Diese aber sei von sehr großer Bedeutung, zumal jeder die längste Zeit des Lebens im Beruf verbringe. "Wenn ich aber im Beruf gegen mich selbst arbeite, geht es mir nicht gut."

Für das Kind da sein und viel Freiheit lassen

Im Rahmen des vierstündigen Abendsseminars "Der Beruf für mein Kind?" lud Frau Günther, die unter anderem in der Berufsorientierung tätig ist, die Teilnehmer zur Einübung dazu ein, die eigenen Wünsche und die vermuteten Wünsche ihrer Kinder im Blick auf deren berufliche Entwicklung zu formulieren und beides zu vergleichen. Bei der Suche nach dem künftigen Beruf sollten sich die Kinder in Begleitung der Eltern relativ früh fragen: "Wie sehen meine Wertvorstellungen aus? Und was sind meine Lebensziele?" Und die Antworten schriftlich festhalten. Generell stünden bei Jugendlichen hierzulande Sicherheit und Geld sowie Liebe und Partnerschaft als Werte und Ziele ganz oben, so Frau Günther.

Anhand seiner Antworten sollte der Jugendliche an seinen Verhaltenseigenschaften und Fähigkeiten arbeiten. Als Unterstützung dabei sei das "Vorleben der Eltern ohne Druck am wirkungsvollsten". Bereits von klein auf ist es wichtig, Fähigkeiten zu fördern, statt auf Schwächen herumzuhacken. Bei den Eigenschaften und Fähigkeiten komme es auf eine Zusammenschau der Sicht des Kindes, der Eltern, anderer Erwachsener sowie Gleichaltriger an, erläuterte die Referentin.

In der Schule müsse es nicht unbedingt ein Nachteil sein, wenn ein Kind nicht überall sehr gute Leistungen erbringt. Wenn ein angehender Jugendlicher in der siebten Klasse Vorstellungen entwickelt, was er werden möchte, kann dies zur Motivation werden, in der Schule Prioritäten zu setzen und sich in den entsprechenden Fächern anzustrengen. Wird dies aber zur Überforderung, sollte der Heranwachsende seine Vorstellungen gemeinsam mit den Eltern modifizieren. Frau Günther: "Mit der Leistungsdifferenzierung geht die Berufsorientierung einher." Die je eigene Leistungsfähigkeit auf bestimmten Gebieten und das eigene Interesse geben die Richtung vor. Es ist zu schauen, wie diese mit den beruflichen Angeboten verbunden werden können.

Anhand einer skalenartigen Übersicht über Fähigkeiten und Interessen, Schwächen und Schwierigkeiten nicht zuletzt auch in schulischen Fächern kann dann unter Beachtung der Werte und Lebensziele des Kindes geschaut werden, welche Berufe in Frage kommen. Sei so eine gewisse Eingrenzung passiert, helfe die von der Agentur für Arbeit herausgegebene Übersicht über Ausbildungsberufe für Realschüler und für Gymnasiasten weiter. Bei der Eingrenzung möglicher Berufe sei die Frage wichtig: In welchem Fach / Beruf würden meine Fähigkeiten und Schwächen wie stark von Bedeutung sein?

Vielfältige Informationsmöglichkeiten nutzen

Die Referentin warnte davor, nur zu schauen, welche Berufssparten gerade boomen. Zudem sollten Berufsanfänger unbedingt mit der Einstellung beginnen, im weiteren Leben stetig weiterlernen zu müssen. Neben fachlicher Kompetenz seien Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit erforderlich. Hinzu kommen teilweise gesundheitliche Voraussetzungen, die schon vor der Bewerbung abgeklärt werden können, um Enttäuschungen vorzubeugen.

Kinder und Eltern sollten Möglichkeiten wie Berufsmessen, Angebote der Agentur für Arbeit, Internet-Hilfen (www.was-werden.de; www.berufswahlpass.de; www.arbeitsagentur.de; www.machs-richtig.de; www.bw-tips.de), aber auch Berufspräsentationen von Firmen im Web und Praktika nutzen, um sich vielseitig zu informieren.

Von Eckhard Pohl

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