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Sich aufmachen für den Glauben

Wie sächsische Kinder an die Tradition des Wallfahrens herangeführt werden

Dresden. Bistumswallfahrten wie die Rosenthal-Wallfahrt am 31. August stehen im Bistum Dresden-Meißen nur selten im Kalender. Aber auch hier gibt es Menschen, die sich regelmäßig auf Wallfahrt begeben. Ein Beispiel: Die Teilnehmer der Dresdner Kinderwallfahrt nach Mariaschein.

Abschluss der Wallfahrt: Die Gruppe der letztjährigen KInderfußwallfahrt mit selbsterstellten Pilgerhüten

Mit dem Reisesegen wird Johannes Groß, der Pfarrer von Dresden- Pieschen, am 15. August eine große Kindergruppe auf den Weg schicken. Die Kinder, die längst nicht nur aus seiner Gemeinde stammen, wollen zu Fuß bis in den böhmischen Marienwallfahrtsort Mariaschein (Bohosudov) pilgern. Eine Sonnenblume, die jedes von ihnen als Pilgerzeichen an der Kleidung trägt, soll sie daran erinnern, sich auf Gott hin auszurichten - wie die Sonnenblume sich dem Licht entgegenstreckt.

In drei Gruppen legen die Mädchen und Jungen bis zum 21. August täglich ihrem Alter entsprechende Wegstrecken zurück - die Jüngeren laufen acht bis zehn Kilometer - und nehmen nachmittags Quartier in einfachen evangelischen oder katholischen Gemeinderäumen. "Wir haben uns unterwegs immer viel Zeit genommen", erzählt Gudrun Schlechte (81), die die Kinderfußwallfahrt vor sechzehn Jahren initiiert und bis vor sechs Jahren geleitet hat. Sie erinnert sich beispielsweise an den Feuersalamander, den ein Kind einmal am Wegesrand fand und den dann alle ausgiebig betrachteten. Dabei kamen sie ins Staunen und ins Gespräch darüber, wie schön Gott die Tiere gemacht hat. Die erwachsenen Begleiter bringen den jungen Pilgern das jeweilige Wallfahrtsthema - in diesem Jahr wird es um die Bibel gehen - in anschaulicher Weise nahe und knüpfen dabei an die Erfahrungen an, die die Gruppe auf dem Weg gemeinsam gemacht hat: in ihrem Bemühen, miteinander auszukommen, in der Begegnung mit der Natur oder beim Weiterlaufen trotz Blasen an den Füßen. Beim Wandern in der Natur legen die Wallfahrer jeden Tag eine Zeit der Stille ein. Gudrun Schlechte war überrascht, dass die Kinder das nach einiger Zeit von sich aus eingefordert haben - ebenso wie den Segen vor dem Schlafengehen.

In den letzten Jahren kommen viele Kinder im Alltag gar nicht mehr zum Singen, hat Maria Schmidt beobachtet, die die Wallfahrt gemeinsam mit Anne Walsch seit 2002 leitet. Auf der Fußwallfahrt ist dazu die Gelegenheit, bei manchen Liedern bis zum Abwinken. Es gibt bis zum letzten Tag für die Kinder keine Süßigkeiten, dafür aber manches, was sonst eher zu kurz kommt: Zeit für Rituale beispielsweise. Maria Schmidt erzählt von den Abendgebeten mit Taizégesängen in Kirchen, die nur durch Kerzenschein erhellt sind: "Die Kinder genießen das sehr."

Am vorletzten Tag treffen sich alle Wallfahrergruppen, die zuvor getrennt gepilgert sind, in der Nähe der deutsch-tschechischen Grenze auf dem "Mückentürmchen" und gehen von dort aus das letzte Wegstück gemeinsam. "Das ist immer wieder schön zu erleben, wie groß dann die Wiedersehensfreude ist, und wie an einem sehr steilen Pfad jeder Große eines der kleineren Kinder an die Hand nimmt", berichtet Maria Schmidt. In der Turnhalle des Gymnasiums von Mariaschein gibt es nach der schlichten Kost der vorausgegangenen Tage ein Festmahl. Dazu breiten die Kinder ein mehr als zehn Meter langes grünes Tischtuch auf dem Boden aus und schmücken es festlich mit Blumensträußen und mit Segenswünschen, die die Gruppen unterwegs füreinander geschrieben haben. Am Abschluss steht eine feierliche Messe in der Wallfahrtskirche, zelebriert vom Auerbacher Pfarrer Klaus-Michael Tschöpe, der zu den Mitgründern der Kinderfußwallfahrt gehört und der stets während der letzten Tage hinzustößt.

Bei allem Organisationsaufwand betrachten auch die erwachsenen Begleiter die Kinderwallfahrt jedes Mal als Gewinn für sich selbst. Gudrun Schlechte ist mit den Kindern "auf den Geschmack gekommen". Sie macht nun immer wieder Tagestouren auf dem sächsischen Teil des Jakobsweges und ist auch bereits von Leon nach Santiago de Compostela gepilgert.

Von Dorothee Wanzek

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